Experten zeichnen düsteres Bild: Noch 20 Jahre Lehrermangel
Lehrerinnen und Lehrer sind Mangelware. Und das wird auch so schnell nicht ändern. Ein Beratergremium der Kultusministerkonferenz hat am Freitag eine Studie veröffentlicht - mit düsteren Aussichten.
Der Lehrermangel wird nach Meinung der Gutachter noch schlimmer und er wird noch mindestens 20 Jahre anhalten. Allerdings formuliert die Studie der Ständigen Wissenschaftlichen Kommission (SWK), dem Beratergremium der Kultusministerkonferenz (KMK), auch Empfehlungen, wie dem Lehrermangel begegnet werden könnte. Um die Lage zu entspannen, sollen Lehrkräfte zeitweise mehr arbeiten, Teilzeitmöglichkeiten könnten eingeschränkt und gegebenenfalls sollen größere Klassen gebildet werden. Selbstlernzeiten für die Schülerinnen und Schüler könnten das Lehrpersonal entlasten, so die Kommission.
Die Kultusministerin lobt das Gutachten
Bei Politik und Verbänden in Niedersachsen stießen die Vorschläge der SWK auf unterschiedliche Reaktionen. Niedersachsens Kultusministerin Julia Willie Hamburg (Grüne) lobte das Gutachten. Es sei wissenschaftlich fundiert und münde in konkrete Handlungsempfehlungen. Zugleich werde deutlich, dass Niedersachsen und alle weiteren Bundesländer "weiterhin riesige Baustellen zu bearbeiten" hätten. Die Ministerin hatte in der Vergangenheit Befürchtungen geäußert, wonach es in Niedersachsen einen Lehrermangel über einen Zeitraum von zehn Jahren geben könnte. Hamburg kündigte an, sich mit Lehrerverbänden, Gewerkschaften sowie den Eltern- und Schülervertretungen beraten zu wollen. "Wir alle müssen uns sehr ernsthaft damit befassen, wie wir den Mangel für alle Beteiligten verträglich gestalten."
GEW: Vorschläge sind "weltfremd und schädlich"
Der niedersächsische GEW-Landesvorsitzende Stefan Störmer kritisierte die Empfehlungen als "weltfremd und schädlich für das gesamte System Schule". "Falls Niedersachsen diese völlig ungeeigneten Vorschläge auch nur ansatzweise umsetzt, kollabiert das System Schule endgültig." Die Landesregierung müsse die Dauerüberlastung in allen Schulformen bekämpfen und endlich genug Personal ausbilden. "Insgesamt braucht es eine nie gekannte Investitionsoffensive und keine Vorschläge aus dem Giftschrank der Unzumutbarkeiten."
Lehrerverbände VBE und VNL kritisieren Empfehlungen
Ähnlich äußerten sich weitere Lehrerverbände. Franz-Josef Meyer vom Verband Bildung und Erziehung (VBE) nannte das Gutachten einen "Offenbarungseid der Bildungspolitik". "Einige Vorschläge erinnerten an ein Märchenland der Bildungsromantik", so Meyer. Er stört sich vor allem an dem Vorschlag, es Lehrkräften schwerer zu machen, in Teilzeit zu arbeiten. Torsten Neumann, Vorsitzender des Verbandes Niedersächsischer Lehrkräfte (VNL), bemängelte, dass mit der Studie "keine wirklich neuen Ideen" vorgestellt worden seien. Eine mögliche Erhöhung der Unterrichtsverpflichtung stamme aus alten Zeiten und zeuge nicht von einem verantwortungsvollen Umgang mit Lehrkräften in der heutigen Zeit. Eine Einschränkung der Teilzeitmöglichkeiten würde nach Überzeugung Neumanns den Lehrerberuf unattraktiver machen und so den Mangel "weiter verstärken".