Kostenloses Schulessen in Niedersachsen nicht in Aussicht
Am Freitag war Weltkindertag in Deutschland. Für Kinder und Jugendliche will die Landesregierung laut Koalitionsvertrag ein kostenloses Schulessen einführen - Gespräche mit den Kommunen gab es dazu bislang aber keine.
Grundschule Mühlenberg, Hannover, es ist 12 Uhr: Schülerinnen und Schüler strömen zur Mittagspause in die Kantine. Eilig nehmen sie sich ein Tablett, um weit vorne in der Schlange zu stehen. Es gibt für 50 Cent ein vergünstigtes Mittagessen. Das soll auch Kindern aus einkommensschwachen Familien ermöglichen, warm zu essen. "Heute gibt's Fleisch mit Soße - so lecker", sagt der elfjährige Omar.
Schulessen - für viele die einzige warme Mahlzeit
Der Mittagstisch wird vom Verein "Aktion Sonnenstrahl" zusammen mit der Caritas und der Stiftung Help bereitgestellt. Durch die Zusammenarbeit der verschiedenen Vereine ist es möglich, ein preiswertes Mittagessen anzubieten. Anja Elezi kümmert sich seit elf Jahren um die Essensausgabe. Sie geht davon aus, dass dies für viele Kinder im Bezirk die einzige warme Mahlzeit am Tag ist. "Die essen auch trockenen Reis und sind glücklich darüber, wenn sie die Soße nicht mögen", sagt Elezi.
Projekt "Kostenloses Schulessen" stockt - aus Kostengründen
Dem Plan der niedersächsischen Landesregierung, ein kostenloses Mittagessen in der Schule einzuführen, sind bislang keine Taten gefolgt. Aus dem Kultusministerium heißt es: "Die rot-grüne Landesregierung hält weiter an dem Vorhaben fest und strebt Gespräche mit den Kommunen über die konkreten Wege zur Umsetzung an." Die Schulträger - bei öffentlichen Schulen die Kommunen - sind gesetzlich für die Schulverpflegung zuständig. Sie allein könnten die Kosten für das Vorhaben nicht stemmen, so eine Sprecherin des Kultusministeriums. Es brauche die finanzielle Unterstützung des Bundes. Allerdings: Auch die Bundesregierung muss sparen. Vor diesem Hintergrund ist es unwahrscheinlich, dass sich der Bund am Projekt "Kostenfreies Schulessen" beteiligt.
Bürokratische Hürden bei bestehendem Programm
Einige Kinder und Jugendliche können bereits heute über das Bildungs- und Teilhabepaket kostenfrei in der Schule essen. Sie sind berechtigt, wenn ihre Familien zum Beispiel Bürgergeld oder Asylbewerberleistungen beziehen. Die Maßnahme wird vom Bund finanziert und muss gesondert beantragt werden. Daran scheitert es oft, wie etwa bundesweite Untersuchungen vom Paritätischen Wohlfahrtsverband zeigen.
Kritik an bürokratischem Aufwand
Jörg Bratz, Vorsitzender des Vereins Leitungen Niedersächsischer Grundschulen (LNGS), kritisiert das Bildungs- und Teilhabepaket. Der Antrag dafür sei zu bürokratisch. "Man sollte sich fragen, was die Bürokratie für die Bearbeitung der Anträge kostet - im Vergleich zu einem Mittagessen für alle Schüler", sagt Bratz. Zudem würden sich einige Familien aus Scham und Stigma davor scheuen, einen Antrag zu stellen.
Jedes fünfte Kind in Niedersachsen gilt als armutsgefährdet
In Niedersachsen wächst laut Landesamt für Statistik mehr als jedes fünfte Kind in einer Familie auf, die als armutsgefährdet gilt. Das bedeutet, dass die Familie weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens zur Verfügung hat. Minderjährige mit Migrationshintergrund sind dabei dreimal so armutsgefährdet wie Kinder ohne Zuwanderungsgeschichte. Das betrifft auch viele Kinder der Grundschule am Mühlenberg. Daher begrüßt Schulleiterin Salome Bokelmann den preiswerten Mittagstisch besonders: "Ich schätze, dass da unterschiedlichste Akteure zusammenkommen, die immer wieder Möglichkeiten und Lösungen finden, den Kindern dieses warme Mittagessen zu ermöglichen."