Grüne wollen Landesverfassungsgericht vor Rechtspopulisten schützen
Die Ampel-Parteien und die Union diskutieren im Bund darüber, wie das Bundesverfassungsgericht besser vor möglichen Entmachtungsversuchen durch Rechtspopulisten geschützt werden kann. Die Pläne führen auch in Mecklenburg-Vorpommern zu einer Debatte über die Rolle des Landesverfassungsgerichts.
Es ist wohl auch eine Reaktion auf die hohen Umfragewerte der AfD. Auf mehr als 30 Prozent käme die Partei, die in Teilen als rechtsextrem eingestuft wird, aktuell bei einer Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern. Ihr Fraktionschef Nikolaus Kramer tauschte sich vor einigen Wochen mit dem rechtsextremen Frontmann der Identitären Bewegung, Martin Sellner, aus. Beide sprachen unverhohlen über einen "Regime Change von rechts". Deutschland sei zur Demokratie-Simulation verkommen, hieß es. Von vielen werden Äußerungen wie diese als unverhohlener Umsturzplan interpretiert.
Unabhängigkeit zentrale Bedeutung
Die Grünen-Fraktion sieht Handlungsbedarf. Die Unabhängigkeit des Landesverfassungsgerichts sei von zentraler Bedeutung für die Stabilität des Rechtsstaats, erklärte ihr Rechtsexpertin Constanze Oehlrich. Der Hintergrund: Wie im Bund so ist auch im Land die Arbeit des Verfassungsgerichts in einem Gesetz geregelt. Das kann mit einfacher Mehrheit vom Landtag geändert werden. Die Grünen wollen die Hürden höher setzen - für eine Änderung des Gesetzes über das Landesverfassungsgericht sollte künftig eine Zwei-Drittel-Mehrheit gelten. Die Regelung müsse durch eine Verfassungsänderung festgeklopft werden - auch für die ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit nötig.
Grüne: "Gericht kann lahmgelegt werden"
Das hat nach Ansicht der Grünen ganz praktische Vorteile: So könne verhindert werden, dass das Verfassungsgericht möglicherweise überlastet werde, in dem ein neues Gesetz komplizierte Anforderungen an die Verfahren stelle. In Polen habe die nationalistische PiS-Regierung das Verfassungsgericht verpflichtet, Verfahren nach Eingangstermin abzuarbeiten und die Entscheidungen ausführlich zu begründen. Politisch relevante Verfahren habe das Gericht dadurch nicht bearbeiten können. "Durch ein bewusstes Produzieren von Rückstau kann ein Gericht lahmgelegt werden", heißt es von der Grünen-Fraktion.
SPD sieht kein Handlungsbedarf
Die SPD-Fraktion sieht dagegen keine Notwendigkeit zu handeln. Ihr Parlamentarischer Geschäftsführer Philipp da Cunha meinte, bereits jetzt sei in der Landesverfassung geregelt, dass Richter nur mit Zwei-Drittel-Mehrheit gewählt werden könnten - er spricht von einer "sehr weitsichtige Festlegung" und sieht offenbar keine Gefahr der Einflussnahme bei einer rechtspopulistische Mehrheit im Parlament. Allerdings: die Regelung gibt einer Fraktion, die mehr als ein Drittel der Sitze im Landtag hat, allerdings auch eine mögliche Blockade-Möglichkeit bei der Wahl neuer Verfassungsrichter. Der Koalitionspartner Die Linke verweist auf eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe zum Thema "Wehrhafter Rechtsstaat". Die Ergebnisse sollten abgewartet werden, meinte ihr Rechtsexperte Michael Noetzel. Ähnlich äußerte sich seine Parteigenossin, Justizministerin Jacqueline Bernhardt.
CDU: "Offen für Debatte"
Der AfD-Abgeordnete Horst Förster sagte, wenn eine Gesetzesänderung zum Ziel habe, eine Partei von der Mitwirkung auszuschalten, sei das "zutiefst undemokratisch". Das müsse abgelehnt werden, so Förster. Die CDU erklärte, dass die AfD sich stetig radikalisiere, sei unstrittig. Fraktionschef Franz-Robert Liskow warnte allerdings vor übereilten Maßnahmen. "Der effektivste Weg zur Schwächung der politischen Ränder ist eine bessere Politik", meinte er. Sein FDP-Kollege René Domke, erklärte, seine Fraktion sei offen für eine Debatte über eine Stärkung des Landesverfassungsgerichts gegen extremistische Kräfte - "Allerdings rate ich auch von Hysterie ab", so Domke. Auch er verweist auf die Zwei-Drittel-Mehrheit für die Wahl der Verfassungsrichter. Was gut sei, könne möglicherweise noch verbessert werden. Damit sollte sich der Rechtsausschuss des Landtags befassen.