Gesetz gegen "Catcalling": Land schätzt Erfolgsaussichten gut ein
Bislang sind verbale sexuelle Übergriffe in Deutschland nicht strafbar. Das soll sich ändern. Niedersachsen will sich dafür einsetzen, "Catcalling" künftig unter Strafe zu stellen.
Das Kabinett hat am Dienstag einen entsprechenden Gesetzentwurf beschlossen, den es in den Bundesrat einbringen will. Verbale und nonverbale sexuelle Belästigung sollen als neuer Tatbestand in das Strafgesetzbuch aufgenommen werden, heißt es in einer Mitteilung der Staatskanzlei. Damit solle eine Lücke im Strafrecht geschlossen werden. Ziel sei es, insbesondere Frauen und Mädchen künftig besser vor Angriffen auf ihre sexuelle Selbstbestimmung zu schützen. "Viel zu viele Mädchen und Frauen müssen bislang erleben, dass Männer sie mit Worten oder Gesten zum bloßen Sexualobjekt degradieren", erklärte Justizministerin Kathrin Wahlmann (SPD). "Solche Belästigungen sind nicht harmlos und schon gar kein Kompliment. Damit muss endlich Schluss sein."
Verbale sexuelle Belästigung derzeit nicht strafbar
Sexuelle Belästigungen durch verbale Äußerungen und Gesten - teilweise als "Catcalling" bezeichnet - stellten ein weitverbreitetes Phänomen dar, das hauptsächlich Frauen und queere Menschen betreffe. Solche Belästigungen seien in Deutschland - anders als in manch anderen europäischen Ländern - derzeit unabhängig von ihrer Erheblichkeit grundsätzlich nicht strafbar. Auch als Ordnungswidrigkeit könnten sie in der überwiegenden Anzahl der Fälle nicht verfolgt werden.
Ein neuer Tatbestand im Strafgesetzbuch
Das Land schätze die Erfolgsaussichten eines solchen Gesetzes gut ein, so eine Sprecherin von Wahlmann am Mittwoch. Das sei eine Sache, die über die Parteigrenzen hinweg überzeuge. Der vom Kabinett beschlossene Gesetzentwurf soll sexuelle Übergriffe durch Worte oder Gesten zukünftig unter Strafe stellen, wenn sie die Schwelle der Erheblichkeit überschritten, wie die Staatskanzlei mitteilte. Da Belästigungen im öffentlichen Raum meist anonym geschähen, sei eine Strafverfolgung zwar schwierig, räumte eine Ministeriumssprecherin ein. Es gehe aber auch um Taten in Clubs, Restaurants oder am Arbeitsplatz. "Da wird ein Täter nicht schwer zu erkennen sein." Als Strafandrohung sieht der Text eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe vor.