Rostocker Versuchsanlage: So entsteht Wasserstoff aus Ammoniak
Von 2026 an könnte im Rostocker Seehafen grüne Energie in Form von Wasserstoff durch die Aufspaltung von Ammoniak entstehen. In einer Demonstrationsanlage wollen drei Unternehmen die Technik und die Wirtschaftlichkeit untersuchen.
Es ist der nächste Schritt in Rostock, die technischen Voraussetzungen zu schaffen, saubere Energie zu produzieren. Die Energieunternehmen Energie Baden-Württemberg AG (EnBW), dessen Tochter, der Leipziger Gasversorger VNG sowie der japanische Energieversorger JERA haben sich zusammengeschlossen, um zu untersuchen, ob in Rostock eine Demonstrationsanlage zur Aufspaltung von Ammoniak zu Wasserstoff entstehen kann.
Wasserstoff aus Ammoniak: Darum geht es
Deutschland will auf fossile Brennstoffe weitgehend verzichten und setzt künftig auf saubere Energie aus erneuerbaren Energiequellen. Deshalb werden in Zukunft große Mengen an Wasserstoff gebraucht, um Teile des Energiebedarfs zu decken. Dafür gibt es verschiedene Wege. Eine Möglichkeit ist, den Wasserstoff in Deutschland zu produzieren. Das passiert schon jetzt in geringen Mengen, auch in Laage bei Rostock, in einem sogenannten Elektrolyseur. In dieser Anlage wird Wasser mithilfe von grüner Energie aus Windkraft und Solarenergie zu Wasserstoff aufgespalten.
Schwieriger Transport
Eine andere Möglichkeit ist, den Wasserstoff zu importieren. Doch das ist teuer und aufwendig: Wasserstoff ist wegen seiner geringen Dichte schwer zu transportieren. Hier kommt der Ammoniak ins Spiel - er besteht aus Wasserstoff und Stickstoff. Dieser lässt sich dann gut per Schiff transportieren. Eine Expertise darin hat unter anderem der Düngemittelproduzent YARA, der auch eine Niederlassung im Rostocker Hafen hat und Deutschlands größtes Ammoniaklager betreibt. Um an den Wasserstoff zu gelangen, der im Ammoniak enthalten ist, muss man die Verbindung wieder aufspalten, englisch "cracken", in einem Ammoniak-Cracker.
Dafür wird die Demonstrationsanlage gebraucht
Schon im April hatte das Unternehmen YARA seine Absicht erklärt, VNG mit Ammoniak zu beliefern. In dem Zusammenhang wurde bekannt, dass im Rostocker Hafen ein Ammoniak-Cracker entstehen soll. So eine Industrieanlage gibt es weltweit noch nicht. Deshalb soll zunächst eine kleinere Demonstrationsanlage gebaut werden. "Die Anlage soll bessere Erkenntnisse zum technischen Verfahren liefern, als Laborversuche es können", sagt Sebastian Heinisch, verantwortlich für die Bereiche Strategie und Umsetzung bei VNG. Außerdem wollen die Investoren Erkenntnisse zu Angebot und Nachfrage gewinnen. Noch ist unklar, unter welchen Bedingungen ein Ammoniak-Cracker wirtschaftlich betrieben werden kann.
Das kostet die Anlage und das kann sie produzieren
Die Unternehmen geben sich zu den Kosten bedeckt. Aus dem Investorenumfeld heißt es, der Versuchs-Cracker koste einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag. Wenn alle offenen Fragen kurzfristig geklärt werden, könne er bereits 2026 Wasserstoff produzieren. Doch zwei Voraussetzungen müssen zunächst erfüllt sein: Ein passender Standort auf dem Hafengelände - und Abnehmer für den Wasserstoff müssen gefunden werden.
Flächen sind knapp im Rostocker Hafen. Als Standort böte sich der von YARA betriebene Chemiehafen an. Ob die Anlage dort entstehen wird, dazu äußern sich die Unternehmen noch nicht. Passende Abnehmer aus der Industrie fehlen ebenfalls noch. Die Schwierigkeit: Wasserstoff ist ein teurer Energieträger. Für Unternehmen mit einem hohen Energiebedarf lohnt sich der Umstieg derzeit nicht.
Ein Ammoniak-Cracker in Rostock: Das sind die Vorteile
Ammoniak wird Deutschland vor allem auf dem Seeweg erreichen. Die Hafenstadt Rostock hat bereits ein Ammoniak-Terminal. Und auch für die Aufspaltung des Ammoniaks zu Wasserstoff steht ausreichend grüne Energie aus Windparks zur Verfügung. Das Unternehmen VNG gibt zudem an, dass man sich als ostdeutsches Unternehmen verstehe, im Osten stark vertreten sei und auch deshalb auf Rostock setze. Die Hansestadt Rostock hält darüber hinaus Aktienanteile über die Verbundnetz Gas Verwaltungs- und Beteiligungsgesellschaft (VUB) an der VNG.