Klimaschutz in Mooren: Landwirte plagt die Ungewissheit
Moore sind große Kohlenstoff-Speicher und damit extrem wichtig in Zeiten des Klimawandels. Allerdings sind in Deutschland fast alle Moore über die Jahrhunderte trockengelegt worden. Dadurch entweichen große Mengen an Treibhausgasen. Stoppen ließe sich das, indem Moore wiedervernässt werden. Doch auf einem Großteil der trockengelegten Flächen wird Landwirtschaft betrieben.
Nur zwei Kilometer entfernt von Sven Kücks landwirtschaftlichem Hof sieht das einst trockengelegte Moor wieder aus wie ein Moor: Ein Steg führt über einen See, es wachsen Wollgräser und Torfmoose. Schautafeln stellen seltene Pflanzen wie den fleischfressenden Sonnentau vor. Vor etwa 25 Jahren wurde hier in der Nähe von Gnarrenburg bei Bremervörde ein Naturschutzgebiet ausgewiesen - und das Moor wieder vernässt. Nun müssen sich auch die Landwirte in der Gegend mit der Wiedervernässung ihrer Äcker und Wiesen auseinandersetzen: "Gerade in den letzten ein, zwei Jahren hieß es ja oft von der Politik: 'Moor muss nass - und zwar gänzlich'", sagt Landwirt Sven Kück. "Und da sind dann schon die Gedanken: Wie geht es hier weiter? Weil wir 95 Prozent unserer Futterfläche auf Moor haben."
"Wir müssen unser Brot bezahlen können"
Kück ist im Jahr 2015 in den Betrieb seines Vaters eingestiegen. Sie haben 120 Milchkühe, Grünland, Mais und Kartoffeln. Vor einem Jahr ist der Junior selbst Vater geworden. Gerne würde auch er den Betrieb irgendwann weitergeben, falls sein Sohn das dann will. Doch der Klimawandel könnte den Plan durchkreuzen: "Wir als Landwirte, die große Flächen bewirtschaften, wo Treibhausgase ausgestoßen werden, haben natürlich einen großen Hebel", so Sven Kück. "Und dass wir da in die Pflicht müssen, das sehe ich auch definitiv ein. Aber wir müssen am Ende des Tages auch unser Brot davon bezahlen und auch davon leben können." Weil er nicht tatenlos abwarten wollte, hat Sven Kück an einem Modellprojekt zur Umsetzung einer klimaschutzorientierten Landwirrtschaft teilgenommen, bei dem kleinere Moorflächen probeweise vernässt werden.
"Es gibt keine klaren Aussagen von der Politik"
Auch andere Landwirte in der Region haben sich beteiligt. Dazu zählt Namensvetter Bernd Kück. Sein Hof liegt ein paar Kilometer weiter - in Langenhausen. Er ist zwar nicht mit Sven Kück verwandt, hat aber das gleiche Problem: "Man fühlt sich in der Existenz bedroht, vor allem weil es keine klaren Aussagen gibt von der Politik", sagt Bernd Kück. Auch er hat Milchkühe. Die Milch verkauft er an Kindergärten, Schulen und Privatleute. Das Gras für die Kühe baut er selbst an, auf ehemaligen Moorflächen. Auch er nimmt den Klimawandel ernst.
Im Rahmen des Forschungsprojektes wurde ein Hektar seines Land vernässt. Der Entwässerungsgraben wurde gestaut, um das Wasser in der Fläche zu halten. Doch das reichte nicht aus. Im Sommer war der Boden trotzdem noch trocken, erzählt Bernd Kück: "Die Folge war, dass wir riesige Mengen Grundwasser in die Fläche gepumpt haben. Und auf dem Berg Wasser zu halten, ist eben ein schwieriges Brot."
Landwirt: "Man kann das nicht übers Knie brechen"
In Gnarrenburg geht es um Hochmoore, die allein durch Regenwasser entstehen und nicht vom Grundwasser "gespeist" werden. Die Vernässung ist in Zeiten zunehmender Trockenheit dort besonders herausfordernd. Die Ernte aber lief auf dem wiedervernässten Hektar relativ problemlos: "Wir konnten diesen Hektar überwiegend so miternten", so Bernd Kück. "Wenn das mal 20 Hektar sind und die dann ausfallen, dann wäre das natürlich ein großer Verlust. Und dann muss auch über Ausgleichszahlungen geredet werden, wenn das politisch so gewollt ist."
Je höher der Wasserstand auf einer Moorfläche ist, desto besser ist es fürs Klima. So nehmen es Forscher an. Doch auf vollständig vernässten Flächen ist klassische Landwirtschaft kaum möglich. Alternativ könnten Landwirte wie Bernd Kück zum Beispiel Schilf anbauen oder Rohrkolben, aus denen man umweltfreundliche Baumaterialien machen kann. Grundsätzlich sei er dafür offen, sagt Bernd Kück. "Nur braucht das Zeit. Man kann das nicht von heute auf morgen übers Knie brechen." Zumal der Markt für Pflanzen wie Schilf und Rohrkolben heute noch winzig ist. Allerdings gibt es erste Projekte, um dies im Sinne der Landwirte zu ändern - unter anderem in Mecklenburg-Vorpommern.
Lohnt sich noch ein neuer Stall?
Ein Umstieg auf nasse Landwirtschaft wäre auf jeden Fall ein wirtschaftliches Risiko, ein "Weiter wie immer" aber auch. Beim Neubau eines weiteren Stalls für die Kälber hat Sven Kück deshalb lange gezögert. "Weil wir nicht wissen, ob wir in fünf oder zehn Jahren hier überhaupt noch unsere Kühe füttern können und entsprechend auch die Kälber. Aber nun haben wir gesagt: Wir müssen einfach etwas machen, weil wir den Platz brauchen. Wir hoffen, dass das irgendwie gut geht."
Es ist diese Unsicherheit, die ihn verrückt macht. Am meisten wünscht sich Sven Kück eine klare politische Ansage, ob sein Hof eine Zukunft hat - sogar wenn die Antwort ein Nein wäre: "Dann weiß ich: Okay, ich arbeite hier auf einen Tag X hin, an dem es vorbei ist. Dann ist es unschön, aber dann weiß man das und kann darauf hinarbeiten."