EU-Abgeordneter: "Wir sind mit den USA in einem Handelskrieg"
Noch sind die USA der wichtigste Außenhandelspartner Niedersachsens außerhalb der EU. Das könnte sich jedoch ändern, sollte US-Präsident Donald Trump die deutsche Automobilindustrie mit Zöllen belegen.
Bernd Lange (SPD) ist Europaabgeordneter aus Hannover und als Vorsitzender des Handelsausschusses einer der wichtigsten Strategen des EU-Parlaments. Im Interview mit NDR Niedersachsen blickt Lange mit Sorge auf die von US-Präsident Trump angekündigten Zölle. Das Freihandelsabkommen Mercosur biete dagegen Chancen in Südamerika.
Derzeit werden Zölle zu Waffen. Sind wir schon in einem Handelskrieg oder ist das noch Säbelrasseln?
Bernd Lange: Mit den USA sind wir in einem Handelskrieg. Trump hat Zölle auf Stahl, Aluminium und eine ganze Reihe von Produkten gelegt - das reicht von Pumpen bis zu Angelzubehör. Da reagieren wir mit Gegenmaßnahmen. Ja, das ist bereits ein Handelskrieg.
Was bedeutet das für die niedersächsische Wirtschaft?
Lange: Im Moment sind die Auswirkungen sehr begrenzt. Unter 10 Prozent unserer Stahlexporte gehen in die USA, und auch die anderen Produkte sind nicht so signifikant. Aber immerhin sind die USA der stärkste Außenhandelspartner Niedersachsens außerhalb der EU mit etwa 7,2 Milliarden Euro Umsatz. Wenn Herr Trump Zölle auch auf andere Produkte setzen wird, zum Beispiel auf Autos, dann wäre das ein signifikantes Problem für Niedersachsen.
Was kann die Lösung sein?
Lange: Zunächst werden wir versuchen, mit den USA zu verhandeln. Wir haben in vielen Bereichen gemeinsame Interessen. Wenn es wirklich zu einer weiteren Eskalation kommt, müssen wir die möglichen Konsequenzen mit strukturellen Maßnahmen und auch Hilfen ausgleichen. Und wir wollen mit anderen Ländern wie den Mercosur-Staaten Wirtschaftsabkommen vereinbaren. Dort leben 260 Millionen Menschen. Wir verhandeln auch mit Indonesien mit 250 Millionen Menschen, das ist auch ein großer Markt.
Ministerpräsident Stephan Weil fährt in dieser Woche nach Südamerika. Welche Bedeutung hat das Mercosur-Abkommen in der aktuellen Situation?
Lange: In Lateinamerika gibt es verlässliche Partnerländer. Das ist für uns ein entscheidendes Moment. Wir haben dorthin schon jetzt enge Beziehungen. Wenn wir die Zölle abbauen, dann kann das dazu beitragen, dass auf beiden Seiten des Atlantiks die Wirtschaft nachhaltig gestärkt wird.
Aber auch das Mercosur-Abkommen hat Licht und Schatten. Die Landwirte sehen es skeptisch, weil sie zum Beispiel Sorge haben vor viel günstiger produziertem Rindfleisch. Wie sehen Sie das?
Lange: Wir werden in der Landwirtschaft Exportmöglichkeiten haben, gerade für Niedersachsen im Milchproduktionsbereich, aber auch bei alkoholischen Getränken, wie zum Beispiel Jägermeister. Wir werden sicherlich einige Wettbewerbssituationen im Bereich Rindfleisch haben, wo wir vielleicht Ausgleichsmaßnahmen brauchen. Aber wir werden auch Exportmöglichkeiten im Bereich der Autos, der Autoteile, des Maschinenbaus haben, das ist ganz wichtig in Niedersachsen. Da sind also sicherlich neue Marktchancen. Im Moment ist es so, dass wir mehr aus den Mercosur-Staaten importieren als exportieren. Und da können wir sicherlich noch zulegen.
Die Fragen stellte Angelika Henkel.
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