Hintergrund Drogenmissbrauch: Können Minderjährige geschützt werden?
Nach dem Fund von Drogen wie "Blue Punisher" in Stralsund wird die Frage laut, wie Jugendliche vor Drogenmissbrauch geschützt werden können.
Immer wieder werden bei Partys und Festivals Drogen gefunden und beschlagnahmt. Dabei handelt es sich oft um Pillen, die in illegalen Labors aus verschiedenen Chemikalien hergestellt werden. Zuletzt hatte die Stralsunder Polizei am Wochenende bei einer Party in einer Skaterhalledie Ectasy-Variante "Blue Punisher" gefunden. Diese Droge hatte im vergangenen Jahr in Altentreptow zum Tod einer 13-Jährigen geführt und zwei weitere Minderjährige auf die Intensivstation gebracht.
Auch in Stralsund nahmen Minderjährige an der Party teil, daher sei es wichtig, in gute Präventionsarbeit zu investieren, sagt Marko Bittner. Er ist einer von vier hauptamtlichen Mitarbeitern bei Chamäleon Stralsund e.V. und versucht, Jugendliche zu sensibilisieren und zu verhindern, dass sie Drogen unterschätzen. "Ich würde mir für die Präventionsarbeit wünschen, dass man Suchtprävention und Medienkompetenz so betrachtet, wie Verkehrserziehung", sagt er. Man müsse viel früher beginnen, über die Selbstwahrnehmung von Kindern und Jugendlichen zu sprechen.
Gefühle wahrnehmen und darüber sprechen können
Es ginge darum, Gefühle wahrzunehmen und auch darüber sprechen zu können. Dazu brauche es mehr Zeit, Personal und letztlich auch Geld, um den Jugendlichen eine sichere Basis zu vermitteln. Starke Jugendliche, die ihren Gefühlen vertrauten, liessen sich weniger leicht zu etwas überreden, was ihnen unheimlich ist. "Menschen sind nicht wie Maschinen, wir können nicht erwarten, dass jemand in die fünfte, sechste oder zehnte Klasse geht, da 45 Minuten einen Vortrag hält und die Kinder und Jugendlichen repariert sind wie ein kaputtes Auto", so Marko Bittner. Verhaltensänderungen brauchten Zeit und eine Auseinandersetzung mit eingefahrenen Mustern.
Jugendliche durch geringeres Körpergewicht besonders gefährdet
Die besondere Gefahr chemischer Drogen ginge davon aus, dass verschiedenste Inhaltsstoffe in unklarer Dosierung vermischt werden, macht auch Pharmazie-Professor Andreas Link von der Universität Greifswald deutlich. Für Jugendliche könne aber eine Überdosis mancher Stoffe lebensgefährlich sein, da sie weniger wiegen und ihr Körper noch im Wachstum ist. Insofern könnte das Wissen über diese Tatsache Jugendliche auch schützen, denn sie könnten die Pillen zum Beispiel halbieren.
Drogen auf Verunreinigungen und Überdosierungen testen lassen
Bisher seien nach Auffassung von Marko Bittner "Blue Punisher" eher Ausnahmefälle, aber dennoch entwickelte sich diese Droge aufgrund der hohen Medienpräsenz zu einer urbanen Legende. Experten sind sich einig, dass Jugendliche nicht vor dem Kontakt mit Drogen bewahrt werden können. Daher gibt es mittlerweile Projekte, die bei Partys und Festivals mobile Tests anbieten. Das kann Aufschluss darüber geben, wie stark eine Pille dosiert und ob sie verunreinigt ist. Zudem können Konsumenten ihre Drogen in Laboren anonym testen lassen, um schädliche Folgen möglichst zu minimieren. ImMai sollen diese Tests unter Federführung des Gesundheitsministeriums ausgeweitet werden.