Nach Tortenangriff auf Lindner: War das Sicherheitskonzept ausreichend?
Nach dem Angriff mit einer Schaumtorte auf FDP-Chef Lindner in Greifswald wird über das Sicherheitskonzept der Veranstaltung diskutiert. Welche Konsequenzen der Angriff für die Tortenwerferin hat, ist noch unklar.
Nach Informationen des NDR soll es zwar Taschenkontrollen gegeben haben. Angesichts des Vorfalls auf der FDP-Wahlkampfveranstaltung stellt sich allerdings die Frage, ob diese auch ausreichend und gründlich genug waren. Für den Personenschutz von Spitzenpolitikern - auch in diesem Fall - ist das Bundeskriminalamt (BKA) zuständig. Dieses erklärte auf NDR Anfrage schriftlich: "Für die Gewährleistung des Personenschutzauftrages gilt nicht, dass sich grundsätzlich niemand der Schutzperson nähern darf."
BKA: "Personenschutz im Rahmen des Möglichen"
In Zeiten des Wahlkampfes wollten Politiker besonders nah an den Menschen sein, so ein BKA-Sprecher. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter würden in diesem Rahmen den möglichen Personenschutz leisten. So sei es in diesem Fall allerdings möglich gewesen, dass die 34-jährige Linken-Nachwuchspolitikerin Christiane Kiesow eine Torte aus Rasierschaum auf den FDP-Chef werfen konnte. Die Behörde teilte weiter mit, den Fall aufzuarbeiten.
Lücken bei den Kontrolle
Unterdessen wird darüber diskutiert, wie die "Schaumtorte" unbemerkt in den Raum mit Lindner kommen konnte. Taschenkontrollen am Eingang sind im Gegensatz zum Personenschutz Sache des Veranstalters. Wie der NDR von einem Sicherheitsdienstleister, erfuhr, der ähnliche Veranstaltungen schützt, waren die Kontrollen im Fall Lindner offensichtlich mangelhaft. Wäre jede Tasche kontrolliert worden, wäre die Attacke nicht möglich gewesen, heißt es weiter.
Innenminister Pegel: "Null Toleranz"
Innenminister Christian Pegel (SPD) verurteilte grundsätzlich Attacken auf Wahlkämpfer und kündigte an, entschieden gegen Angreifer vorzugehen. "Unsere Polizei wird jeden dieser Angriffe konsequent aufarbeiten und an die Justiz zur Strafverfolgung weitergeben", so Pegel. Es sei eine gemeinsame zentrale Aufgabe, die Demokratie zu schützen und zu verteidigen und für einen fairen Wahlkampf zu sorgen.
Herbst: "Überrascht von breiter Debatte"
Linken-Landeschef Hennis Herbst und Bundesgeschäftsführer Janis Ehling verurteilten den Angriff auf den Liberalen als "undemokratisch". Allerdings meinte Herbst im Gespräch mit dem NDR auch, er sei doch überrascht, in welcher Breite über diesen Fall debattiert werde. Eine solche Diskussion hätte er sich auch in Fällen gewünscht, bei denen Kommunalpolitiker seiner Partei Ende des vergangenen Jahres in Görlitz von Neonazis angegriffen worden seien. Außerdem solle man in der Rhetorik aufpassen, nicht von Angriffen oder Anschlägen zu sprechen, so Herbst weiter. Das würde diesen Fall mit Dingen vergleichen, die höchst problematisch seien, wo Menschen verletzt wurden.
Peters hat kein Verständnis für die Linken
Der CDU-Landesvorsitzende Daniel Peters kritisierte den Umgang der Linken mit dem Tortenwurf. Anlass ist die Äußerung des Linke-Kreisvorsitzenden und Landtagsabgeordneten Daniel Seiffert. Er hatte angekündigt, das Gespräch mit der Werferin suchen zu wollen, um sie nach ihren Beweggründen zu befragen. Diese seien irrelevant. Gewalt habe im Wahlkampf nichts zu suchen, so Peters. Auch Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) verurteilte den Angriff. Solche Aktionen hätten in unserer politischen Kultur und im Land keinen Platz, schrieb sie auf dem Kurznachrichtendienst "X".
Linksjugend in MV: "Was ist ein Tortenwurf gegen Sozialabbau?"
Die Jugendorganisation der Linken in Mecklenburg-Vorpommern verurteilte den Angriff dagegen nicht. In einer Erklärung des Landessprecherrats der Linksjugend heißt es: "Wer den Sozialstaat frisiert muss sich über etwas Rasierschaum nicht wundern". Darin wird der FDP vorgeworfen, ihre Beteiligung an der inzwischen zerbrochenen Ampel-Koalition genutzt zu haben, um soziale Projekte zu sabotieren. Die grüne Jugend in Greifswald solidarisierte sich mit der Aktion.
Zunächst keine internen Konsequenzen für Tortenwerferin
Unterdessen ist noch unklar, ob und welche Konsequenzen der Angriff für Kiesow haben wird. Sie gehört seit Sommer des vergangenen Jahres dem Kreisvorstand Peene-Uecker-Ryck an, zu dem auch die Stadt Greifswald zählt. Die 34-Jährige ist dort unter anderem für Veranstaltungen, Kommunalpolitik und Social Media zuständig. Bislang hat sich Kiesow nicht zu dem Vorfall geäußert. Derzeit ermitteln Polizei und Staatsschutz gegen die 34-Jährige.