Wismar: Maritimes Erbe mit drei Traditionsschiffen
In der Hansestadt wird die Schifffahrtstradition hochgehalten. Allerdings müssen sich die drei Fördervereine großteilig selbst finanzieren. Aus dem städtischen Haushalt kommen Hilfen, aber keine Millionen.
In Wismar sind Gegner der Traditionsschiffe schwer zu finden. Es soll aber welche im Wismarer Stadtteil Wendorf geben. Die Schüsse der Bordkanone der Poeler Kogge erschrecken sie immer wieder. Mehrmals die Woche fährt die "Wissemara" - wie die Poeler Kogge offiziell heißt - zu mehrstündigen Törns durch die Wismarbucht. Kurz nach der Ausfahrt aus dem Wismarer Alten Hafen kommt sie an der Seebrücke vorbei. Dort gibt sie ihren obligatorischen Schuss ab. Mit an Bord sind dann bis zu 50 Gäste. Die bezahlen pro Törn 30 bis 80 Euro. Das ist ein Teil der Einnahmen des Poeler-Koggen-Vereins. Andere Einnahmequellen sind die Mitgliedsbeiträge des eigenen Fördervereins und Spenden.
Tradition wird von Fördervereinen getragen
Es gibt in Wismar insgesamt drei Fördervereine für die Traditionsschiffe. Der Verein der Poeler Kogge hat mehr als 400 Mitglieder. Etwa 50 davon fahren als ehrenamtliche Crewmitglieder mit der "Wissemara" raus. Der Förderverein des Lotsenschoners "Atalanta" ist der älteste. 1994 wurde er gegründet, um das 1901 gebaute Schiff wieder flott zu machen. 20 Jahre später wurde der Förderverein des Kutters "Marlen" gegründet. Der soll später insbesondere Wismars Fischereitradition repräsentieren. Der Kutter liegt seit September letzten Jahres zwar im Wasser. Fertig ist er aber noch nicht.
Tradition geschaffen von Arbeitslosen
Alle Vereine und deren Schiffe haben eine weitere Gemeinsamkeit: Sie wurden alle mithilfe des Arbeitsamtes aufgearbeitet oder sogar komplett gebaut, wie die Poeler Kogge. Die "Atalanta" war da der Vorreiter: Während der Restaurierungsarbeiten wurden Arbeitslose zu Bootsbauern ausgebildet. Sie schlossen mit dem Gesellenbrief ab. Finanziert als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme des Arbeitsamtes. So sparte der Förderverein Kosten. Diesem Beispiel folgte später der Bau der Poeler Kogge. Ein-Euro-Jobber bauten fünf Jahre lang an dem Nachbau, der auf einem Wrackfund vor der Insel Poel basiert. Der Kutter "Marlen" wird seit neun Jahren von Langzeitarbeitslosen umgebaut. In diesem Fall sogar von schwer vermittelbaren. Sie kommen durch die Arbeit am Kutter wieder in den Arbeitsalltag zurück. Laut Martin Greiner, dem Geschäftsführer des Jobcenters Nordwestecklenburg immerhin mit einer Vermittlungsquote in den ersten Arbeitsmarkt von 25 Prozent. Ein viertes Traditionsschiffs-Projekt wurde dem Jobcenter angeboten - aber dankend abgelehnt.
Wismars Tradition und Wismars Beitrag
In der Hansestadt Wismar ist das maritime Erbe ein Hohes Gut. Es stecken aber relativ wenig öffentliche Gelder in allen drei Projekten. Die Stadt selbst stellt das historische Baumhaus im Alten Hafen zur Verfügung. Das ist ein roter zweistöckiger Backsteinbau - in dem die Vereine Räume haben und ein Maritimes Traditionszentrum betreiben. Das ist ein kleines Museum über die Wismarer Schifffartstradition. Ende März diesen Jahres hat die Wismarer Bürgerschaft den drei Tradtionsschiffen die Liegeplatzgebühren erlassen. Die Poeler Kogge spart damit 12.000 Euro im Jahr, die "Atalanta" 6.500 und die "Marlen" fast 4.000. Die beiden großen Traditionsschiffe vertreten Wismar immer wieder auf großen Hafenfesten. So bricht die "Atalanta" demnächst zum Hamburger Hafengeburtstag auf. Dort wird sie eine Woche lang Ausfahrten anbieten und somit die maritime Tradition Wismars hochhalten.