Wärme-Wunder: Wie Mecklenburg das Heizen revolutioniert
Schon zu DDR-Zeiten war der Norden Vorreiter bei der Geothermie. Nach Rückschlägen durch die politische Wende in der DDR soll es nun mit klimafreundlicher Wärmeenergie zurück in die Zukunft gehen.
Unter Neubrandenburg schlummert ein Schatz: kein Gold, kein Silber, nicht mal Bronze. In Zeiten hoher Energiepreise lagert dort etwas viel praktischeres: jede Menge heißes Wasser, 1.300 Meter unter der Erde 55°C warm. Genug um damit zehn Prozent des städtischen Fernwärmebedarfs zu decken. In dieser Woche kündigten die Stadtwerke an, sich an die Hebung dieses Schatzes zu machen. Rund 30 Millionen Euro sollen in den Bau eines Erdwärmekraftwerkes investiert werden.
Zurück in die Zukunft
Der Neubrandenburger Plan ist aktuell, aber nicht völlig neu. Schon zu DDR-Zeiten sollte die Vier-Tore-Stadt teilweise mit Erdwärme versorgt werden - so wie andere Orte im heutigen Mecklenburg-Vorpommern. Es ist eine Art Energie-Dejavu, ein Zurück in die Zukunft. "Ähnlich wie heute war auch vor 45 Jahren die Energieversorgung ein Riesenthema. Die Braunkohlevorräte waren begrenzt und die Transportwege in den Norden weit", weiß Karsten Obst. Der Geologe ist Erdwärme-Experte beim Geologischen Landesdienst MV. "Die DDR-Regierung beschloss damals intensiv nach erneuerbaren Energiequellen zu suchen." Aus Erdöl- und Erdgasbohrungen in den 50er und 60er Jahren habe man gewusst, dass es im Norden enorme geothermische Reservoire gibt.
Waren als Vorreiter für Erdwärme
Um die nutzbar machen zu können, wurde in Neubrandenburg der VEB Geothermie gegründet. Ein Vorzeigebetrieb, der auch im internationalen Maßstab Pionierarbeit leistete. 1984 ging im Warener Neubaugebiet auf dem Papenberg Deutschlands erste Geothermie Großanlage in Betrieb. Die Stadt an der Müritz war damit ein Vorreiter und profitiert davon immer noch. Bis heute versorgt die Anlage 1.800 Wohnungen mit Wärme. "Die Investitionskosten sind zwar sehr hoch, aber die Betriebskosten sehr gering. Da reicht ein 40kw-Motor, und wir produzieren an die 400kw Wärme, also das Zehnfache", berichtet Hans-Udo Reimer von den Warner Stadtwerken.
Internationales Interesse an Geothermie
Am Anfang wurde die Anlage als geheimes Objekt klassifiziert. Doch das änderte sich schon zu DDR-Zeiten. Stolz wurde die Anlage der Öffentlichkeit präsentiert. Dazu gab es auch Grund. In Waren wurden technologische Lösungen entwickelt, die weltweit einzigartig waren. Bis heute gibt es internationales Interesse. "Wir haben regelmäßig Besuch. Chinesen, Japaner, von der Firma Shell waren Vertreter hier", erzählt Hans-Udo Reimer. "Also es ist doch immer noch ein Pionierarbeit, die wir hier leisten, und wir machen sie gerne. Und wir hoffen, dass sie noch lange funktionieren."
Wie in den Nordbezirken der DDR eine Energie-Revolution startete, was das mit einer weltweiten Energiekrise zu tun hatte und wie Mecklenburg-Vorpommern heute in Erdwärme investiert – darum geht es in der neuen Folgen des NDR MV Podcasts „Dorf Stadt Kreis“. Zu hören in der App der ARD Audiothek und in der NDR MV App.