Rostock: Nach mehr als 60 Jahren schließt die OZ-Druckerei
In der Nacht zu Mittwoch ist die "Ostsee-Zeitung" (OZ) zum letzten Mal in Rostock gedruckt worden. Künftig wird sie in neuem Format in Neubrandenburg hergestellt.
Es war 19 Uhr, als sich am vergangenen Donnerstagabend die Hallen hinter dem Verlagsgebäude der Ostsee-Zeitung in Rostock füllten. Wie fast jeden Abend seit mehr als 60 Jahren sollte wenige Stunden später der Druck der aktuellen Ausgabe beginnen. Doch an diesem Abend blieben die Drucker nicht unter sich. Bei ihnen waren - aus Solidarität - langjährige Kollegen aus dem Vertrieb und der Redaktion der Tageszeitung – und Johannes Brückner, Tarifsekretär bei der Gewerkschaft ver.di. Symbolisch legten sie für zehn Minuten vor den Toren des OZ-Geländes die Arbeit nieder. Denn die Druckerei wird zum 1. April geschlossen. Für etwa 45 Drucker und Bildsetzer ist es das Aus.
Kapazitäten auslasten, Fixkosten senken
Künftig kommt die gedruckte OZ aus Neubrandenburg. Der Grund, der seitens des Verlags angegeben wird, lautet, dass die Auflage nicht hoch genug sei, um die eigene Druckerei zu betreiben. Der vom Verlag ebenfalls herausgegebene "Ostseeanzeiger" wurde zum Jahresende 2022 eingestellt. Dadurch sank die Auslastung der Druckerei. OZ-Geschäftsführerin Imke Mentzendorff erklärte die Schließung der Druckerei so: "Neben der Ostsee-Zeitung werden in Neubrandenburg auch andere Titel gedruckt. Diese Konsolidierung ermöglicht es, die hohen Fixkosten einer Druckerei auf mehrere Titel zu verteilen, davon profitieren alle." Ver.di vermutete, dass auch Löhne und Gehälter eine Rolle gespielt haben. Die Frage, wie viel die OZ beim Produzieren in Neubrandenburg spart, weil es dort – anders als bei der eigenen Druckerei in Rostock – keinen Tarifvertrag gibt, ließ Mentzendorff auf NDR-Anfrage unbeantwortet.
"Aktuelles, aber kein neues Phänomen"
Größter Gesellschafter des OZ-Mutterkonzerns Madsack ist die ddvg, die Medienholding der SPD. Mecklenburg-Vorpommern Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) machte sich zuletzt immer wieder dafür stark, dass Tariflöhne gezahlt werden. Trotzdem wurde gegen eine Druckereischließung nichts unternommen, kritisiert die Gewerkschaft. Christian Eggert vom Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger glaubt nicht, dass die Schließung in Rostock das Ende der Print-Ära ankündigt. "Dass Druckkapazitäten von Zeitungsverlagen zusammengelegt werden, ist ein aktuelles, aber kein neues Phänomen." Bei jeder neuen Investition in Drucktechnik, die etwa alle 15 bis 20 Jahre ansteht, würden die Verlage prüfen, ob Standorte zusammengelegt werden können. In der OZ-Druckerei in Rostock stehen Maschinen, die 15 Jahre lang fast jeden Tag gedruckt haben. An ihnen wären bald teure Reparaturen nötig gewesen, erzählt ein Drucker.
Die Gewerkschaft macht sich stark
Einer von der Schließung betroffener Drucker ist Roland Dahl. Für ihn kam das Ende abrupt: "Das ist natürlich ein großer Einschnitt in meinem Leben, wenn dann der Job wegfällt." Mit 16 Jahren hat er bei der OZ angefangen, 38 Jahre später endet dort seine Zeit am Monatsende. Für ihn und die anderen rund 45 Angestellten haben Gewerkschaftler mit dem Verlag ausgehandelt, dass es neben einer Abfindung eine einjährige Transfergesellschaft geben soll, um den Angestellten zu helfen, eine neue Arbeit zu finden. Wer mindestens 60 Jahre alt ist, kann in Altersteilzeit gehen. Betriebsrat Christoph Hohlfeld wies unterdessen auf einen Nachteil hin, der aus seiner Sicht auf die Leserinnen und Leser durch den Druck in Neubrandenburg zukommt. "Da bald statt um Mitternacht schon um 21 Uhr Schluss ist mit Änderungen", werde die gedruckte OZ an Aktualität abnehmen. Berichte über Veranstaltungen am späteren Abend könnten am nächsten Tag nicht mehr in der gedruckten OZ auftauchen.