"Massiver Zuwachs" antisemitischer Vorfälle in Niedersachsen
Seit dem Hamas-Angriff auf Israel steigt die Zahl antisemitischer Vorfälle in Niedersachsen. Die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS) sieht einen "massiven Zuwachs".
Nahezu täglich würden Meldungen dokumentiert, die judenfeindliche Übergriffe beschreiben, heißt es von RIAS. Aktuelle Zahlen will die Meldestelle auf Nachfrage des NDR Niedersachsen derzeit nicht veröffentlichen. Diese seien bereits kurze Zeit später überholt, da einige Vorfälle erst mehrere Tage oder Wochen nach dem Ereignis gemeldet werden, hieß es. Diese Meldungen müssten anschließend zunächst überprüft werden, bevor sie in die Statistik eingehen könnten. Anfang der Woche hatte die RIAS gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (dpa) noch von mindestens 34 antisemitischen Vorfällen in Niedersachsen seit dem Hamas-Angriff auf Israel am 9. Oktober berichtet.
Juden vermehrt online attackiert und ausgegrenzt
Seit 2021 dokumentiert die RIAS antisemitische Vorfälle in Niedersachsen. Dabei werden auch Vorkommnisse berücksichtigt, die keinen Straftatbestand erfüllen oder nicht zur Anzeige gebracht werden. Laut RIAS sind die gemeldeten Übergriffe in ihrer Ausführung ganz unterschiedlich. Zudem habe es an verschiedenen Orten in Niedersachsen Schmierereien, Plakate oder Reden mit antisemitischem Inhalt gegeben. Auf mehreren Versammlungen sei es zu judenfeindlichen Äußerungen gekommen. In Hannover sei beispielsweise eine Pro-Israel-Demonstrantin mit Israel-Flagge bespuckt und beleidigt worden. Immer häufiger würden auch Attacken in Social Media stattfinden. Die RIAS spricht vom sogenannten "othering" - wenn Juden als solche identifiziert und als "Fremde" oder "die Anderen" stigmatisiert werden.
Alle Straftaten sollen vor Gericht gebracht werden
In Niedersachsen steigt die Zahl antisemitischer Straftaten seit 2020 deutlich an. Das teilte das niedersächsische Justizministerium mit. Lag die Zahl der erfassten Fälle im Jahr 2020 noch bei 179, erhöhte sie sich 2021 auf 228 Fälle und steigerte sich 2022 auf 314 Straftaten. Anfang der Woche kündigte Justizministerin Kathrin Wahlmann ein entschiedenes Vorgehen gegen judenfeindliche Straftäter an. Bei hinreichendem Tatverdacht sollen zukünftig alle Taten vor Gericht gebracht und Anklage erhoben werden.