"Rostocker Oval": Neue Pläne, alte Fehler - ein Offenbarungseid?
In den kommenden Jahren sollen trotz der BUGA-Absage hunderte Millionen Euro in Rostock investiert werden. Doch der "Rostock-Plan" droht nicht aufzugehen. Ob die Visionen rund ums "Rostocker Oval" Wirklichkeit werden, steht in den Sternen.
Ganz oben auf der Wunschliste der Stadtplaner stehen unter anderem das hochwasser- und tourismustaugliche Update im Stadthafen, eine vermeintlich "grüne" Flussquerung und nicht zuletzt ein prestigebesetztes Modellquartier an der Unter-Warnow. In Verbindung mit anderen kleineren Vorhaben bilden sie das "Rostocker Oval".
Der Rostock Plan und das Rostocker Oval:
Allesamt sind das Vorhaben, die den Steuerzahler mehrere hundert Millionen Euro kosten könnten. Gezahlt aus der Stadtkasse und über Fördermittel von Land und Bund. Am 14. März sollen in der Arbeitsgruppe "Rostock Plan", ins Leben gerufen von der Landesregierung, die Karten auf den Tisch gelegt werden. Die Fragen: Wie weit ist Rostock bei der Planung? Was werden die prestigeträchtigen Bauten am Ende kosten? Wann könnte losgelegt werden? Zuletzt hatte Rostocks Oberbürgermeisterin Eva-Maria Kröger (Die Linke) Mitte Februar die Landesregierung über den Stand der Planungen informiert. Dem NDR liegt das Papier vor. Erst nach langem Drängen wurde heute die Vorlage auch an die Fraktionen der Bürgerschaft verteilt.
Baustart für Warnowbrücke Anfang 2025
Am prestigeträchtigsten ist wohl die Brücke über die Warnow nach Gehlsdorf. Die Papiere belegen jedoch, dass sich das Planfeststellungsverfahren für die Fußgänger- und Radfahrerbrücke hinzieht. Wenn jetzt alles glatt geht, soll Anfang 2025 mit dem Bau begonnen werden - zwei Jahre später als ursprünglich gedacht. Wenn Rostock am 14. März den Stand der Dinge präsentiert, muss Ute Fischer-Gäde in ihrer Verantwortung als Bausenatorin eingestehen, dass die "statisch-konstruktive Nachbesserung" immer noch "in Arbeit", ist. So wie die meisten der aufgelisteten Vorhaben.
Im Juli 2022 wurden die Bau- und Baunebenkosten für die Brücke mit 44,7 Millionen Euro angegeben, aber nicht ausgeschlossen, dass es wohl eher 51 Millionen werden könnten. In der Zuarbeit für die Landesregierung ist jetzt aber zu lesen, dass bis Ende 2030 mehr als 53 Millionen Euro für das Brückenbauwerk fällig werden könnten.
Hochwasserschutzmauer wird zum Problemfall
Blühende Landschaften, bei der "weich modellierte Erdhügel auf die Rauigkeit der Hafenflächen treffen", wie es im Siegerentwurf der Landschaftsarchitekten aus Berlin heißt, sind der Plan, für den seit Jahr und Tag grob vernachlässigten Rostocker Stadthafen. Das gilt entlang der vielleicht drei Kilometer langen Kaikante zwischen Silohalbinsel und Haedgehafen. Aus den ursprünglich geplanten 35 Millionen Euro Gesamtkosten sind zwischenzeitlich mehr als 53 Millionen Euro geworden, wie dem Bericht an die Landesregierung zu entnehmen ist.
Doch das wird lange nicht reichen. Denn das wirkliche Problem beim "Aufhübschen" an der Pier liegt einige Meter tiefer im unterirdischen Bauraum: Kommt die vom Land verlangte Hochwasserschutzmauer, kann das Regenwasser aus der Stadt nicht mehr ungehindert in die Warnow abfließen. Daraus ergibt sich, dass unterirdisch auch für die sogenannte Binnenentwässerung gesorgt werden muss, die unmittelbar unter der Lebensader der Stadt, der Landesstraße 22 verläuft. Die erwartbaren Kosten belaufen sich auf etwa 69 Millionen Euro - eine Summe, die bisher in keiner Rechnung auftauchte. Stadt und Land streiten um die Zuständigkeit, berichten Insider. Auf die Frage, warum das Problem erst jetzt sichtbar geworden ist, hat auch Oberbürgermeisterin Kröger keine Antwort.
Das Warnow-Quartier auf tönernen Fundamenten?
Rund 40 Millionen Euro soll das Modellviertel im Rostocker Osten, das Warnow-Quartier, kosten. Das Planverfahren für die Bebauung laufe, so die Stadtverwaltung. Sehr viel mehr ist öffentlich jedoch nicht bekannt. Laut der bislang internen Rechnung werden bereits deutliche Kostensteigerungen erwartet. Dort ist bereits von 53 Millionen Euro die Rede. Und da sind ein geplantes Mehrgenerationenhaus und die neuen Werkstätten für das Volkstheater Rostock nicht inklusive. Für beide Gebäude sind in Summe noch einmal bis zu 35 Millionen Euro vorgesehen. Doch die Zeit drängt: Die allein für das Warnow-Quartier zugesagten Fördermittel von 32 Millionen Euro müssen bis Ende 2026 verbaut werden. Denn dann enden die Förderperioden. Das sei nicht zu schaffen, so die Selbsteinschätzung der Stadtverwaltung. Fertig werde das Modell-Quartier, das ist in den bislang internen Unterlagen zu lesen, nicht vor 2028.
Die großen Zukunftsbaustellen der Hansestadt
Warnow-Brücke, Stadthafen und das Warnow-Quartier sind nicht die einzigen großen Zukunftsbaustellen in Rostock. Beschlossene Sache ist, dass, ebenfalls an der Kaikante, bis 2030 das Archäologische Landesmuseum gebaut werden soll. Veranschlagte Kosten: Mindestens zehn Millionen mehr als geplant und damit rund 55 Millionen Euro. Fast in Steinwurfweite soll dann noch der Theaterneubau entstehen. Der ambitionierte Plan sieht vor, dass Mitte 2028 die erste Premiere gefeiert werden soll. Die bisher kalkulierten Kosten belaufen sich aktuell auf rund 184 Millionen Euro. Rein rechnerisch heißt das, dass allein für die hier beschriebenen Projekte fast eine halbe Milliarde Euro in die Hand genommen werden müssen. Aus den Kassen von Bund, Land und Stadt - und damit in allen Fällen aus den Taschen der Steuerzahler. Sybille Bachmann, sie sitzt als Fraktionsvorsitzende für den Rostocker Bund in der Bürgerschaft, befürchtet, dass Land und Bund ihr Geld zurückhaben wollen und der Bau der Prestigeprojekte ins Wasser fällt.
Am 14. März kommen die Karten auf den Tisch
Die Stadt wird sich am 14. März erneut die Frage gefallen lassen müssen, ob die Verwaltung leistungsstark genug ist, diese geplanten Investitionen diesmal auch wirklich umzusetzen. Die Vertreter der Landesregierung in der AG Rostock Plan werden bei den Antworten wohl immer im Kopf haben, dass die Hansestadt erst vor wenigen Monaten bei der BUGA Absage einen Offenbarungseid hatte leisten müssen. Noch einmal kann sich Rostock das nicht leisten. Einen weiteren Blankoscheck bei der Vergabe von Fördermitteln wird es wohl eher nicht geben.