Mehr Mindestlohn: Die Planspiele in der Landes-SPD
Die SPD in Mecklenburg-Vorpommern diskutiert über eine deutliche Anhebung des Mindestlohns. Die Parteilinke und die Jusos machen sich für eine Anhebung auf 15 Euro stark.
Einen deutlichen Nachschlag soll es geben: Wortführer in der Mindestlohn-Debatte ist der Vize-Landesvorsitzende und Greifswalder Bundestagsabgeordnete Erik von Malottki. "Ich persönlich plädiere für eine Anhebung des Mindestlohns auf 15 Euro", sagte von Malottki im Gespräch mit dem NDR. Die Forderung hat am vergangenen Freitag auch den SPD-Landesvorstand in einer Videoschalte beschäftigt.
Schlechte Lage für Arbeitnehmer
Das Führungsgremium befasste sich mit einem Antrags-Entwurf für den SPD-Bundesparteitag im Dezember. Darin heißt es, die Inflation verschlechtere die Lage der Arbeitnehmer immer mehr. Deshalb müsse der Mindestlohn schnell von 12 auf 15 Euro angehoben werden. Das wäre eine Zuschlag um 25 Prozent. Die SPD überholt mit der Forderung die Linke, die 14 Euro Mindestlohn will. In dem SPD-Antrag heißt es, es gehe um "Respekt und Wertschätzung", vor allem, weil gerade in Ostdeutschland immer weniger Beschäftigte von Tariflöhnen profitierten.
Widersprüchliche Aussagen über Antrag
Während Teilnehmer dem NDR unabhängig voneinander berichteten, der Antrag sei beschlossen worden, widerspricht ein weiterer Vize-Landesvorsitzender, Innenminister Christian Pegel. Der Antrag sei zurückgezogen worden, sagte Pegel. Er leitete die Sitzung in Vertretung der Landesvorsitzenden, Ministerpräsidentin Manuela Schwesig. Eine entsprechende Forderung für einen höheren Mindestlohn werde von anderen Landesverbänden und Arbeitsgemeinschaften erhoben, deshalb sei ein Vorstoß aus Mecklenburg-Vorpommern nicht nötig, meinte Pegel. Auch der Vertraute von Schwesig, SPD-Landesgeneralsekretär Julian Barlen, widersprach vehement. NDR-Berichte dazu nannte er ungewöhnlich scharf "Falschmeldungen".
Keine Stellungnahme von Schwesig
Eine inhaltliche Stellungnahme zu einem höheren Mindestlohn blieb zunächst aus, Schwesig wollte sich dazu nicht äußern. Generalsekretär Barlen verwies darauf, dass die rot-rote Landesregierung aktuell an einem neuen Tariftreue-Gesetz arbeite. Öffentliche Aufträge sollen danach nur an Firmen gehen, die ihre Beschäftigten nach Tariflöhnen oder tarifähnlichen Regelungen bezahlen. "Das ist unsere Priorität", so Barlen. Der Mindestlohn sei eine Lohngrenze nach unten. "An Forderungen nach einzelnen konkreten Werten beteilige ich mich nicht", erklärte der Sozialdemokrat, der auch Fraktionschef im Landtag ist.
Keine Entscheidung gegen Willen der Gewerkschaften
Diese Forderungen kommen dagegen von den Jusos. Ihr Landesvorsitzender Marvin Müller, der auch im Landesvorstand Sitz und Stimme hat, spricht sich ebenfalls für einen Mindestlohn in Höhe von 15 Euro aus. Auch sein Vorstandskollege von Malottki hält den Druck aufrecht. Als stellvertretender Bundesvorsitzender der SPD-Arbeitsgemeinschaft für Arbeit werde er einen entsprechenden Antrag beim Bundesparteitag einbringen. Danach soll auch die Mindestlohn-Kommission, die die Höhe des Mindestlohns festgelegt, reformiert werden. Künftig sollen Entscheidungen gegen den Willen der Gewerkschaften nicht mehr möglich sein. Die Arbeitnehmervertreter hatten die zuletzt beschlossene Anhebung des Mindestlohns auf 12,41 Euro zum 1. Januar 2024 als zu gering abgelehnt.
Ablehnung aus der Wirtschaft
Bei der Wirtschaft in Mecklenburg-Vorpommern kommen die Mindestlohn-Planspiele der regierenden SPD alles andere als gut an. Die Vereinigung der Unternehmensverbände (VUMV) warnt vor einer Einmischung in die Tarifautonomie. Wenn die SPD Zeitung lesen würde, dann wüsste sie, dass Unternehmen Entlastung und nicht Belastung brauchten, so Geschäftsführer Sven Müller. Deutliche Kritik kam auch von der CDU-Fraktion. Angesichts sinkender Umfragewerte wisse sich Schwesigs SPD offenbar nur noch "mit wirtschaftsfeindlichem Populismus zu helfen", so ihr Abgeordneter Wolfgang Waldmüller.
Zustimmung der Linken
Unternehmen würden höhere Löhne als Mehrkosten auf ihre Kunden umlegen. Mit einer Anhebung des Mindestlohns um 25 Prozent würden Produkte und Dienstleistungen deutlich teurer und Jobs gingen verloren, so Waldmüller. Ähnlich äußerte sich die AfD-Fraktion. Das einzige, was die SPD könne, sei umverteilen und mit noch mehr Geld die Bürger milde stimmen. Beifall zollte dagegen der Koalitionspartner. Die Linksfraktion meinte, steigende Löhne seien dringend nötig. Es sei gut, so der Parlamentarische Geschäftsführer Torsten Koplin, dass sich die SPD der Linken-Forderung nach einem höheren Mindestlohn anschließe.