Maskenbildnerin: Traumjob zwischen Pinseln, Puder und Prothesen
Maskenbildner sorgen hinter den Kulissen dafür, dass Schauspieler und Sänger optisch in unterschiedlichste Rollen schlüpfen können. Dafür müssen nicht nur alle Feinheiten des Make-ups stimmen, auch Perücken oder Gesichtsprothesen sollen gut sitzen. Wie das geht, das lernt eine junge Frau gerade am Mecklenburgischen Staatstheater in Schwerin.
Eden Harring hat eine kleine Farbplatte über die Finger geklemmt. Darauf Fettschminke in Grün, Gelb, Blau und Grau. Die angehende Maskenbildnerin hat die Vorlage für ihr Probe-Make-up digital auf einem Tablet vor sich. "Er wird ein Fantasie-Wesen mit einer eindeutigen Emotion, in dem Fall 'traurig'. Und ich hab mich inspiriert an Fantasiewesen in Videospielen, also sowas wie ein Ork."
Spiegel und Licht offenbaren jede Unfeinheit
Die Auszubildende am Mecklenburgischen Staatstheater Schwerin muss im Februar eine wichtige Zwischenprüfung absolvieren. Ihr Kollege Fabian Gebhardt hält als Model für ihre Übung her. "Ich hab jetzt erst den Grundton gelegt, dann ein paar Übergänge, und jetzt setze ich die Highlights und die Schatten, damit das wie 3D aussieht…", beschreibt Eden Harring. Fabian Gebhardt wirkt entspannt, fragt: "Ist schon mal jemand eingeschlafen dabei?" Beide lachen. "Bei mir noch nicht, aber ich hab schon mal davon gehört, dass das passieren kann…"
Nach gut 30 Minuten schimmert Gebhardts Gesicht in dunklen Grüntönen. Das gleißende Licht am Schminktisch verrät jede Unfeinheit. Eden Harring steht neben ihrem Model, schaut nach vorne in den Spiegel, schaut ihren Kollegen direkt an, blickt über ihre Schulter in die Spiegel hinter sich. "Wenn man so rauf schaut, weil das Gesicht ja nicht flach ist, täuscht das manchmal mit den Linien, hier sieht das super aus, dann schaut man so und alles ist schief und krumm. Wir schminken ja für die Bühne, und so sieht man die Fernwirkung."
Bärte, Perücken und künstliche Wunden in Handarbeit
Drei Jahre dauert die Ausbildung im Fach Maskenbildnerei. Eden Harring hat die Hälfte geschafft. Für die 26-Jährige mit den kurzen blonden Haaren wird es der zweite Berufsabschluss sein. Der erste im Fach Modedesign an einer Schweriner Schule kommt ihr zugute. Denn neben dem Schminken fertigen die Kolleginnen in der Theaterwerkstatt selbst Teile an, die zur perfekten Kostümierung gehören, sagt Ausbilderin und Maskenbilder-Kollegin Judith Bichler: "Die meisten denken, wir holen alles fertig aus dem Schrank, wir pudern nur und tüddeln da so ein bisschen rum. Aber das ist hier alles Handanfertigung, da steckt monatelange Arbeit drin, Bärte, Perücken, Wunden und Gesichtsteile, Glatzen… Wir versuchen, so viel wie möglich selbst herzustellen."
Kreativ arbeiten: Der Wunsch kam während des Studiums
Mit einem breiten Puderpinsel fixiert Edin Harring währenddessen die Fettschminke im Gesicht ihres Models. Danach lassen sich weitere Schichten auftragen. Das grüne Ork-Gesicht bekommt mehr Tiefe und Ausdruck. Zu den Lerninhalten in Eden Harrings Ausbildung gehören Farbenlehre, die Beschaffenheit von Haut, Puder und Schminke, der Umgang mit Silikon und Pappmache für Gesichtsmasken. Für die 26-Jährige ist das ein echter Traumjob. "Ich hab immer gerne gemalt und gebastelt, Make-up tatsächlich eher nicht so. Eigentlich wollte ich studieren, hab auch angefangen, aber während des Studiums dachte ich dann, ich will lieber was Kreatives machen. Und es ist jetzt das, was ich auch wirklich machen möchte."
Nur drei öffentliche Berufsschulen deutschlandweit
Der Theaterjob besteht aus Tagesdiensten in der Werkstatt und Vorstellungsdiensten am Abend. Auf all das lässt sich Eden Harring gerne ein. Auch auf die Fahrten zur Berufsschule in Hamburg, die ist eine von nur drei öffentlichen Schulen in Deutschland, weitere gibt es in Berlin und Baden-Baden.
Nach gut 40 Minuten hat Model Fabian Gebhardt dunkle Zeichen im Gesicht, die Ork-Muttermale symbolisieren. Die Zeit ist um. Judith Bichler wagt eine erste Manöverkritik. "Ich find‘s gut. Was manchmal noch ein bisschen das Problem ist: Man muss immer aufpassen, dass es nicht so strichig ist, dass man flächig arbeitet, und dann eine gewisse Tiefe kriegt. Aber wichtig ist, dass es sauber ausgearbeitet ist, kein Geschmiere ist, dass Höhe und Tiefe rausgearbeitet sind. Und ich finde, das hast du heute gut gemacht." Eden Harring hat die Anmerkungen vorweg geahnt, sie kennt ihre Baustellen.
Abschminken: Eine kleine Wissenschaft für sich
Wenn der Vorhang fällt, muss die Maskerade wieder runter, ob auf der Bühne oder beim Werkstattraining. Und da wird Fett mit Fett bekämpft. Das Model bekommt Hydro-Öl zum Abschminken, beschreibt Eden Harring. "Und noch ein bisschen Mizellen-Reinigungswasser für die Augen, damit er da keinen Film drauf hat und eine Stunde lang verschwommen sieht." Wie unterschiedliche Hauttypen von Frauen und Männern auf Make-up reagieren: Auch das musste Eden Harring erst lernen. Ihrer Zwischenprüfung im Februar blickt sie jetzt entspannt entgegen. Ob sie nach ihrer Ausbildung an einem Theater arbeiten möchte, sei noch offen. "Ich kann mir auch vorstellen, für Film oder Fernsehen zu arbeiten." Dort, aber auch in der Mode- und Werbefotografie und in der Kosmetik sind ihre Fähigkeiten ebenfalls gefragt.