Staatsanwaltschaft Stralsund (Themenbild) © NDR

Messerattacke in Stralsund: Handy des Beschuldigten nicht ausgewertet?

Stand: 11.07.2024 05:21 Uhr

Wurde die Spurensicherung von Polizei und Staatsanwaltschaft verschleppt? Ein 64-jähriger Deutscher soll Ende Mai einen Italiener in einer Stralsunder Bar niedergestochen haben. Über Wochen hinweg hat die Staatsanwaltschaft nur zögerlich die Öffentlichkeit informiert.

von Frank Breuner

Es ist jetzt gut sechs Wochen her, dass ein 64-jähriger Deutscher einen italienischen Staatsbürger mit einem Klappmesser verwundet haben soll. Der Mann kam zunächst wegen versuchten Mordes in U-Haft, wurde später entlassen, nachdem der Vorwurf in "Gefährliche Körperverletzung" umgewandelt wurde. Polizei und Staatsanwaltschaft machten den Fall tagelang nicht öffentlich - bis zu einer Anfrage des NDR. Doch auch danach flossen Informationen zunächst nur spärlich. Auch zu der Frage, ob ein ausländerfeindliches Motiv hinter der Tat steckt. Die neuen Informationen, die die Staatsanwaltschaft dem NDR jetzt mitgeteilt hat, werfen neue Fragen auf.

Späte Wohnungsdurchsuchung

Danach hat die Wohnungsdurchsuchung beim Beschuldigten erst neun Tage nach der Tat stattgefunden, genauer: am 4. Juni. Viel Zeit, in denen mögliche Beweismittel hätten aus der Wohnung gebracht werden können, etwa durch Freunde oder Bekannte.

Auch ziemlich merkwürdig klingt es, dass das Handy des mutmaßlichen Täters zwar noch in der Tatnacht, also am 26. Mai, von der Polizei gesichert wurde, die Auswertung aber bis heute nicht vorliegt. Deshalb hat der NDR bei der Staatsanwaltschaft nachgefragt, wie sie denn die Arbeit der Polizei bewertet und ob in der Tatnacht alles korrekt abgelaufen sei. Dazu wollte die Behörde aber nicht Stellung beziehen, eine öffentliche Bewertung polizeilicher Maßnahmen sei nicht Aufgabe der Pressestelle, heißt es. Der nächste Satz deutet aber wohl doch auf gewisse Probleme hin: "Grundsätzlich wird im dienstlichen Austausch zwischen Polizei und Staatsanwaltschaft in konkreten Einzelfällen wie im Hinblick auf allgemeine Verfahrensabläufe eine Verbesserung kriminalistischer und strafprozessualer Maßnahmen angestrebt".

Beschuldigter schweigt zu Motiv

Das Motiv der Tat sei auch weiter unklar, so die Staatsanwaltschaft. Aber "nach wie vor" komme aufgrund der von Zeugen wahrgenommenen Äußerungen des Beschuldigten ein ausländerfeindliches Motiv in Betracht. Der mutmaßliche Täter selbst schweige zu seinen Beweggründen. Ein Augenzeuge hatte dem NDR geschildert, dass der 64-Jährige bei seiner Festnahme ausgerufen habe: "Ich habe das für Deutschland gemacht". Doch davon will die Staatsanwaltschaft bis heute nichts wissen. Auf die Frage, ob Polizisten, die bei der Verhaftung vor Ort waren, von dem Ausruf gehört haben, schreibt uns der Pressesprecher der Behörde nur: "Die diesbezüglichen Befragungen sind noch nicht abgeschlossen". Sechs Wochen nach der Tat klingt auch diese Aussage bemerkenswert.

Weitere Informationen
Constanze Oehlrich spricht in die Kamera. © Screenshot
4 Min

Messerattacke in Stralsund soll Thema im Landtag werden

Nachdem ein Italiener niedergestochen wurde, bleiben viele Punkte rätselhaft. Nun soll der Angriff ein parlamentarisches Nachspiel haben. 4 Min

Menschen tanzen  in buntem Licht © photocase Foto: neo.n

Messerattacke in Stralsund: Warum schwiegen die Behörden?

Sollte ein Messerangriff eines Deutschen auf einen Italiener in einer Bar in der Altstadt von Behörden vertuscht werden? Ein Zeuge berichtet von den Geschehnissen im Mai. mehr

Staatsanwaltschaft Stralsund (Themenbild) © NDR

Messerattacke in Stralsund: Staatsanwaltschaft mit Erinnerungslücken

Der Angriff auf einen Italiener in einer Bar bleibt rätselhaft. Jetzt wird der Fall auch Thema im Landtag. mehr

Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Radio MV | Nachrichten aus Mecklenburg-Vorpommern | 11.07.2024 | 06:00 Uhr

Schlagwörter zu diesem Artikel

Landkreis Vorpommern-Rügen

Mehr Nachrichten aus Mecklenburg-Vorpommern

Rostocks Trainer Daniel Brinkmann © Imago Images Foto: Fotostand/Voelker

Hansa Rostock feiert gelungene Heimpremiere von Trainer Brinkmann

Gegen Aufstiegskandidat Arminia Bielefeld zeigten die Mecklenburger eine starke Leistung. Auch unter dem neuen Coach bleibt Hansa eine Heimmacht. mehr

Die Applikation App WhatsApp ist auf dem Display eines Smartphones zu sehen. © picture alliance/dpa Foto: Silas Stein

Im Handy abonnieren: Die NDR MV Nachrichten bei Whatsapp

Im NDR MV Whatsapp-Kanal gibts die wichtigsten Themen für Mecklenburg-Vorpommern kompakt und schnell zusammengefasst. extern