Bahnstrecke Hamburg-Hannover: Neubau doch nicht vom Tisch

Stand: 21.09.2023 19:21 Uhr

Ist der Neubau der Bahntrasse Hamburg-Hannover vom Tisch oder nicht? Am Mittwoch hat die Kontroverse neue Nahrung bekommen.

Die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" (FAZ) hatte am Mittwoch berichtet, dass der vor allem vom Bund favorisierte Neubau der Strecke vorerst entfalle. Ein Sprecher des Bundesverkehrsministeriums erklärte daraufhin allerdings, dass es in der Frage zu einem eventuellen Neubau noch keine Entscheidung gebe. Das Bundesverkehrsministerium bestätigte aber, dass man sich mit dem Land Niedersachsen auf eine Generalsanierung der Bestandsstrecke 2029 geeinigt habe. Das Bundesverkehrsministerium strebt dazu parallel ein Dialog mit dem Land, Kommunen und Bürgern über die Frage eines möglichen Neubaus der Trasse an, so ein Sprecher des Ministeriums zum NDR. Das niedersächsische Wirtschaftsministerium dagegen hält einen Neubau für unrealistisch.

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Beim Thema Neubau sind Bund und Land uneins

Das Land will einen Neubau erst nach Sanierung und Teilausbau prüfen. "Der Deutschlandtakt wird auch mit einem optimierten Alpha E umsetzbar sein", sagte ein Sprecher des Landesverkehrsministeriums am Mittwoch in Hannover - also nur mit der Ausbauvariante. Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) will hingegen während der Sanierungsphase ein Dialogverfahren mit regionalen Arbeitsgruppen und ein Raumordnungsverfahren für einen Neubau in Angriff nehmen. Ein Sprecher von Wissing hatte dem NDR Niedersachsen mitgeteilt, dass nach der Generalsanierung ein Neubau nötig sein werde, um die geplanten Kapazitäten des Deutschlandtaktes umsetzen zu können. Die Strecke Hamburg-Hannover gehört zu den am stärksten überlasteten Bahnverbindungen Deutschlands.

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Niedersachsen brauche Spielräume auf der Schiene

Die Reaktionen auf die Berichte über ein mögliches Aus der Neubaustrecke fallen unterschiedlich aus. Die Deutsche Bahn teilte mit: "Wir begrüßen, dass endlich Bewegung in die seit Jahren festgefahrene Diskussion über die erforderliche Ertüchtigung der bestehenden Schieneninfrastruktur und den dringend notwendigen Ausbau der Kapazitäten auf der Schiene in Niedersachsen gekommen ist". Die Bahn kündigte außerdem an, umgehend Gespräche mit Auftraggebern, dem Bundesverkehrsministerium und dem Land Niedersachsen zu suchen, um "gemeinsam die nächsten Schritte festzulegen". Denn Niedersachsen brauche dringend zusätzliche Spielräume auf der Schiene - für die Verdopplung der Fahrgastzahlen bis 2030 genauso wie für die Erhöhung der Gütertransporte auf 25 Prozent.

Allianz pro Schiene: Rascher Ausbau und Neubau nötig

Auch der Verband Allianz pro Schiene drängt zur Eile. Allerdings sagt er klar: "Beim überfälligen Schienenausbau in Norddeutschland geht es nicht um ein Entweder - oder, wir brauchen beides: einen raschen Ausbau der Bestandsstrecke und schnell eine Neubaustrecke", sagt Dirk Flege, Geschäftsführer von Allianz pro Schiene. Alles andere sei Gift für den wachsenden Güterverkehr auch zum Hamburger Hafen. Der Naturschutzbund (Nabu) Niedersachsen dagegen würde es begrüßen, wenn es keinen Trassen-Neubau gäbe. Dann könnten Naturflächen erhalten bleiben und die Landschaft würde nicht zerschnitten. Die Landesgruppe der niedersächsischen SPD-Bundestagsabgeordneten begrüßt mehrheitlich ebenfalls einen Ausbau der Bestandsstrecke. Anders dagegen sehen das Verkehrspolitiker der SPD-Bundestagsfraktion. Detlef Müller aus dem Fraktionsvorstand möchte, dass parallel zur Korridorsanierung 2029 mit allen Beteiligten über weitere Optionen, auch über eine mögliche Neubaustrecke, gesprochen wird. Auch er ist überzeugt, es brauche auf der Strecke mehr Kapazitäten, insbesondere für den Güterverkehr.


20.09.2023 13:55 Uhr

Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version dieses Textes hatten wir unter Berufung auf die SPD-Bundestagsfraktion berichtet, dass der Neubau der Bahnstrecke Hannover-Hamburg vom Tisch ist. Dies war so nicht korrekt.

 

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Niedersachsen | Regional Lüneburg | 21.09.2023 | 15:00 Uhr

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