Auf einem Bildschirm ist eine digitale Akte zu sehen. © picture alliance Foto: Jörg Carstensen

IT-Pannen: Richterbund in MV warnt vor Kollaps der Justiz

Stand: 15.02.2024 16:02 Uhr

Die Gerichte in Mecklenburg-Vorpommern haben offenbar immer öfter mit Computer-Pannen zu kämpfen. Der Richterbund des Landes sieht deshalb die Funktionsfähigkeit der Justiz in Gefahr. Im Hintergrund tobt ein Streit mit dem Finanzministerium.

von Stefan Ludmann

Üblicherweise äußerst sich der Richterbund eher zurückhaltend. Diese Art und Weise wirft er jetzt über Bord und schlägt Alarm: "Wir haben bereits fast wöchentlich landesweite Ausfälle der IT-Systeme", erklärte Verbandschef Michael Mack. Die Folge: Gerichte könnten ihre Aufgabe - Recht zu sprechen - nicht mehr erledigen. Offenbar fallen die Probleme unterschiedlich aus. Mal sind Geschäftsstellen an Amts- und Landgerichten wegen Computer-Pannen lahmgelegt, mal lassen sich einzelne Gerichtsakten nicht öffnen. Oft würden die Programme viel zu langsam arbeiten, heißt es.

Offenbar kein Einzelfall

Im vergangenen August wurden die Probleme erstmals öffentlich. Damals räumte das Justizministerium einen mehr als dreistündigen Ausfall der E-Akten an allen Gerichtsstandorten ein. Die Justiz war lahmgelegt. Das war offenbar kein Einzelfall. Der Richterbund warnt vor einer Verschärfung: Wenn jetzt - wie geplant - Arbeits-, Sozial- und Verwaltungsgerichte gemeinsam mit der Strafjustiz ebenfalls digitalisiert würden, drohe das IT-System der Justiz zusammenzubrechen, so Mack. Er forderte eine grundlegende Erneuerung, die aber stocke seit Monaten.

Streit zwischen Ministerien

Im Hintergrund schwelt ein Streit zwischen den Ministerien. Es geht um die Frage, ob die IT-Systeme der Justiz weiter vom landeseigenen Datenverarbeitungszentrum (DVZ) gesteuert werden sollen oder künftig vom länderübergreifenden IT-Dienstleister Dataport in Hamburg gemanagt werden. Diese Lösung peilt die Justiz an. Nach NDR Informationen soll sich aber das Finanzministerium aus Kostengründen dagegen sperren. Allerdings gerät Finanzminister Heiko Geue (SPD) argumentativ in die Zwickmühle: In der Justiz heißt es, Geue habe seine Finanzämter ebenfalls über Dataport IT-technisch angebunden. Schon deshalb könne er Gleiches der Justiz nicht verweigern.

Kritik aus dem Landesrechnungshof

Nach NDR Informationen soll es nächste Woche ein Dreier-Treffen auf Chef-Ebene geben. Geue will mit Justizministerin Jacqueline Bernhardt (Die Linke) und Innenminister Christian Pegel (SPD) die Kuh vom Eis bekommen. Pegel ist als Digitalisierungsminister mit von der Partie. Seine Leistungsbilanz in der Frage "Digitalisierung" gilt allgemein als dürftig. Erst jüngst hatte Rechnungshof-Präsidentin Martina Johannsen fehlende Fortschritte in der Digitalisierung der Verwaltung beklagt. Pegels Lieblingsprojekt - das Landesamt "Zentrum Digitalisierung MV" (ZDMV) - ist mehr als ein Jahr nach der Gründung noch immer nicht voll arbeitsfähig. Es soll zentrale IT-Angelegenheiten der Ministerien, darunter Updates und Sicherungssoftware, verwalten. Andere Ministerien versuchen einen Bogen um das das ZDMV zu machen, sie wollen sich die eigene Kompetenz von Pegels IT-Zentrale nicht nehmen lassen. Mitarbeiter, die eigentlich ans ZDMV umgesetzt werden sollen, wehren sich oft mit Händen und Füßen. Das Thema ist nach Informationen des NDR auch in den Personalräten angekommen.

Richterbund: "Werden nicht tatenlos zusehen"

Der Richterbund gibt sich derweil kämpferisch: Die nötige Erneuerung der IT-Systeme in der Justiz komme seit Monaten wegen "Meinungsverschiedenheiten innerhalb der Landesregierung über den richtigen Weg" nicht voran. Man könne "nur an Frau Bernhardt appellieren, die Interessen der ihr anvertrauten Landesjustiz mit aller Macht durchzusetzen". Der Richterbund schließt mit einer latenten Drohung: Wenn die Funktionsfähigkeit der Justiz leichtfertig gefährdet werde, "wird der Richterbund dabei nicht tatenlos zusehen.“

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Radio MV | Nachrichten aus Mecklenburg-Vorpommern | 15.02.2024 | 14:00 Uhr

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