Frei Parken für ambulante Pflegedienste - hilft das der Branche?
Um Pflegedienste zu entlasten, fordert die Pflegebevollmächtigte des Bundes in einem Zwölf-Punkte-Papier unter anderem Sonderparkrechte. Für Diakonie und Branchenverband in Niedersachsen genügt das nicht.
Pflegedienste würden teilweise Kunden in Gegenden ablehnen, in denen sie schlecht parken können, sagt die Beauftragte Claudia Moll. Deshalb sollten die Kommunen großzügiger sein - mit besonderen Parkzonen oder Gebührenausnahmen für Pflegedienste.
Diakonie: Sonderparkrecht vereinfacht Arbeit
Bei der Diakonie in Niedersachsen findet der Vorschlag Sympathie, sagt Vorstandssprecher Hans-Joachim Lenke - auch wenn die Idee nicht neu sei. Lenke ergänzt jedoch: "Die größeren Herausforderungen für die ambulanten Pflegedienste liegen (…) in der Refinanzierung der Wegezeiten, die derzeit weder im ländlich noch im städtisch geprägten Raum auskömmlich refinanziert sind." Seit Langem fordern Vertreter der Wohlfahrtsverbände und der privaten Anbieter mehr Geld von den Krankenkassen für die Fahrten zum Patienten.
Branchenverband: Pflegeanbieter stehen unter Druck
Auch der Branchenverband privater Anbieter in der Pflege (bpa) würde kostenfreies Parken für seine Mitgliedsbetriebe begrüßen. Landesgeschäftsführer Carsten Adenäuer sieht aber größere Probleme in der Branche, um die sich die Pflegebevollmächtigte kümmern sollte: Der wirtschaftliche und personelle Druck auf die Pflegeeinrichtungen nehme bekanntlich bundesweit massiv zu. "Zeitgleich ächzen unsere Mitglieder unter dem leider nicht weniger werden Bürokratie-Irrsinn und die Pflegebedürftigen wählen entweder zunehmend ambulante Pflegeleistungen ab, weil sie sich diese nicht mehr leisten können oder rutschen in Pflegeheimen in die Sozialhilfe, weil Pflegeheimkosten immer weiter steigen." Adenäuer beobachtet einen "stillen Kapazitätsabbau", weil ambulante Dienste wegen des akuten Personalmangels Touren zusammenstreichen müssten und Pflegebedürftige keine Versorgung fänden.
Umfrage der Diakonie: Viele Pflegedienste machen Minus
Die wirtschaftliche Lage der ambulanten Pflegedienste im Land spitzt sich immer weiter zu. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Umfrage der Diakonie Deutschland unter ihren ambulanten Pflegediensten und Diakoniestationen. Demnach schätzen 72,7 Prozent der befragten ambulanten Pflegedienste ihre wirtschaftliche Situation als angespannt ein. 54 Prozent hätten 2022 mit einem Jahresdefizit abgeschlossen. 62 Prozent erwarten der Befragung zufolge für das laufende Jahr ein Ergebnis im Minusbereich.
Bei einem von zehn Diensten geht es um Existenz
Etwa ein Drittel der ambulanten Pflegedienste habe nur noch eine Liquiditätsreserve von drei Monaten oder weniger. Fast jeder zehnte Dienst sieht seine Situation als existenziell so gefährdet an, dass er möglicherweise in den kommenden zwei Jahren schließen muss, heißt es in dem Anfang November veröffentlichten Bericht der Diakonie. Fachkräftemangel, hohe Personal- und Sachkosten, nicht auskömmliche Vergütung seitens der Kassen und eine schlechte Zahlungsmoral werden als Gründe für die prekäre Lage angeführt.
Was bringt Zwölf-Punkte-Papier aus Berlin?
Gegen diese Probleme kann das Zwölf-Punkte-Papier der Pflegebeauftragten des Bundes wohl nur wenig ausrichten. Moll setzt auf mehr Effizienz in der Tourenplanung und Behandlung durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz, auf einen Abbau von Dokumentationspflichten der Pflegekräfte und mehr Zusammenarbeit von Pflegediensten in der Versorgung pflegebedürftiger Menschen.