Nahverkehr in MV: Wo es ohne Auto (noch) nicht geht

Stand: 06.08.2024 15:44 Uhr

Rund zwei Drittel der Orte in Mecklenburg-Vorpommern sind schlecht angebunden - das zeigt eine Datenanalyse des NDR.

von Robert Holm, Michael Hörz

Inge Möller wohnt mit ihrem Mann in Hohen Pritz, ein kleines Dorf im Landkreis Ludwigslust-Parchim. Hier ist es grün, hier ist es ruhig. Aber zum Einkaufen oder zum Arzt muss man fahren: Nach Sternberg oder nach Goldberg. Mit dem Auto dauert es gut eine Viertelstunde. Nach Sternberg fährt früh morgens auch ein Bus, aber den nimmt Inge Müller nicht. "Da kann man sicherlich mitfahren, nach Sternberg rein. Aber dann sitzt man in Sternberg fest und kommt nicht wieder zurück." Der Bus zurück nach Hohen Pritz geht nämlich erst am Nachmittag. 

Rund zwei Drittel der Orte schlecht angebunden

Inge Möller steht am Zaun ihres Grundstückes. Sie zeigt auf das Wohnhaus hinter ihr. "Ich bin hier geboren", sagt sie. "Ich bin 75. Mein Mann ist 80. Wir haben auch darüber gesprochen, wie das mal wird, wenn wir wirklich nicht mehr Auto fahren können." Denn das brauchen sie hier ständig. Hohen Pritz gehört zu den vielen Orten in Mecklenburg-Vorpommern, wo Bus und Bahn für die Menschen keine Rolle spielen. Laut einer NDR Auswertung aller Fahrplan-Daten im Land ist das in rund zwei Dritteln der Gemeinden so. Nur gut ein Drittel werden zumindest Montag bis Freitag zwischen 6 und 20 Uhr zu jeder Stunde mit Bus oder Bahn angefahren.

Größere Städte in MV mit Bus und Bahn gut zu erreichen

Das sind hauptsächlich die touristischen Regionen sowie die größeren Städte und deren Speckgürtel. Bobitz ist so ein Ort. Er liegt im (erweiterten) Speckgürtel von gleich zwei Städten: Schwerin und Wismar. Die sind gut erreichbar. Mit der Bahn geht es aber auch direkt nach Lübeck, Güstrow, Bützow oder nach Grevesmühlen. Und das nutzen viele Ältere, erzählt der Rentner Reinhard Dopp aus Bobitz. "Vom Bahnhof Grevesmühlen sind die Verkaufsstellen nicht weit weg. Du kannst da auch als Älterer bequem hingehen und einkaufen. Und dann in zwei Stunden mit dem Zug wieder zurück. Das ist gut möglich." Auch junge Menschen ohne Führerschein profitieren davon. "Ich besuche so Verwandte oder fahre in Großstädte zum Shoppen," erzählt Aylien Benthien aus Bobitz. Sie ist 17 und nutzt in diesen Wochen Bus und Bahn vor allem, um zu ihrem Ferienjob zu fahren. Aber manchmal nimmt sie den Zug auch nur, um einfach mal ein bisschen rauszukommen.

Rufbus als Alternative zum Auto

Davon können sie in Hohen Pritz nur träumen. Doch es gibt auch hier eine Möglichkeit, zu jeder Stunde wegzukommen. Hohen Pritz wird nämlich mittlerweile vom Rufbus angefahren. Aber Inge Möller hat ihn noch nie benutzt. "Ich weiß nicht, wie das funktioniert. Ich kann dazu nichts sagen." Dabei fahren gerade hier im Landkreis Ludwigslust-Parchim schon viele Menschen Rufbus. Der Kreis gilt als Rufbus-Vorreiter in Mecklenburg-Vorpommern. Gingen am Anfang noch 200 Rufbusbestellungen am Tag bei der Verkehrsgesellschaft Ludwigslust-Parchim ein, sind es heute nach Unternehmensangaben schon 400, manchmal sogar 500.

Im Landkreis Ludwigslust-Parchim fährt der Rufbus der Verkehrsgesellschaft Ludwigslust-Parchim (VLP) je nach Fahrplan der Rufbuszone die Haltestellen im Ort an. Wer außerhalb einer regulären Haltestelle zu- oder aussteigen will, zahlt ein Serviceentgelt von 1 Euro zusätzlich zum regulären Preis, den die Fahrt mit dem Linienbus kostet.

 "Mein Auto steht jetzt schon wochenlang "

Für Eberhard Buschmann aus Setzin bei Hagenow gehört der Rufbus schon zum Alltag dazu. Er ist 82 Jahre alt und nimmt ihn im Moment ein, zwei Mal pro Woche für die Einkaufsfahrten nach Hagenow. "Das ist bequem, einfach und risikolos", sagt er. "Ich brauche nicht mit dem eigenen Auto fahren. Mein Auto steht jetzt schon wochenlang, ohne dass ich damit gefahren bin. Ich bin ganz froh, dass ich Rufbus fahren kann." Wer ein 49-Euro-Ticket hat, muss für den Rufbus nichts extra zahlen im Landkreis Ludwigslust-Parchim. Das Land unterstützt den Rufbus-Betrieb hier mit 2,5 Millionen Euro im Jahr. Immerhin fahren mehr als 50 Fahrer in drei Schichten mit 37 Fahrzeugen. Bis zu zwei Stunden vor Abfahrt kann man den Rufbus bestellen, rund um die Uhr. Zwischen 0 und 4 Uhr in der Nacht ist das Angebot allerdings ausgedünnt.

In ganz Mecklenburg-Vorpommern wird das Rufbussystem gerade ausgebaut. Davon könnten die Menschen in den Dörfern profitieren - auch in Hohen Pritz.

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Dieses Thema im Programm:

Nordmagazin | 06.08.2024 | 19:30 Uhr

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