Reaktionen auf MV-Trend: AfD will regieren, SPD warnt vor Krawall-Politik
Die neueste Meinungsumfrage im Auftrag des NDR lässt die AfD-Spitze in Mecklenburg-Vorpommern frohlocken. AfD-Landeschef Leif-Erik Holm will bei der nächsten Wahl in die Staatskanzlei einziehen. Die SPD warnt vor einem "Zurück in dunkle Zeiten".
Das Ende der Sommerpause und den Einstieg in den parlamentarischen Normalbetrieb hätten sich die sonst so erfolgsverwöhnten Sozialdemokraten in Mecklenburg-Vorpommern anders vorgestellt: Nach der repräsentativen Umfrage von infratest dimap im Auftrag des NDR landet die SPD erstmals hinter der AfD. Sie kommt nur noch auf 23 Prozent - neun Punkte hinter den Rechtspopulisten, die lange Jahre auf Distanz gehalten werden konnten. Jetzt geht die Pole-Position an die AfD.
Barlen: "SPD nimmt Sorgen sehr ernst"
In einer Telefonschalte hat der SPD-Landesvorstand am Dienstagmorgen eilends die Zahlen beraten. Landesgeneralsekretär Julian Barlen gab danach sinngemäß die Parole aus: Die Ampel-Koalition in Berlin ist schuld. Die Menschen seien angesichts der Krisen und Veränderungen unzufrieden. Die Umfrage spiegele den bundesweiten Trend wider, erklärte Barlen. Die Ampel-Parteien würden bundesweit verlieren - und die SPD sei dabei, so Barlen im Interview mit dem NDR. Der Rostocker Landtagsabgeordnete sagte, die SPD nehme die Sorgen sehr ernst, das gelte auch für die Frage der Zuwanderung.
Migration wichtiges Thema für Wähler
Laut Umfrage ist das für die meisten Wählerinnen und Wähler die drängendste Aufgabe für die Politik. Es gehe, so Barlen, weiter um eine humanitäre Verantwortung bei der Unterbringung. Klar sei aber auch, es brauche "klare Regeln, auch Abschiebungen derer, die nicht bleiben können". Deutschland könne die Probleme nicht alleine meistern. Barlen sagte aber auch, Mecklenburg-Vorpommern müsse sein "freundliches Gesicht bewahren", es dürfe kein Zurück in dunkle Zeiten geben. Barlen gilt als enger Vertrauter von Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD), die sich nach überstandener Krebserkrankung einer neuen Reha unterzieht.
AfD fordert Kurswechsel in Migrationspolitik
Auch AfD-Fraktionschef Nikolaus Kramer machte für die Umfrageergebnisse die Politik der Ampel mitverantwortlich. Das Hoch seiner Partei habe nicht "nur mit unserer guten Arbeit zu tun, sondern liegt auch an der desaströsen Politik in Berlin". AfD-Landeschef Holm wertete das Umfrageergebnis als "Erdbeben". Ministerpräsidentin Schwesig würden "die Leute wegrennen, die Bürger wollen eine echte Alternative und das möglichst auch in der Regierung". Holm appellierte an die CDU, sich einem Bündnis mit seiner Partei nicht zu verweigern. Es müsse einen echten Kurswechsel in der Migrationspolitik geben. Rot-rot habe keine Mehrheit mehr, so Holm.
Enttäuschung auch bei Linken
Dieses Fazit der Umfrage zog auch CDU-Landeschef Franz-Robert Liskow. Seine Union kommt auf 18 Prozent. Das ist ein Plus im Vergleich zur Landtagswahl. Liskow zeigte sich damit nicht zufrieden. "Das könnte gerne noch höher werden." Im Moment liegt die CDU, die zuletzt harte Töne in der Asyldebatte anschlug und eine deutliche Begrenzung forderte, auf Platz drei im Parteien-Ranking. Enttäuscht reagierte die Spitze der Linkspartei auf das Umfrageergebnis von acht Prozent. "Nicht zufriedenstellend", kommentierten die Vorsitzenden Vanessa Müller und Peter Ritter. Auch die gesunkenen Zustimmungswerte für die rot-rote Koalition seien "Anlass, die Probleme im Land weiterhin konsequent anzupacken". Nur gemeinsam könne es gelingen, Lösungen der vielfältigen Krisen zu finden.
Grüne: "AfD heizt Krisenstimmung an"
Bei der AfD lasse sich beim Thema Zuwanderung "außer Angstmache kein einziger Lösungsansatz erkennen". Die Werte für die AfD seien "besorgniserregend", aber nicht überraschend, so Ritter. Zu einem ähnlichen Fazit kommt die Doppel-Spitze der Grünen. Die Umfrage zeige die Verunsicherung der Menschen, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung. "Populisten und Extremisten nutzen die Krisenstimmung nicht nur aus, sondern heizen sie immer weiter an", sagte Landeschef Ole Krüger mit Blick auf das Abschneiden der AfD. Zuwanderung müsse als Chance begriffen werden, "um den Kräftemangel im Land zu meistern".
FDP unter Fünf-Prozent-Hürde
Den eigenen Umfragewert von acht Prozent quittiert die Co-Vorsitzende Katharina Horn mit Genugtuung. "Wir Bündnisgrüne haben im Vergleich zur letzten Landtagswahl an Zustimmung gewonnen, weil wir die einzige Partei sind, die die drängenden Zukunftsfragen konsequent im Landtag thematisiert". Anders als die Grünen kann die FDP dagegen nicht zulegen - im Gegenteil: Mit drei Prozent wären die Liberalen nicht mehr im Landtag vertreten. FDP-Landeschef René Domke will sich davon nicht entmutigen lassen: "Wir haben noch drei Jahre Zeit, zu zeigen, was wir können", sagte er dem NDR Nordmagazin. Die nächste Landtagswahl steht turnusgemäß Ende 2026 an.
Wirtschaft in MV zeigt sich wenig überrascht
Die Wirtschaft in Mecklenburg-Vorpommern zeigt sich im Hinblick auf die Umfragewerte wenig überrascht angesichts “schlechter Kommunikation der Regierungen in Bund und im Land”. Sie hat die Politik aufgefordert, Lehren aus der jüngsten Meinungs-Umfrage zu ziehen. Die vorherrschende Katerstimmung in der Bevölkerung sei zum großen Teil hausgemacht, erklärte die Vereinigung der Unternehmensverbände, der Arbeitgeberverband. Es fehle das Fingerspitzengefühl für Sorgen und Nöte der Menschen. Kurzfristig sei aber nicht mit negativen Folgen für den Wirtschaftsstandort MV zu rechnen. Ohne die AfD beim Namen zu nennen hieß es allerdings, wenn aus den Umfragewerten Wahlergebnisse würden, sei eine fortschrittliche und weltoffene Politik, die für Wachstum, Wohlstand und Sicherheit stünde, vermutlich nur schwer umsetzbar. Der DGB-Nord warf der AfD zudem eine arbeitnehmerfeindliche Politik vor. Vize-Gewerkschaftschef Ingo Schlüter erklärte, trotz der hohen Umfragewerte sehe er die AfD nicht als stärkste politische Kraft - dazu sei sie personell zu dünn aufgestellt.