Festakt zur Einheit: "Der Osten bleibt anders"
Viele Fortschritte, aber auch 34 Jahren nach der Wiedervereinigung noch kein Abschluss. In den Festreden zum Tag der Deutschen Einheit stand die Angleichung von Ost und West im Mittelpunkt.
Beim Festakt im Mecklenburgischen Staatstheater haben Bundeskanzler Olaf Scholz und Bundesratspräsidentin und Ministerpräsidentin Manuela Schwesig die Erfolge der Deutschen Einheit betont. Beide SPD-Politiker machten aber auch deutlich, dass der Weg zu gleichwertigen Lebensverhältnissen zwischen Ost und West noch nicht abgeschlossen sei. Im Mittelpunkt des Festakts mit rund 500 Gästen im Mecklenburgischen Staatstheater stand die Frage, wie weit Deutschland 34 Jahre nach der Wiedervereinigung gekommen ist.
Schwesig verwies auf bestehende Unterschiede
Manuela Schwesig lobte die enormen Fortschritte, die Ostdeutschland gemacht habe: "Seit der Wiedervereinigung haben wir eine Menge geleistet und erreicht", betonte sie. Städte und Dörfer seien modernisiert worden, die Arbeitslosigkeit sei deutlich gesunken und erfolgreiche Unternehmen seien entstanden. Dennoch verwies sie auf bestehende Unterschiede, etwa bei den Löhnen und der Präsenz großer Unternehmen. "Wir sind auf dem Weg zu gleichwertigen Lebensverhältnissen, aber das Ziel ist noch nicht erreicht", erklärte Schwesig.
Zudem sagte die Ministerpräsidentin, dass der Osten anders bleibe: mit seinen Erwartungen, Erfahrungen, Einstellungen und Lebensentwürfen. Über diese Unterschiede sei in der Vergangenheit zu oft hinweggegangen worden. "Wir müssen einander ernst nehmen, einander auf Augenhöhe begegnen", sagte Schwesig.
Ehrenamtliches Engagement gelobt
Sie hob hervor, dass auch die unterschiedlichen Lebenserfahrungen von Ost- und Westdeutschen - wie Diktaturerfahrungen und gesellschaftliche Umbrüche - weiterhin einen Einfluss auf das Zusammenleben hätten. "Es ist wichtig, dass wir uns auf Augenhöhe begegnen und einander ernst nehmen", betonte sie und lobte besonders das ehrenamtliche Engagement vieler Bürger. "Egal wie der Wind weht, wir müssen die Segel richtig setzen", schloss sie.
Olaf Scholz: Fortschritte und verbleibende Aufgaben
Bundeskanzler Olaf Scholz griff in seiner Rede ähnliche Themen auf. Er zeigte sich beeindruckt von den Fortschritten der deutschen Wiedervereinigung, sagte aber auch: "Ich verrate hier kein Geheimnis: Vollendet in diesem Sinne ist die Deutsche Einheit auch nach 34 Jahren natürlich nicht". Scholz betonte, dass Deutschland eine einmalige Herausforderung bewältigt habe: Zwei über vier Jahrzehnte hinweg getrennte und völlig unterschiedlich organisierte Gesellschaften - wirtschaftlich, politisch, kulturell und mental - wieder zusammenzuführen. Der Bundeskanzler zeigte sich jedoch optimistisch: "Wenn man sich die damalige Ausgangslage in Erinnerung ruft, dann sind wir gleichwohl weit vorangekommen." Scholz rief dazu auf, die verbleibenden Unterschiede weiterhin aktiv anzugehen, insbesondere im Hinblick auf gleiche Lebensbedingungen in Ost und West. Der Zusammenhalt des Landes sei entscheidend, um die Herausforderungen der Zukunft erfolgreich zu bewältigen.
Gottesdienst: Appell für Zusammenhalt
Die Feierlichkeiten zum Tag der Deutschen Einheit in Schwerin hatten mit einem ökumenischen Gottesdienst im Schweriner Dom begonnen. In den Predigten von Erzbischof Heiner Koch und Landesbischöfin Kristina Kühnbaum-Schmidt ging es vor allem um den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Erzbischof Koch betonte die Bedeutung des Kompromisses im gesellschaftlichen Miteinander und erinnerte daran, dass niemand alles wissen oder allein bewältigen könne. Kühnbaum-Schmidt rief dazu auf, "wirklich menschlich, mitmenschlich" zu leben und sich für die Würde aller Menschen einzusetzen. "Lasst uns weiter einstehen für die gleiche Würde aller Menschen, jedes einzelnen Menschen", betonte sie.