Probleme bei Vorzeigeprojekt: Geothermie in Schwerin verzögert sich
Die Inbetriebnahme der Anlage in Schwerin verzögert sich, weil sich Schwebeteilchen in der Sole befinden. Wann das neue Geothermie-Werk ans Netz geht, ist unklar. Zuerst müssen Filter nachgerüstet werden.
"Europaweit einzigartig und ein Leuchtturmprojekt" - so bezeichneten die Stadtwerke Schwerin ihr Geothermie-Heizkraftwerk. Ende April dieses Jahres nahm Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) das Tiefenwärme-Werk in Betrieb, doch jetzt gibt es Probleme an der Anlage. Sie kann erst mal nicht zur Wärmeversorgung Schwerins beitragen. Wann genau die Anlage Energie ins Fernwärmenetz geben kann, können die Stadtwerke noch nicht sagen.
Sandstein sorgt für Probleme
Technisch soll die Anlage fertig sein. Seit September wurde sie Schritt für Schritt in Betrieb genommen. Dabei fiel auf, dass sich in der Sole, die aus 1.300 Metern Tiefe gefördert wird, Schwebeteilchen befinden. Die Sole ist das warme Wasser aus dem Erdinneren, das nach oben gefördert wird. Seit der ersten Bohrung 2018 wurde größtenteils oberirdisch gebaut und wenig aus der Tiefe nach oben gepumpt. In den vergangenen Jahren sollen sich Schwebeteilchen angesammelt haben, die nun an die Oberfläche gelangten. Die Stadtwerke vermuten, dass der Sandstein im Untergrund dafür verantwortlich ist.
Schwebeteilchen könnten Anlage beschädigen
Die geförderte Sole läuft durch Wärmetauscher, die dann wiederum Wasser erhitzen, dass in den Fernwärmekreislauf fließt. An diesen Wärmetauschern muss nun nachgerüstet werden. Filteranlagen zwischen Förderbohrung und den Tauschern sollen die Schwebeteilchen entfernen und dafür sorgen, dass die Wärmetauscher einwandfrei funktionieren. Andernfalls könnte die Anlage beschädigt werden. Wie genau die Filteranlage aussehen soll, wissen die Stadtwerke noch nicht. "So eine Anlage gibt es noch nicht, daher ist das zum Teil auch Forschungsarbeit", so eine Sprecherin. Die genaue Art und Größe der Schwebeteilchen muss noch analysiert werden, und dann muss ein mögliches Filtersystem in die Anlage integriert werden.
Geplant ist, dass die Geothermieanlage im Stadtteil Lankow rund 15 Prozent des Fernwärmebedarfs von Schwerin deckt. Das Projekt kostete die Stadtwerke bisher 20,5 Millionen Euro. Wie sehr diese Kosten jetzt steigen, konnten die Stadtwerke noch nicht sagen.
Vorbild-Standort Schwerin
Einige Tage bevor die Probleme mit den Schwebeteilchen auftraten, hatten die Stadtwerke über den Beginn eines neuen Forschungsprojekts informiert. Für 2,6 Millionen Euro soll das Gestein unter Schwerin digital nachgebaut werden. Die Hälfte der Kosten tragen die Stadtwerke, die andere Hälfte der Bund und das Land. In vier Jahren sollen dadurch neue Standorte für Geothermieanlagen im Stadtgebiet gefunden werden. Schwerin sollte damit Geothermie-Vorbild für andere Städte in Norddeutschland mit ähnlichem Untergrund werden. Die Verzögerungen und Schwebeteilchen-Probleme in Lankow sollen keinen Einfluss auf zukünftige Geothermie-Projekte haben. Wenn die Lösungen gefunden wurden, könnten Filtersysteme direkt in die Planungen für neue Systeme integriert werden.