Moderne Bestattung als "Lebensbaum": Meine Karin, die Magnolie
Peter Antoff ist froh. Seine Frau Karin kam ein halbes Jahr nach ihrem Tod als Magnolie zurück nach Rostock Dierkow. Jetzt steht sie im Hintergarten des gemeinsamen Hauses. Dort haben Peter und Karin 62 Jahre gelebt. Es ist eine rot blühende Magnolie: Genauso wie Peter Antoff es geplant hat und wie es seine Karin gewollt hätte.
Peter Antoff nimmt selbst die Schaufel in die Hand. Vorsichtig, in kleinen Schüben mengt er das Erdreich an, um die Magnolie in den eigenen Hintergarten zu setzen. Tränen kullern über sein Gesicht. Er zeigt auf den Strauch. "Die Magnolie ist meine Frau," versichert der frühere Seemann der Handelsmarine . Nach schwerer Krankheit ist seine Karin nach 62 Jahren Ehe in ein und demselben Einfamilienhaus gestorben. Peter Antoff hat sie bis zum Ende gepflegt. Das war vor einem halben Jahr. "Und jetzt ist sie endlich wieder da, als Magnolie, und ich kann sie jeden Tag sehen," so der Witwer.
Wie Karins Asche zur Magnolie wurde
Die Entscheidung für den ungewöhnlichen Beerdigungsweg fällt die Familie gemeinsam nach dem Tod der Ehefrau, sechsfachen Oma und siebenfachen Urgroßmutter. Der Grund war der Besuch der Bestatterin Christine Schombach. Die Rostockerin hat sich auf alternative Bestattungsmöglichkeiten spezialisiert und schlägt den "Lebensbaum" vor. Dabei kann die Familie aus einer Reihe von Pflanzen wählen, der die Asche der verstorbenen Person zugefügt wird. "Wir haben Magnolien, Zierkirschen und Gingko-Bäume im Angebot. Alles nicht teurer als eine herkömmliche Bestattung", meint die 35-Jährige. Peter Antoff war von der Idee sofort begeistert: "Ich bin nicht mehr so gut zu Fuß, meine Familie ist über die ganze Republik verstreut und kann mich nicht immer zum Friedhof fahren. Dass meine Karin dann in unseren gemeinsamen Garten kommt und ich sie immer sehen kann, das fand ich einfach großartig."
Besondere Regeln für die Asche von Verstorbenen
Zunächst bringt Peter Antoff die Urne persönlich nach Sachsen-Anhalt, in Begleitung seiner Bestatterin. Dort sitzt der Vertragspartner der Unternehmensidee "Lebensbaum". Von dort geht die Asche in die Niederlande. Denn laut deutschem Bestattungsgesetz dürfen Urnen eigentlich gar nicht geöffnet werden. Ausnahmen gibt es lediglich für Seebestattungen und anonyme Beerdigungen auf der Streuwiese. Ist die Urne aber erstmal im Ausland, gelten die Regeln des jeweiligen Landes.
Rund 500 Gramm der Asche der Verstorbenen vermengt der niederländische Betrieb mit dem Humus für den Setzling - in diesem Fall einer Magnolie. Die Pflanze wird anschließend mit einer dreifachen Kennung versehen. Das soll Verwechslungen ausschließen. Anschließend geht es zum Anwachsen für ein halbes Jahr in ein Gewächshaus und danach zurück nach Deutschland und so auch zu Peter Antoff nach Rostock Dierkow.
Konzept "Lebensbaum": Ist es nicht seltsam die eigene Frau zu gießen?
Die Gießkanne steht am Gewächshaus. Peter Antoff macht sich auf den Weg, füllt sie und gießt die frisch angesetzte Magnolie. "Darauf habe ich mich so gefreut," meint der 82-Jährige. Irgendwie ist es so, als würde von Karin jetzt ein Stück weiter leben. "Ich rede auch mit ihr. Und frage sie: 'Na, meinst Du das auch?' Dann sagt sie: 'Ja, das meine ich auch.' Und habe ihr etwas versprochen. Wenn meine Zeit kommt, komme ich zu ihr. Dann sind wir gemeinsam eine Magnolie."