Lutz Buschkow, ehemaliger Wassersprung-Bundestrainer. © pa

Rostock: Lutz Buschkows Rückkehr auf die Bühne des Sports

Stand: 18.01.2024 11:19 Uhr

Der ehemalige Bundestrainer im Wasserspringen ist mittlerweile Präsident des Internationalen Springertags in Rostock - trotz der Vorwürfe gegen ihn im Missbrauchsfall Jan Hempel. Er selbst, sagt er, habe sich nichts vorzuwerfen.

von Arne Steinberg

Der Internationale Springertag in der Rostocker Neptunschwimmhalle gilt als Institution im Wasserspringen. Der Trägerverein beschreibt das Event als "eine der ältesten sportlichen Traditionsveranstaltungen im Norden" - die derzeit nach drei Jahren Pause erstmals wieder stattfindet. Für die Ausrichtung des Wettbewerbs hat sich der Verein eine prominente Figur des deutschen Wasserspringens an Bord geholt: Die Mitglieder wählten im September den früheren Bundestrainer Lutz Buschkow zum Präsidenten.

Buschkow blickt auf eine lange Karriere im Deutschen Schwimm-Verband (DSV) zurück: Er war zuerst Bundesstützpunkttrainer in Berlin, nach seiner Tätigkeit als Jugend-Bundestrainer übernahm er 2002 die Gesamtverantwortung für das Wasserspringen in Deutschland und wurde Chef-Bundestrainer. Zwischen 2008 und 2016 fungierte der gebürtige Berliner als Leistungssportdirektor des DSV. 2021 kehrte er kommissarisch in diese Funktion zurück, weil der DSV zuvor Thomas Kurschilgen als Leistungssportdirektor entlassen hatte. Bis zu seiner Suspendierung im August 2022 war Buschkow drei Jahrzehnte im DSV aktiv gewesen, wurde im Verband zu einer der einflussreichsten Figuren.

Hempels Vorwurf: Buschkow wusste Bescheid

Buschkows Suspendierung erfolgte nur wenige Stunden nach der Veröffentlichung einer ARD-Dokumentation mit dem Titel "Missbraucht: Sexualisierte Gewalt im Deutschen Schwimmsport". Darin erhob der ehemalige Wasserspringer Jan Hempel massive Vorwürfe gegen seinen früheren Trainer Werner Langer. Von 1982 bis 1996, so Hempels Darstellung, habe Langer ihn schwer sexuell missbraucht. Langer beging im Jahr 2001 Suizid. In der Doku belastete Hempel auch Buschkow schwer.

"Ich habe es am eigenen Leib viele Jahre spüren müssen, dass dem DSV nur der sportliche Erfolg wichtig ist", sagte Hempel und ergänzte: "Es wird einfach über Leichen gegangen. Wenn man nicht mitzieht, dann fliegt man raus." Hempels Vorwurf an Buschkow: Dieser habe damals von den Vorwürfen gewusst, aber nicht zur Aufarbeitung beigetragen. Buschkow solle, so Hempel, 1997 von der damaligen Bundestrainerin Ursula Klinger informiert worden sein. Ihr hatte sich Hempel zuvor anvertraut.

Auf die vorläufige Suspendierung folgt die Kündigung

In der Doku bestätigte ein weiterer Zeitzeuge, der anonym bleiben wollte, Hempels Version. Auf die Anfrage der ARD reagierte Buschkow damals nicht. Nach der Ausstrahlung meldeten sich zwei DSV-Funktionäre bei der ARD, die ebenfalls anonym bleiben wollten. Auch sie gaben an, dass Buschkow von Langers Missbrauch an Hempel gewusst habe. Der DSV hatte Buschkow am Tag der Ausstrahlung und während der Schwimm-Europameisterschaften in Rom suspendiert. In einer Stellungnahme hieß es, der DSV-Vorstand habe "aufgrund seiner hohen moralischen Ansprüche" entschieden, Buschkow "bis zur finalen Klärung des Sachverhaltes" freizustellen.

Buschkow selbst äußerte sich erst einige Tage später in einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Darin bestritt er, vor dem Sommer 2022 von Hempels Missbrauch durch Langer gewusst zu haben. Mitte Oktober sprach der DSV dann eine fristlose Kündigung gegen Buschkow aus, gegen die der heute 66-Jährige klagte. Nach einer internen Befragung von mehr als 50 Personen, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten im DSV beschäftigt waren, sei der Vorstand zu der Erkenntnis gelangt, dass auch Buschkow davon gewusst und dementsprechend gegenüber der FAZ falsche Angaben gemacht habe.

"In meiner neu gewonnenen Freizeit": Buschkows Vorfreude

Beide Parteien trafen sich erstmals im Mai 2023 vor dem Arbeitsgericht Halle. Dort lautete die zentrale Frage: Ab wann wusste Lutz Buschkow von den Missbrauchsvorwürfen? Beide Parteien blieben bei ihrer Darstellung, ein Urteil erging nicht. Der DSV hatte auf der Mitgliederversammlung im vergangenen Dezember angekündigt, eine außergerichtliche Einigung anzustreben, was aber bis dato nicht gelang. DSV-Vizepräsident Kai Morgenroth sagte dazu: "Buschkow geht es um öffentliche Rehabilitation, und vor Gericht wird der Schaden für alle größer." Am 21. Februar findet der nächste Termin statt - dieses Mal wohl mit Zeugen.

Zuvor jedoch betritt Buschkow am Wochenende die große Sportbühne in Rostock: Als Präsident des Internationalen Springertages. "Es ist eine schöne Aufgabe, in meiner neu gewonnenen Freizeit etwas für das Wasserspringen machen zu können", sagte er der Ostsee-Zeitung im Herbst. Der Springertag sei für ihn eine "Herzensangelegenheit", er verspreche "sehr hochkarätige Wettkämpfe".

"Habe mir keine Versäumnisse vorzuwerfen"

Vize-Präsident Andreas Kriehn erklärte damals: "Lutz Buschkow verfügt über große internationale Erfahrung und hat seine Fähigkeiten seit Jahrzehnten unter Beweis gestellt - wir hätten keinen Besseren finden können." Hempels Vorwurf und die Kündigung durch den DSV hätten diese Einschätzung nicht verändert, erklärt Kriehn. "Natürlich habe ich mir Gedanken gemacht. Aber es gibt keine rechtlichen Bedenken gegen diesen Schritt." Buschkows persönliche Integrität stünde nicht zur Diskussion, die Vorwürfe gegen ihn seien "Verleumdung".

Erstmals seit Beginn des Rechtsstreits äußerte sich Buschkow dieser Tage im Gespräch mit der dpa. "Wenn Sie so durch die Medien gezogen werden, dann geht das schon ganz schön an die Nieren", sagte er und betonte: "Ich weiß selbst, was wahr ist und was nicht." Von seinem Umfeld habe er viel Unterstützung erfahren, für ihn gelte "wie für jeden anderen die Unschuldsvermutung". Er habe sich "keine Versäumnisse vorzuwerfen". Buschkow sagte, ihn störe zudem die aus seiner Sicht „nicht gut genug recherchierte Berichterstattung“.  

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Radio MV | Nachrichten aus Mecklenburg-Vorpommern | 18.01.2024 | 18:10 Uhr

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