Letzter Fell-Gerber Norddeutschlands kämpft mit Personal- und Auftragsproblemen
Er ist der letzte seiner Zunft in Norddeutschland: Christopher Tramm hält das alte Handwerk der Fell-Gerberei am Leben. Aber trotz voller Auftragsbücher hat der 34-Jährige mit vielen Herausforderungen zu kämpfen.
Eine Halle voller Felle - bis unter die Decke hängen flauschige weiße Schaffelle, Fuchs-, Marder-, Waschbären-, Ziegen- und borstige Wildschweinfelle. Mittendrin Christopher Tramm - vor sich ein eher exotisches Exemplar: "Das hier ist ein Tiger aus einem dänischen Zoo. Und der wollte den halt gegerbt haben", erklärt der hochgewachsene Mann. Zoos werden ja häufig von Schulklassen besucht, und die könnten sich dann so einen Tiger mal aus der Nähe anschauen - zumindest sein Fell.
Kunden sind Jäger, Schäfer und Naturkundemuseen
Seine Kunden sind Jäger, Präparatoren, Schäfer, Naturkundemuseen und auch mal ein Kaninchenzüchter. Die fertigen Felle werden dann als warme Unterlagen für Kinderwagen, Stühle oder als Wanddeko genutzt oder zu Mützen, Kissen oder Handschuhen verarbeitet.
45 Arbeitsschritte und 30 Tage bis zum gegerbten Fell
Bis zu 45 Arbeitsschritte sind nötig, um ein Fell fachgerecht zu gerben, erklärt der Fachmann: "Die Felle werden gewaschen, dann entfleischt, dann wieder gewaschen und zentrifugiert, um das Wasser rauszudrücken. Ich lege das Fell sauer ein und dann werden sie gegerbt. Das heißt, es wird ein Gerbstoff an die Haut gebracht, der sie dann haltbar macht. Danach werden die Felle noch mechanisch bearbeitet, unter anderem nach dem Trocknen in einer sogenannten Läutertonne mit Sägespänen gewalkt. Damit sie wieder schön weich werden. Das dauert normalerweise ca 30 Tage - eben richtig altes Handwerk."
Volle Auftragsbücher aber keine Leute
Zurzeit braucht Tramm aber neun Monate. Aktuell nimmt er keine neuen Aufträge an: "Wir haben Annahmestopp. Unsere Kühlkammern sind extrem voll - wir haben bis Weihnachten erst mal gut zu tun." Sein größtes Problem: Er findet keine geeigneten Mitarbeiter. Einige arbeiten auf Probe, stellen dann aber fest, dass die Arbeit körperlich schwer ist. "Wir hantieren mit Wasser und Chemie den ganzen Tag mit Handschuhen und Schutzanzug und es ist körperlich anstrengend, denn so ein nasses Schaffell wiegt schon mal 80 kg", sagt Tramm und zuckt die Schultern. Da sind dann einige Interessenten auch schnell mal wieder weg.
Gerberei als Familientradition
Der Vater von zwei kleinen Kindern hat eine Familientradition fortgesetzt. Schon sein Opa war Gerber in Plau. Bei ihm hat Christopher sich noch weiter ausbilden lassen, nachdem er auf der letzten Gerberschule Deutschlands in Reutlingen gelernt hatte. Die seit 2011 geschlossen ist wegen Nachwuchsmangels. Christopher Tramm hofft, bald geeignetes Personal zu finden, damit seine Kunden nicht mehr so lange auf ihre handgegerbten Felle warten müssen, die gar nicht so teuer sind: Schaffelle kosten 60 - 70 Euro, Füchse etwa 55 Euro. Und er hält die Fahne eines alten Handwerks hoch in MV - in ganz Deutschland gibt es nur noch schätzungsweise 12 Gerbereibetriebe. (Quelle: Wikipedia, 10.10.2023)
