Uni-Medizin Rostock: Neues Zentrum für Menschen mit Behinderung
Im neuen Zentrum der Universitätsmedizin Rostock werden Menschen mit geistiger oder körperlicher Behinderung nicht nur medizinisch versorgt, sie werden auch im Alltag unterstützt.
Schwierigkeiten, sich in die Gesellschaft einzugliedern, sind für Menschen mit Behinderung Alltag. Sich in der Wohngruppe zurechtzufinden, eine Arbeit anzutreten oder den passenden Rollstuhl auszuwählen, kann belastend sein. "Oft erkennen Menschen mit Behinderung ihre Probleme gar nicht selbst, zum Beispiel wenn der Zustand der Zähne schlecht ist. Betroffene haben meist viele Probleme gleichzeitig" , erklärt Professor Uwe Walter, Leiter und Neurologe im neuen Medizinischen Behandlungszentrum für Erwachsene mit geistiger Behinderung oder schwerer Mehrfachbehinderung (MZEB). Die neue Anlaufstelle hat vor kurzem ihre Türen geöffnet. Dort soll Menschen mit Behinderung langfristig auf körperlicher und auch seelischer Ebene geholfen helfen.
"Wir verstehen uns als Partner und Ergänzung unserer niedergelassenen Kolleginen und Kollegen in der ambulanten Behandlung. Wir sind keine Konkurrenz. Wir sind keine Einrichtung, die Patienten wegnimmt, sondern wollen mithelfen und entlasten", so Walter. Im Moment befindet sich das Zentrum noch in den Räumen der neurologischen Tagesklinik der Universitätsmedizin Rostock im Stadtteil Gehlsdorf. Im kommenden Jahr soll es ein eigenes Gebäude bekommen.
Ein fünfköpfiges Team startet
Im Zentrum schaut ein multiprofessionelles Team ganzheitlich auf jede Patientin und jeden Patienten. Mit dabei sind ein Neurologe, eine Allgemeinmedizinerin, eine Sozialpädagogin, ein Physiotherapeuten und eine medizinische Fachangestellte. "Das ist die minimale Kompetenz, um an den Start zu gehen", so Uwe Walter. Bereits im nächsten Jahr komme eine Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie dazu. "Mit den unterschiedlichen Expertisen haben wir mehr Zeit und mehr Augen für unsere Patientinnen und Patienten". Bereits beim ersten Termin finden lange Gespräche mit Uwe Walter als Neurologen oder der Allgemeinmedizinerin und der Sozialpädagogin statt. Danach beraten sie gemeinsam, wie die Person am besten behandelt werden kann, so Walter. Menschen langfristig zu betreuen, stehe im Fokus des MZEB. Medizinisch behandelt das Zentrum schwerpunktmäßig Spastiken, aber auch andere Behinderungen.
Soziale Hilfe für Betroffene
Ein Blick auf die sozialen Aspekte sei unerlässlich, erklärt Walter. Eine Kernaufgabe des MZEB ist, den Patientinnen und Patienten zu helfen, sich besser in die Gesellschaft einzugliedern. Dabei soll sich ihr Wohn-, Pflege- und Arbeitsumfeld verbessern. Um im MZEB behandelt zu werden, muss kein medizinischer Notfall vorliegen. Uwe Walter betont deshalb, dass sich Betroffene, denen es schwer fällt, den Alltag zu bewältigen, sich an das MZEB wenden können.
Bedarf könnte bald schon größer sein
Das Zentrum hat an zwei Tagen in der Woche geöffnet. Bisher kommen täglich im Durchschnitt ein bis zwei Betroffene. "Wir gehen davon aus, dass wir in naher Zukunft drei bis vier Patientinnen und Patienten pro Tag sehen werden", so Walter. Auch durch die Zusammenarbeit mit einer Vielzahl an Vereinen aus der Region, die sich um die Belange von Menschen mit Behinderung kümmern, könnte die Zahl der Patientinnen und Patienten im MZEB steigern. "Auch wird sich der Bedarf erhöhen, weil das MZEB Betroffene aus kooperierenden Kinderzentren, wie dem Sozialpädiatrischen Zentrum in Rostock, übernehmen wird", meint Walter.
Entstehung des MZEB
2015 hatte die damalige Bundesregierung entschieden, dass die ambulanten Versorgungszentren für Menschen mit Behinderung über die Kassenärztliche Versorgung finanziert werden sollen. Seitdem sind bundesweit immer mehr solcher Zentren entstanden. Das erste MZEB in Mecklenburg-Vorpommern wurde vor etwa acht Jahren in Schwerin eingerichtet. Laut Uwe Walter haben die Zentren bereits im Vorfeld zusammengearbeitet, um das Konzept der neuen Anlaufstelle in Rostock zu entwickeln. Sie stehen auch jetzt noch in engem Kontakt und beraten sich unter anderem dabei, wie ihre Patientinnen und Patienten noch besser betreut werden können.