Schwesig regt breite Debatte über Grundgesetz an
Kurz vor dem Tag der Deutschen Einheit hat Ministerpräsidentin Schwesig eine breite Debatte über das Grundgesetz angeregt. Sie greift damit Vorschläge des Bürgerrechtlers und letzten DDR-Außenministers Markus Meckel auf.
Das ging der Staatskanzlei bei der ganzen Inszenierung dann doch irgendwie durch: Ausgerechnet "Dwarskopp" hieß das Boot, auf dem Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) die Segel mit dem Motto ihrer bevorstehenden Bundesratspräsidentschaft hisste. Ein plattdeutscher "Querkopf", der aber passte so gar nicht zum Leitmotiv, das die Regierungschefin zuvor wortreich erklärt hatte: "Vereint Segel setzen" - ein Motto, das gut zum Land mit seiner 2000 Kilometer langen Ostseeküste passe, befand die Ministerpräsidentin, die trotzdem an Bord des "Querkopfs" ging.
Großer PR-Aufwand für Schwesig
Ihr Vorsitz in der Länderkammer beginnt zwar erst im November, aber die Regierungschefin und ihr Social-Media-Team nutzten die Aufmerksamkeit im Vorfeld des Einheits-Tags für griffige Botschaften. Unter grauem Himmel brach die Regierungschefin am Morgen an Bord des "Dwarskopp" zu einem kurzen Törn über den Schweriner See auf - auf Extra-Booten begleitet von Kamerateams und dem PR-Team ihrer Staatskanzlei, dass nachher jede Menge bunte Bilder in die sozialen Medien stellte.
Schwesig: "Zeiten des Umbruchs"
Es sollte der Tag der Ministerpräsidentin werden. Denn kaum wieder an Land, eröffnete die Regierungschefin dann den Festakt zum Tag der Deutschen Einheit - vor mehr als 250 Gästen aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft - auch Schülerinnen und Schüler aus Schwerin waren dabei. Mecklenburg-Vorpommern übernehme mit der Bundesratspräsidentschaft Verantwortung in Zeiten des Umbruchs, meinte Schwesig. Flucht und Migration bewegten die Menschen, ebenso wie der brutaler Krieg Russlands auf die Ukraine, die Menschen sorgten sich wegen der steigende Preise.
Gemeinsame Lösungen suchen
Aber nicht nur das: Der Klimawandel schreite voran, so die Regierungschefin. Gleichzeitig verändere die Digitalisierung und die Künstliche Intelligenz den Alltag. Demokratie stehe unter Druck. Politik müsse zu guten und gemeinsame Lösungen kommen. Es reiche nicht, Unsicherheit und Pessimismus zu verbreiten und nur die Probleme zu beschreiben. Ansonsten - hatte sie noch bei dem morgendlichen Termin im Seglerheim gesagt - gebe man nur einfachen und populistischen Parolen Raum.
Debatte über Grundgesetz
Am Rande ließ die Regierungschefin aufhorchen, denn die designierte Bundesratspräsidentin regte in einer Talkrunde eine breite Debatte über das Grundgesetz an. Es sei möglicherweise ein Fehler gewesen, dass es nach 1990 in Ost und West keine gemeinsame Abstimmung über die Verfassung gegeben habe, meinte sie anschließend im Interview mit dem NDR. Schwesig griff damit Vorschläge des Bürgerrechtlers und letzten DDR-Außenministers Markus Meckel auf. Der Sozialdemokrat hatte kritisiert, dass das Grundgesetz auch mehr als 30 Jahre nach der Einheit noch immer vorläufig sei - das sei so in Artikel 146 geregelt.
Meckel: "Nicht viele Feinde der Demokratie"
Diese Vorläufigkeit müsse gestrichen werden. "Lasst uns das Grundgesetz zu unserer Verfassung machen", sagte Meckel in einem Interview mit der Nachrichtenagentur dpa. Das Grundgesetz sei "toll". Wer sich nicht dahinter versammeln könne, der solle das in der Debatte mal sagen, so Meckel. Er vermutet, viel Kritik werde da nicht zusammenkommen: "Die wirklichen Feinde der Demokratie sind nicht so viele", zitiert ihn dpa.
Schwesig will Vorschläge prüfen
Zum 35. Einheitsjubiläum könne dann, so Meckel, ein Fazit gezogen werden - mit einer Abstimmung in Bundestag und Bundesrat. Änderungen des Grundgesetzes brauchen jeweils eine Zwei-Drittel-Mehrheit. Auch Schwesig sieht offenbar Diskussionsbedarf. Meckels Vorschläge seien klug, darüber müsse man in einen Austausch gehen - der Gedanke, dass sich ganz Deutschland hinter seinem Grundgesetz versammelt, sei richtig und wichtig. Schwesig übernimmt Anfang November den Vorsitz in der Länderkammer - sie wolle die Vorschläge Meckels jedenfalls "ergebnisoffen" prüfen.