Bilanzskandal: Prozess gegen Ex-Steinhoff-Manager ausgesetzt
Vor dem Landgericht Oldenburg sollte der Prozess um den Bilanzskandal des Möbelkonzerns Steinhoff beginnen. Das Verfahren wurde jedoch ausgesetzt - der Ex-Konzernchef erschien nicht vor Gericht.
Während sich der ebenfalls angeklagte Treuhänder zum Prozessauftakt am Dienstag vor dem Landgericht einfand, fehlte der ehemalige Konzernchef Markus Jooste. Die Staatsanwaltschaft wirft dem 62-Jährigen Anstiftung zur Bilanzmanipulation in fünf Fällen vor. Der Treuhänder soll in vier Fällen Beihilfe geleistet haben. Von 2011 bis 2015 sollen beide dafür verantwortlich gewesen sein, dass Gewinne aus Scheingeschäften in die Bilanzen von Konzern-Gesellschaften geschrieben wurden. Außerdem wirft ihnen die Staatsanwaltschaft vor, Vermögensanlagen falsch bewertet zu haben. Bilanzen sollen so um mehr als 2,3 Milliarden Euro aufgehübscht worden sein. Das Verfahren gegen den mitangeklagten 72 Jahre alten Treuhänder wurde am Dienstag gegen eine Zahlung von 30.000 Euro eingestellt.
Der südafrikanische Manager soll ausgeliefert werden
Wegen der vorgeworfenen Bilanzmanipulationen laufen gegen Jooste derzeit auch strafrechtliche Ermittlungen an seinem Wohnort in Südafrika. Sein deutscher Anwalt, Bernd Groß, erklärte, eine deshalb seit 2017 geltende Vereinbarung zwischen Jooste und der südafrikanischen Justiz erlaube es nicht, dass sein Mandant das Land verlasse. Die Staatsanwaltschaft beantragte daraufhin vor dem Gericht einen Haftbefehl gegen Jooste, um eine Auslieferung zu erwirken. "Es besteht der Haftgrund der Fluchtgefahr", sagte Staatsanwalt Frank Lohmann. Jooste, der die südafrikanische Staatsbürgerschaft besitzt, wolle sich offenbar dem Prozess in Deutschland entziehen. "Ernsthafte Bemühungen" sich der Verhandlung in Oldenburg zu stellen, seien nicht erkennbar, sagte der Ankläger.
Verjährung droht
Von fünf angeklagten Fällen seien nach der Anklageerhebung mittlerweile bereits drei Fälle verjährt. Es geht nun noch um eine Summe von rund 1,15 Milliarden Euro. Das Gericht will nun über eine Abtrennung des Verfahrens beraten. Im kommenden Jahr würden nach Informationen des NDR in Niedersachsen alle Anklagepunkte verjährt sein.
Angeklagten droht mehrjährige Gefängnisstrafe
Die Manipulationen wurden 2017 bekannt. Der Aktienkurs des Unternehmens brach daraufhin um mehr als 90 Prozent ein, Anlagewerte in Milliardenhöhe gingen verloren. Dem Angeklagten droht eine Haftstrafe von zwei bis drei Jahren, teilte eine Gerichtssprecherin mit.
Steinhoff hat Schulden in Höhe von 10,2 Milliarden Euro
Der Möbelkonzern Steinhoff hat Wurzeln in Westerstede im Landkreis Ammerland, inzwischen ist der Hauptsitz aber in den Niederlanden und wird von Südafrika aus gesteuert. Zeitweise galt Steinhoff nach Ikea als zweitgrößter Möbelkonzern Europas. Derzeit erarbeitet die Steinhoff International Holdings nach eigenen Angaben einen Umschuldungsplan nach niederländischem Konkursrecht. Im März hatten Steinhoff-Aktionäre einen vorherigen Plan zur Schuldenrestrukturierung abgelehnt. Das Unternehmen muss einen Schuldenberg von 10,2 Milliarden Euro abbauen. An der Frankfurter Börse notieren Steinhoff-Aktien in diesen Tagen bei etwas über einem Cent.