Das Zählwerk in einem Gaszähler dreht sich und zeigt den Verbrauch von Gas in einem Privathaushalt an. © picture alliance / Laci Perenyi

Energiekrise: Millionen-Hilfe für Unternehmen in Niedersachsen

Stand: 23.02.2023 06:08 Uhr

Das Land Niedersachsen will kleinen und mittelständischen Unternehmen bei den Energiekosten unter die Arme greifen. Von heute an können Firmen rückwirkend für 2022 Hilfe beantragen.

von Annette Deutskens

Insgesamt stehen 100 Millionen Euro bereit. Die Landesregierung will mit der Wirtschaftshilfe Firmen unterstützen, die besonders hart von den gestiegenen Energiepreisen betroffen waren. Die Unternehmen müssen nachweisen, dass ihre Energiekosten im zweiten Halbjahr 2022 mehr als doppelt so hoch waren wie im Vorjahreszeitraum. Mindestens 3.000 Euro über dem doppelten Betrag müssen die Energieausgaben liegen, damit die Firmen Geld erhalten. Zusätzlich müssen die Betriebe zeitweise Verlust gemacht haben.

VIDEO: Energiekrise: 300 Millionen für kleine und mittlere Firmen (19.12.2022) (2 Min)

Maximal gibt es 500.000 Euro Hilfe pro Unternehmen

Sind diese beiden Kriterien erfüllt und hat das Unternehmen höchstens 250 Beschäftigte, gibt es Geld vom Land. 80 Prozent des Betrags, der über die doppelten Kosten hinaus geht, werden erstattet. Den Rest müssen die Unternehmen selbst tragen. Das soll dazu anreizen, weiterhin Energie zu sparen. 500.000 Euro gibt es maximal. Damit es möglichst schnell geht, will die NBank die Hälfte der beantragten Hilfe zügig als Abschlag zahlen - eine Lehre aus der Corona-Pandemie.

Anträge über Kundenportal der NBank

Eine weitere Lehre aus dieser Zeit: Das Online-Kundenportal der Bank ist für 800 Unternehmen gleichzeitig geöffnet. "Wir können auf die Expertise von mehr als 360.000 Fällen bearbeiteter Corona-Hilfen zurückgreifen", so Michael Kiesewetter, Vorstandsvorsitzender der NBank. Tatsächlich hätten Land und Bank aus der Pandemie gelernt, sagt Volker Müller, Hauptgeschäftsführer der Unternehmerverbände Niedersachsen (UVN). "Die hohe Automatisierung und die Digitalisierung sind ein echter Mehrwert bei der Bearbeitung von Förderanträgen."

Gehen Bäcker bei Energiekostenzuschuss leer aus?

Aber nicht alle sind zufrieden. Axel Oppenborn hat schon mal nachgerechnet. Ergebnis: Sein Unternehmen wird nicht von der Wirtschaftshilfe des Landes profitieren. Der Grund: Die Calenberger Backstube hatte im zweiten Halbjahr 2022 zwar knapp doppelt so hohe Energiekosten wie vor dem Ukraine-Krieg - aber Geld vom Land gibt es ja erst, wenn die Kosten mehr als doppelt so hoch waren wie vorher. Die Bäckerei ist also haarscharf an der Finanzhilfe vorbei geschrammt. Die Kriterien für die "Wirtschaftshilfe KMU Niedersachsen", wie das Programm offiziell heißt, seien zu eng gefasst, das Programm nicht ausreichend, lautet daher Oppenborns Fazit. Er kenne in ganz Niedersachsen keinen einzigen Bäcker, der von dem Energiekostenzuschuss profitieren werde.

Unterschiedliche Reaktionen auf Förderprogramm

"Kaum ein Unternehmen erfüllt die sehr strengen Kriterien", sagt auch UVN-Chef Müller. Andere bewerten das Programm dagegen positiver. Die Hilfe sei gut, sagt Mike Schneider, Präsident des Niedersächsischen Handwerktages. "Niedersachsen liegt damit im Bundesländervergleich sehr weit vorne." Wirtschaftswissenschaftler wiederum bewerten das Förderprogramm des Landes unterschiedlich. Vom Grundsatz her sei es gut, sagt Tobias Henze, Ökonom am Institut der Deutschen Wirtschaft in Köln. Das Programm erfülle drei wesentliche Kriterien: Es sei zielgenau, befristet und das Geld fließe vergleichsweise schnell. Deutlich kritischer ist dagegen Stefan Kooths, Vizepräsident des Kiel Instituts für Weltwirtschaft. Corona-Hilfen fand er richtig, aber wenn der Staat mit einem solchen Hilfsprogramm Energie subventioniere, dann sei das falsch. Am Gassparen führe kein Weg vorbei. Und wenn einige Unternehmen durch Subventionen nicht dazu gezwungen würden, dann müssten andere umso mehr sparen. "Gesamtwirtschaftlich ist das ein schlechtes Geschäft. Auch wenn einzelne Wirtschaftsverbände das natürlich anders sehen."

In der Tat sehen Bäcker wie Axel Oppenborn das anders. Sie fürchten, dass Kunden auf Industriebrot ausweichen, wenn das Brot beim Bäcker immer teurer wird. Er hofft, dass das Land die Hürden für die Wirtschaftshilfen vielleicht noch senkt. Und zwar dann, wenn tatsächlich nur sehr wenige Betriebe die Kriterien erfüllen.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Niedersachsen | Aktuell | 23.02.2023 | 08:00 Uhr

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