Uni Rostock forscht zu Bergbau in der Tiefsee

Stand: 30.01.2024 09:37 Uhr

Edelmetalle und sogenannte seltene Erden stecken in Elektromotoren, in Handys und in Windrädern. Nur: Wie kommen deutsche Produzenten an diese Rohstoffe? Künftig vielleicht durch Bergbau in der Tiefsee. Forscher der Universität Rostock bauen gerade eine Plattform dafür.

von Juliane Schultz

Es ist mucksmäuschenstill im Forschungslabor für Maschinenbau und Schiffstechnik an der Uni Rostock. Rund 20 Wissenschaftler stehen rings um einen vier Meter hohen Wassertank und beobachten durch Glasscheiben, wie das gelbe Landemodul Zentimeter um Zentimeter herabsinkt. Gleich hat es den abfallenden, mit Sand bedeckten Boden erreicht. Die bange Frage lautet: Bleibt das Modul stehen?

Neuland für Wissenschaft und Bergbauunternehmen

Im Team sind Forscher aus Rostock, Freiberg und Erlangen-Nürnberg und vom Maschinenbauunternehmen Bauer. Mit einer Mondlandung vergleichen sie den Moment, wenn das echte große Landemodul, nicht das kleine Modell im Maßstab 1:20 hier im Wassertank, später in den Indischen Ozean herabgelassen wird. 15 Tonnen soll die große Version wiegen und ausgestattet sein mit einer Fräse, die in 4.000 Meter Tiefe, Löcher in sogenannte inaktive schwarze Raucher am Meeresboden bohrt. Das ist Neuland für Wissenschaft und Bergbauunternehmen. Erfahrungen damit gibt es keine. Aber es könnte sich auszahlen.

Schwarze Raucher oder Black Smoker, sind, vereinfacht gesagt, Unterwasservulkane, die Metallerze aus dem Erdinneren auf dem Boden des Ozeans verteilt haben. Das darin enthaltene Kupfer, Zink und Gold, aber auch seltene Erden wollen die Forscher am Meeresboden gewinnen - konkret erst einmal in einem Areal im Indischen Ozean, für das Deutschland eine Forschungslizenz besitzt. 2029 soll es so weit sein. Dann soll es keine Überraschung geben. Bis zum realen Einsatz ist es noch ein weiter Weg.

Modellversuche zur Problemlösung

Landemodul wird in einem Wassertank herabgelassen. © NDR
Die Forscher versenken das Landemodul in einem Tank, der die Tiefsee simuliert.

Nur noch wenige Zentimeter sind es dagegen, bis das Landemodul den Boden erreicht hat. Fast alle im Raum filmen das Aufsetzen mit ihrem Handy. Die Füße des Moduls berühren den Sand. Niemand scheint zu atmen. Und dann - rutscht das Modul die schiefe Ebene hinab. Eine kleine Sedimentwolke steigt empor.

Forscher Clemens Schütt, ist der erste, der das betretene Schweigen durchbricht: "Ja, das hatten wir so dann ja auch noch nicht." Und dann schon optimistischer: "Aber es ist nicht eingesunken!" Keine fünf Minuten später scheinen sich alle erholt zu haben. Mehr noch: Lösungsansätze schwirren durch den Raum. Die Füße seien nicht ideal, sie müssten eher wie Schneeschuhe konstruiert werden, auf jeden Fall aber größer sein. Bis Mai haben sie dafür noch Zeit. Dann soll schon die nächste Projektphase beginnen. Alles finanziert vom Bundeswirtschaftsministerium. Und was ist mit dem Umweltschutz?

Wirtschaftliche Interessen und Umweltschutz

Der Bergbau in der Tiefsee ist umstritten, unter anderem, weil er den Lebensraum vieler, teils noch unerforschter Lebewesen, zerstört. Und gerade weil der Bergbau nicht nur in der Tiefsee so viel Schaden anrichten kann, wollen sie zeigen, dass es auch anders geht, sagt Martin Sobczyk von der Bergakademie Freiberg. Aber natürlich gehe es dabei auch um wirtschaftliche Interessen: "Am Ende tun wir es ja nicht zum Selbstzweck, sondern weil die Rohstoffe dringend benötigt werden."

Bergbau sei immer dann sicher, wenn er unter gesicherten und kontrollierten Bedingungen läuft, so Sobczyk. "Und daher ist es gut, dass Deutschland ganz vorn mit dabei ist, mit sehr hohen Auflagen für den Umweltschutz, den wir beachten wollen und natürlich auch müssen."

Hohe Konzentration an Erzen in der Tiefsee

Vertikaler, minimalinvasiver Abbau nennt sich das Verfahren, das im Projekt getestet wird. Dabei sollen, wie bei einem chirurgischen Eingriff keine großen Narben entstehen. Nur punktuell sollen Löcher gebohrt und das Erz mit Buntmetallen und Edelmetallen Edelmetalle sowie andere Spurenmetalle aus dem Boden befördert werden. Die Konzentration der im Erz enthaltenen Rohstoffe sei in der Tiefsee ohnehin höher als in den Vorkommen an Land. Der Flächenverbrauch deshalb geringer. Sobczyk glaubt, am Ende könne diese Art des Bergbaus womöglich sogar effizienter und umweltschonender sein als an Land.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Radio MV | Nachrichten aus Mecklenburg-Vorpommern | 30.01.2024 | 19:30 Uhr

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