Ein Landwirt erntet mit einem Trecker Bio-Möhren auf einem Feld © picture alliance/dpa | Julian Stratenschulte Foto: Julian Stratenschulte

Experte: Agrardiesel-Subventions-Abbau trifft vor allem Ökobetriebe

Stand: 11.01.2024 07:05 Uhr

Welche Folgen hätten die Kürzungspläne der Bundesregierung für die landwirtschaftlichen Betriebe? Wären eine Kfz-Steuer und eine stufenweise Streichung der Agrardiesel-Rückvergütung existenzbedrohend?

von Helmut Eickhoff

Zu Tausenden wollen die Landwirte noch bis kommenden Montag demonstrieren und Straßen blockieren. Wie hart hätte die - jetzt wieder zurückgenommene - Kfz-Steuer die Betriebe wirklich getroffen? Und wie würde sich der Wegfall einer teilweisen Rückvergütung der Agrardiesel-Kosten auf die Bilanz eines Betriebs auswirken? Ein Gespräch mit Albert Hortmann-Scholten, Leiter des Fachbereichs Betriebswirtschaft bei der Landwirtschaftskammer Niedersachsen.

Herr Hortmann-Scholten, fällt der Agrardiesel weg, kostet das jeden landwirtschaftlichen Betrieb in Niedersachsen etwa 3.500 Euro - im Durchschnitt. Wen trifft es mehr und wen weniger?

Dr. Albert Hortmann-Scholten von der Landwirtschaftskammer Niedersachsen © Landwirtschaftskammer Niedersachsen
Albert Hortmann-Scholten leitet den Fachbereich Betriebswirtschaft bei der Landwirtschaftskammer Niedersachsen.

Albert Hortmann-Scholten: Agrardiesel wird vor allen Dingen auf dem Acker und Grünland verbraucht. Das heißt also, je größer der landwirtschaftliche Betrieb ist, je mehr landwirtschaftliche Nutzfläche der Betrieb hat, umso größer ist natürlich dann die Beihilfe. Und umso härter trifft es diese Betriebe. Tierhaltungsbetriebe nutzen in größerem Maße andere Energieträger wie zum Beispiel Flüssiggas, etwa um Ställe zu beheizen. Diese Landwirte sind von den Kürzungen oft weniger betroffen, weil sie auch weniger Flächen bewirtschaften. Bei den Öko-Betrieben ist natürlich das Thema Pflanzenschutz zu berücksichtigen. Diese Betriebe verwenden keine chemischen Pflanzenschutzmittel, um das Unkraut zu reduzieren. Deswegen verbrauchen sie von der Tendenz her mehr Agrardiesel, als das in konventionellen Betrieben der Fall ist. Dort schlägt dann der Verlust der Rückvergütung stärker durch.

Bundesweit haben Haupterwerbsbetriebe durchschnittlich 115.000 Euro Gewinn gemacht. In Niedersachsen lag der Gewinn pro Betrieb durchschnittlich bei etwa 160.000 Euro.

Hortmann-Scholten: Die von Ihnen genannte Summe muss korrekterweise als Unternehmensergebnis bezeichnet werden und nicht als Gewinn. Diese Einkünfte werden von einem Unternehmen erwirtschaftet, an dem mehrere Personen beteiligt sind - meist auch nicht entlohnte Arbeitskräfte aus der eigenen Familie. Es ist richtig, dass das zurückliegende Wirtschaftsjahr ein außerordentlich gutes war. Das war vor allem den Marktbedingungen und dem politischen Umfeld geschuldet. Landwirte erzielten historisch sehr hohe Milchpreise und überdurchschnittliche Getreidepreise. Aber Landwirte müssen mit extremen Preisschwankungen zurechtkommen. Sie leben von einer Aneinanderreihung von guten Jahren, aber auch von vielen schlechten Jahren. Bei der derzeitigen Diskussion wäre es sinnvoller, wenn wir einen Jahresdurchschnitt über mehrere Jahre betrachten würden. Dieser liegt in Niedersachsen im Mittel der letzten fünf Jahre bei 86.000 Euro pro Jahr, die als Unternehmensergebnis ausgewiesen werden. Unseres Erachtens sollte man nicht von einem einzigen Jahr ausgehen und daran die gesamtwirtschaftliche Lage der Landwirtschaft festmachen.

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Hortmann-Scholten: Diese Einkünfte stehen allerdings nur zum Teil für den privaten Konsum zur Verfügung. Von diesem Geld - nach unseren eigenen Berechnungen liegt der Durchschnitt in Niedersachsen übrigens bei 148.000 Euro - muss aber noch vieles bezahlt werden. Die Versorgung der "Altenteiler" zum Beispiel. Im Rahmen der Hofübergabe verpflichtet sich der Landwirt in der Regel, seine Eltern und - falls diese noch leben - auch seine Großeltern zu versorgen. Die sogenannten "Altenteiler" haben in der Regel freie Kost und Logis, müssen vom Unternehmensergebnis mit abgesichert werden, da die Rente aus der landwirtschaftlichen Alterskasse nicht ausreicht. Landwirte müssen von diesem Unternehmensergebnis auch die Altersvorsorge finanzieren und ihre Krankenversicherung bezahlen. Und als Unternehmer müssen die Landwirte auch Nettoinvestitionen planen. Das wird zunehmend von der Landwirtschaft gefordert. Der Umbau der Tierhaltung, die sogenannte Transformation in der Landwirtschaft, wäre aus diesen Beträgen zumindest teilweise zu finanzieren. Das erfordert gewaltige Investitionssummen. Darum ist ein sehr gutes Jahr, wie wir das jetzt hinter uns gebracht haben, absolut notwendig.

Wie entwickeln sich die Preise, wie ist der Ausblick?

Hortmann-Scholten: Die Ackerbaubetriebe müssen mit deutlich schlechteren Ergebnissen rechnen. Die Getreidepreise sind stark eingebrochen. Wir hatten vor einem Jahr in der Spitze Weizenpreise von weit über 400 Euro je Tonne. Momentan sind die Preise für Weizen an den Börsen schon unter 200 Euro gefallen. Da ist also eine Halbierung des Preisniveaus zu beobachten. Da kommt es sehr individuell darauf an, wie der Landwirt seine Ernte vermarktet hat. Aber wenn Getreideerzeuger jetzt noch einen Großteil der Ernte im Lager haben, dann trifft es diese besonders hart. Darüber hinaus haben auch die Milchviehbetriebe herbe Preisrückgänge erlitten. Wir sehen aktuell allerdings da eine gewisse Bodenbildung, sodass wir auf dem ermäßigten Niveau sicherlich ins neue Jahr hineingehen werden. Und vergleichsweise gut stehen die Veredelungsbetriebe da, also die Ferkelerzeuger und mit einigen Einschränkungen auch die Schweinemastbetriebe. Diese dürfen noch mal gegenüber dem Vorjahr eine gewisse Steigerung der Unternehmensergebnisse erwarten. Allerdings haben Schweinehalter durch die Corona-Krise und durch den Ausbruch der Afrikanischen Schweinepest schon sehr schlechte Jahre hinter sich.

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