Angriffe auf Israel und Gaza: "Es ist fürchterlich für alle"
Nach den massiven Angriffen der Hamas auf Israel haben Politiker in Niedersachsen ihre Solidarität bekundet. Die Palästinensische Gemeinde Hannover und jüdische Gemeinden rufen zu Frieden auf.
"Es ist fürchterlich für alle, dass wir - wieder einmal - so weit gekommen sind", sagte Yazid Shammout, Vorsitzender der palästinensischen Gemeinde Hannover, dem NDR Niedersachsen. Die Gemeinde hat bereits am Montag gemeinsam mit dem Landesverband der Jüdischen Gemeinden von Niedersachsen "die barbarischen Ereignisse im Nahen Osten" verurteilt. Beide Gemeinden riefen Mitglieder und Sympathisanten dazu auf, trotz aller Differenzen respekt- und friedvoll miteinander umzugehen. Es dürfe nicht zu Hass oder gar Gewalt kommen. Es bestehe die Gefahr, dass sich in Deutschland nun antisemitische und ausländerfeindliche Klischees verbreiten könnten. Von der deutschen und europäischen Politik forderten sie, deeskalierend zu handeln "und eine dauerhaft friedliche Lösung durchzusetzen".
Fürst: Menschen werden abgeschlachtet wie im Mittelalter
Beide Gemeinden setzen sich seit mehr als einem Jahrzehnt für einen friedvollen Dialog zwischen Juden und Palästinensern in Deutschland ein. Shammout und Michael Fürst, Vorsitzender des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden von Niedersachsen, sind seit Jahren befreundet. Die Angriffe der islamistischen Hamas würden daran nichts ändern, sagte Fürst. Das Vorgehen der Angreifer bezeichnete er als "Barbarei", Menschen würden abgeschlachtet wie im Mittelalter. Gräueltaten in einem solchen Ausmaß habe er sich nicht vorstellen können, sagte Fürst am Montag. "Es geht dabei um schlichten Terrorismus, nicht um die Freiheit für Palästinenser."
Musharbash: Mitgefühl für Angehörige der vielen Toten
Die Deutsch-Palästinensische Gesellschaft verurteilte die Angriffe der Hamas auf Israel und zugleich die Gegenangriffe Israels auf den Gazastreifen "auf das Schärfste". Das Mitgefühl gelte "den Angehörigen der vielen Toten und den Verletzten auf beiden Seiten", sagte Nazih Musharbash aus Bad Iburg bei Osnabrück, Präsident der Gesellschaft. "Beide Seiten haben es längst verdient, nebeneinander in Frieden zu leben", so Musharbash mit Blick auf die Stellungnahme des UN-Generalsekretariats, das nur in der Gründung eines eigenen palästinensischen Staates eine effektive Beruhigung der Lage sieht.
Antisemitismusbeauftragter: Mehr Zivilcourage zeigen
Gerhard Wegner, Niedersächsischer Landesbeauftragter gegen Antisemitismus und für den Schutz jüdischen Lebens, sprach am Sonntag von einer "fürchterlichen Situation". Das Existenzrecht Israels werde wieder einmal in Frage gestellt. "Wir sind jetzt zu jeder Solidarität gefordert und müssen alles tun, damit Israel aus diesem Konflikt wieder sicher hervorgehen kann", sagte Wegner im Gespräch mit dem NDR Niedersachsen. Jeder einzelne müsse in seinem Umfeld noch mehr Zivilcourage zeigen. Denn die Lage könne zu mehr Antisemitismus führen, zu antisemitischen Sprüchen und Attacken. Dies habe sich schon einmal gezeigt, als es Konflikte im Westjordanland gab. Es gebe in Deutschland Gruppen, die sich über diesen Angriff der Hamas durchaus freuen würden.
Weil fordert Ende der Terrorangriffe auf Israel
Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) hat ein schnelles Ende der Gewalt gefordert. "Diese furchtbaren Terrorangriffe müssen schnell beendet werden, es darf auf beiden Seiten kein weiteres Blutvergießen mehr geben", teilte der SPD-Politiker am Sonntag mit. Er gebe die Hoffnung nicht auf, dass es irgendwann doch zu einer friedlichen Lösung in Israel und Palästina kommen werde, auch wenn dies heute weiter entfernt scheine als in den vergangenen Jahren, so Weil weiter.
Lechner: Die israelische Flagge hissen
Der Fraktionsvorsitzende der CDU im Niedersächsischen Landtag, Sebastian Lechner, hat die Angriffe auf Israel ebenfalls scharf verurteilt. Der Terror gegen die Zivilbevölkerung durch die Hamas sei durch nichts zu rechtfertigen und müsse gestoppt werden, teilte Lechner am Sonntag mit. Als Zeichen der Solidarität mit Israel hatte Lechner die Landesregierung aufgefordert, "an allen öffentlichen Gebäuden in Niedersachsen die israelische Flagge zu hissen". Am Montagvormittag ordnete die Niedersächsische Staatskanzlei eine landesweite Beflaggung an. Nach Möglichkeit solle an öffentlichen Gebäuden auch die israelische Flagge gehisst werden, hieß es.
Europaministerin: "EU muss fest an Seite Israels stehen"
Niedersachsens Europaministerin Wiebke Osigus (SPD) forderte die EU auf, "angesichts des barbarischen Angriffs fest und solidarisch an der Seite Israels" zu stehen. Zudem müsse die Entwicklungszusammenarbeit mit der Palästinensischen Autonomiebehörde kritisch überprüft werden. Einen entsprechenden Schritt kündigte die EU am Montag an.
OB Kornblum: "Stehen an der Seite unserer Freunde"
Braunschweigs Oberbürgermeister (OB) Thorsten Kornblum (SPD) bekundete in einem Brief an seinen Amtskollegen Ido Grinblum in der israelischen Partnerstadt Kiryat Tivon ebenfalls seine Solidarität mit den von den Angriffen betroffenen Menschen. "Seien Sie versichert, dass wir in dieser schwierigen Zeit an der Seite unserer Freunde stehen", schrieb Kornblum in dem Brief. "Die Bürgerinnen und Bürger Braunschweigs und ich persönlich sind in Gedanken mit Ihnen und den Freunden in unserer Partnerstadt verbunden in der Hoffnung, dass die Situation nicht noch weiter eskaliert und die Gewalt bald ein Ende findet", schrieb Kornblum weiter.
Meister: "Existenzrecht Israels mit allen Kräften verteidigen"
Der evangelische Landesbischof Ralf Meister nahm am Montag wie angekündigt an einer Solidaritäts-Veranstaltung in Hannover teil. "Der brutale Angriff der Hamas und der mit ihr verbündeten Gruppierungen auf Israel ist menschenverachtend und in keiner Weise zu rechtfertigen", schrieb Meister vorab auf seiner Homepage. Die evangelische Kirche stehe an der Seite Israels, "dessen Existenzrecht mit allen Kräften verteidigt werden muss". Ebenso zeigte sich der braunschweigische Landesbischof Christoph Meyns entsetzt über die terroristischen Angriffe der Hamas auf Israel.
Katholische Bischöfe: Nahost-Konflikt kriegerisch nicht zu lösen
Auch die katholischen Bischöfe in Niedersachsen haben ihre Solidarität mit den betroffenen Menschen in Israel bekundet. Ihre Gedanken seien bei den Betroffenen des Terrors und bei denen, die die Hoffnung an eine friedliche Lösung nicht aufgeben, hieß es in einer am Montag veröffentlichten Erklärung von Hildesheims Bischof Heiner Wilmer, dem Übergangsleiter des Bistums Osnabrück, Weihbischof Johannes Wübbe, und dem Oldenburger Offizial Wilfried Theising. Der komplexe Nahost-Konflikt sei kriegerisch nicht zu lösen, hieß es.
Sicherheit von jüdischen Einrichtungen soll erhöht werden
Derweil sollen bundesweit jüdische Einrichtungen stärker geschützt werden. Darauf haben sich die Polizeipräsidentinnen und -präsidenten von Bund und Ländern geeinigt. Aus dem niedersächsischen Innenministerium hieß es, das Schutzniveau sei bereits hoch. Nichtsdestotrotz soll die Sicherheit etwa durch eine verstärkte Polizeipräsenz noch einmal erhöht werden. Auch wenn momentan nicht von einem konkreten Anlass ausgegangen werde, gebe es eine abstrakte Bedrohungslage, sagte ein Ministeriumssprecher dem NDR Niedersachsen. Innenministerin Daniela Behrens (SPD) schrieb am Sonntag auf X, ehemals Twitter, dass die Polizei in Niedersachsen "allerhöchst sensibilisiert und achtsam" sei. Die Bilder aus Israel seien "entsetzlich", so die Ministerin.
Kultusministerium: Keine Schülergruppen aus Niedersachsen in Israel
Nach Kenntnissen des niedersächsischen Kultusministeriums befinden sich zurzeit keine Schüler aus Niedersachsen in Israel. Eine Gruppe von Schülern und Lehrkräften eines Gymnasiums im ostfriesischen Rhauderfehn (Landkreis Leer) habe eine geplante Studienfahrt nach Israel wegen des Angriffs am Samstag kurzfristig abgesagt, teilte das Kultusministerium am Montag auf Anfrage mit. Die Gruppe war demnach bereits auf dem Weg zum Flughafen. In Israel wollten sie mit Zeitzeugen des Holocausts reden. "Nach Bekanntwerden der Anschläge und Rücksprache mit ihren Kontaktpersonen in Tel Aviv haben die Lehrkräfte sofort entschieden, die Reise abzubrechen", sagte eine Ministeriumssprecherin. Das Kultusministerium rät wie das Auswärtige Amt von Reisen nach Israel und in die Palästinensischen Gebiete dringend ab.