Viel Geld für die deutsch-polnische Grenzregion: Was passiert damit?
"Mehr als eine nachhaltige Nachbarschaft: Gemeinsam eine nachhaltige Zukunft im nördlichen Teil des deutsch-polnischen Grenzraums gestalten" - das ist das übergeordnete Ziel des EU-Förderprogramms Interreg VI A. 116,4 Millionen Euro stehen bis 2027 bereit. Seit 1994 profitiert die Euroregion Pomerania von europäischen Fördermitteln. Was wurde seitdem umgesetzt?
"Wenn ich so zurückblicke - wir haben vor jedem Programm gesagt: Schlimmer kann es nicht mehr werden“, erinnert sich Katrin Töpke, Leiterin des Tierparks Ueckermünde, an die hohen Anforderungen für die EU-Förderung. Aber gelohnt habe es sich immer. Seit 1999 profitiert ihr Tierpark von den EU-Fördermitteln. Ohne das Geld würde es den Park in der heutigen Form nicht geben, sagt sie. "Für uns war es ein Segen, dass die Gelder zur Verfügung stehen, auch für unsere Region.“
Viele Projekte im Tierpark umgesetzt
Der Tierpark Ueckermünde ist nicht nur auf der deutschen Seite der Grenze beliebt. Gut ein Drittel der Besucher – rund 100.000 sind es insgesamt jedes Jahr – kommen aus Polen, viele aus Stettin. Dort gibt es keinen Zoo. Und in Ueckermünde ist seit 1999 viel Bewegung durch das Interreg-Geld. Zahlreiche Tiergehege konnten nur dadurch gebaut werden: die Flamingo-Anlage, das Haff-Aquarium, aber auch das Wirtschaftsgebäude und die Zooschule. Sie war auch das erste Projekt, das mit dem EU-Geld umgesetzt wurde.
Elf Partner arbeiten zusammen
Das letzte Projekt heißt "Pomerania - Natur- und Kulturerlebnisse". Elf Partner in Deutschland und Polen - darunter der Vogelpark Marlow, die Forstsamendarre Jatznick, der Zoo Eberswalde, die Gemeinde Police und das Schloss Stettin - haben sich zusammengetan, um Erlebnisbereiche zu schaffen. "Die sollen dazu beitragen, dass sich die Gäste in der Region wohlfühlen und auch im Oktober oder November, also auch in der Nebensaison zu uns kommen. Die Saison soll also verlängert werden", erklärt Katrin Töpke. 3,8 Millionen Euro Förderung gab es insgesamt, allein 1,2 Millionen Euro gingen an den Tierpark Ueckermünde. Dort wurde ein Erlebnisbauernhof mit Traktorbahn und Kaninchengehege geschaffen und eine 800 Quadratmeter große begehbare Wellensittichvoliere. Seit Ostern ist sie geöffnet. Offizielle Eröffnung ist am 22. April.
Kompliziertes Antragsverfahren
"Nach dem Termin kann man endlich mal runterkommen. Das war schon eine anstrengende Zeit", sagt die Tierparkleiterin. Als federführendes Projektmitglied musste sich der Tierpark um Anträge und Abrechnungen aller elf Projektpartner kümmern. Bewilligt wurde das Projekt 2018, Corona und der Krieg in der Ukraine haben aber vieles verzögert. Grundregel im Interreg-Kooperationsprogramm ist, dass mindestens ein polnischer und ein deutscher Partner am Projekt teilnehmen muss, heißt es aus dem Wirtschaftsministerium in Schwerin. Die Anträge sind ausschließlich über das elektronische System Jems (joint electronic monitoring system) einzureichen – auf Deutsch und auf Polnisch. Das Projekt muss ausführlich beschrieben werden. "Es geht immer um die Fragen: Welches Ziel verfolgt das Projekt? Welchen Mehrwert bietet es für die Bevölkerung im Grenzgebiet? Und erfüllen wir auch nachhaltige Ziele?" beschreibt Dr. Marie-Luise Rübsam die Anforderungen an Interreg-Projekte.
Bessere Kommunikation zwischen Notfallmedizinern
Die junge Notfallmedizinerin leitet das Projekt "GeKoM" der Universitätsmedizin Greifswald. Dabei geht es darum, die Zusammenarbeit zwischen deutschen und polnischen Rettungskräften zu verbessern mit speziellen Sprach- und Simulationstrainings. Die Rettungsteams sollen in die Lage versetzt werden, in der jeweiligen Nachbarsprache Patienten aufzunehmen und an Kollegen zu übergeben. Marie-Luise Rübsam findet es sehr gut, dass das Antragsverfahren nicht so leicht ist: "Das darf es ja gar nicht sein, es ist ja Geld von der EU. Es gibt ganz klare Richtlinien, damit die Mittel am Ende auch da ankommen, wo sie ankommen sollen."
Neue Anträge ab sofort möglich
Auch in der neuen Förderperiode im Programm Interreg VI A soll es ein Projekt zum grenzüberschreitenden Rettungsdienst geben, das ist aber noch in Planung. "Da wollen wir dann Laien miteinbeziehen, also die ganz normale Bevölkerung", erzählt Marie-Luise Rübsam. Auch der Tierpark Ueckermünde hat neue Ideen. Im ersten Aufruf stehen insgesamt 51,34 Millionen Euro zur Verfügung. Bis zum 7. Juni können Anträge eingereicht werden für Projekte aus Bereichen wie Forschung und Innovation, Bildung, Anpassung an den Klimawandel, Naturschutz und Biodiversität, Kultur und nachhaltiger Tourismus.
Bis zum Ende der Förderperiode 2027 stehen insgesamt 116,4 Millionen Euro für Projekte zur Verfügung, dazu kommen 13,75 Millionen für kleine Projekte. Wie wichtig die kleinen Projekte sind, wie viel Geld schon in die Pomerania-Region geflossen ist und was noch alles mit dem EU-Geld passiert – das erfahren Sie in der neuen Folge des NDR MV Podcasts "Dorf Stadt Kreis - Pomerania". Zu hören in der App der ARD Audiothek und in der NDR MV App.