Ein Feldhase, leicht von der Seite fotografiert, sitzt auf einer Grasfläche und guckt in die Kamera. © Enrico Schubert Foto: Enrico Schubert

Feldhasen in MV: Population auf niedrigem Niveau

Stand: 04.04.2023 16:33 Uhr

Intensive Landnutzung macht es den Feldhasen in Mecklenburg-Vorpommern schwer. Engagierte Jäger versuchen in ihren Revieren alles, damit bald wieder mehr Hasen über die Felder, Wiesen und Äcker hoppeln.

von Franziska Drewes

Der Feldhase ist ein exzellenter Sprinter, kann sehr gut hören und stellt dafür seine besonders langen Löffel auf. Allerdings ist er kaum noch zu sehen in unserer Landschaft. Nach Angaben des Deutschen Jagdverbandes leben hierzulande sechs Feldhasen auf einem Quadratkilometer, bundesweit sind es zehn Feldhasen mehr, nämlich 16.

Paradiesische Verhältnisse bei Wittenförden

Eine idyllische Landschaft breitet sich vor den Toren Schwerins aus. Auf der einen Seite befindet sich ein Waldgebiet, in dem das Grambower Moor liegt. Auf der anderen Seite wächst Winterweizen auf einem Feld, dazwischen befindet sich eine Fläche Dauergrünland, eine Brache. Bäume, Büsche und Hecken schließen das Landschaftsbild ab. Es ist auch das Revier von Jäger Wilfried Röpert. "Hier am Waldrand gibt es viele Verstecke für den Feldhasen. Hier kann er sich auch in Sicherheit bringen. Er findet hier auch Nahrung. Man sieht hier auch, dass in dieser Ecke weniger geackert wird. Es wird auch weniger gedüngt hier". All das hat positiven Einfluss auf die Feldhasenpopulation.

Anstieg auf unterstem Niveau

Wilfried Röpert zählt in seinem Revier seit 20 Jahren Feldhasen und zwar immer im Herbst und Frühjahr und abends im Dunkeln, wenn das Tier aktiv wird. Früher nutzte er dafür spezielle Scheinwerfer, mittlerweile eine Wärmebildkamera. Die Zahlen fließen in die Statistik des Wildtier-Informationssystems der Länder Deutschlands (WILD) ein. Bundesweit zählen Jägerinnen und Jäger die Tiere in 463 Referenzgebieten. Die Daten zeigen, dass bundesweit durchschnittlich 16 Feldhasen pro Quadratkilometer leben, in Mecklenburg-Vorpommern sind es viel weniger Tiere, nämlich sechs. Etwas anders sieht es im Revier von Wilfried Röpert aus. Es ist eines der Referenzgebiete und umfasst die Umgebung von Wittenförden und Rogahn. Im Frühjahr 2003 hatte Wilfried Röpert hier neun Feldhasen pro Quadratkilometer gesichtet, aktuell waren es 16 Feldhasen. Dennoch befindet sich dieser positive Trend auf unterstem Niveau. "Das hat auch viel damit zu tun, dass wir hier stadtnah sind und sehr viele Leute hier auch mit Hunden spazieren gehen und der eine oder andere lässt seinen Hund freilaufen, sodass zu viel Unruhe in den Revieren ist. Das spielt auch eine große Rolle dabei." Immer wieder spricht der 74-Jährige Spaziergänger an und bittet sie, ihre Hunde in der Natur anzuleinen, damit sie keine Feldhasen aufscheuchen oder Jungtiere verletzen.

Der Jäger Wilfried Röpert steht mit seinem Hund auf einer Grasfläche in seinem Jagdrevier. Er setzt sich für den Feldhasen ein. © NDR Foto: Franziska Drewes
Jäger Wilfried Röpert mit seinem vierbeinigen Kollegen auf einer Brachfläche bei Schwerin
Feldhase leidet unter Wohnungsnot

Ein anderes Problem ist, dass der Feldhase kaum noch geeigneten Lebensraum für sich findet. Neue Wohnsiedlungen sind um das Dorf Wittenförden entstanden. Viele Tiere, bundesweit sind es etwa 60.000 Feldhasen pro Jahr, werden an- oder überfahren und sterben an ihren Verletzungen. Aber am meisten wirkt die intensive Landwirtschaft auf die Population, sagt Andreas Kinser. Er leitet die Abteilung Natur und Artenschutz bei der Deutschen Wildtier Stiftung. Seinen Worten nach findet der Feldhase kaum noch Nahrung und Versteckmöglichkeiten. Der Wildbiologe hat seine Doktorarbeit über den Feldhasen geschrieben und kennt sich mit dem Tier bestens aus. "So ein plakatives Beispiel ist, vor 70 Jahren konnte der Hase noch ein ganzes Weizenfeld als Lebensraum nutzen, weil er zwischen den Stängeln überall durchlaufen konnte und heute kann er nur noch in den Fahrgassen laufen, weil der ganze Rest viel zu eng für ihn steht." Zudem würde Vielfalt auf dem Acker dem Feldhasen helfen. In einem Kartoffel- oder Rübenfeld kann er sich beispielsweise gut verstecken.

Füchse fressen Junghasen

Hinzu kommen die vielen Fressfeinde, die der Feldhase hat. Kolkraben, Füchse oder Bussarde jagen den Nachwuchs, der in sogenannten Sassen auf dem Feld liegt und vor allem von oben gut sichtbar ist. Ausgewachsene Feldhasen springen sehr schnell davon aber die Jungtiere können sich nicht schützen oder verstecken. Sie werden auch nicht von ihren Elterntieren beschützt.

Feldhase ist ein Steppentier

Auch die Witterung hat Einfluss auf den Bestand. Der Feldhase ist ursprünglich ein Steppentier. Er mag es warm und trocken nicht nass und kalt, erzählt Wildbiologe Andreas Kinser. "Gerade ein Frühjahr, wie wir es gerade erleben, mit Temperaturen um fünf Grad und immer wieder ein bisschen Regen, das ist der Tod für viele Junghasen. Das muss man ganz klar sagen. Eben weil sie ungeschützt auf dem Acker liegen, verklammen sie sehr schnell. Und sie verenden schließlich an einem Schwächetod."

Anspruchsvolle Pflanzenfresser

Feldhasen sind standorttreu. Sie behalten ihr Revier ein Leben lang. Um ihren Lebensraum zu verbessern, arbeitet Wilfried Röpert eng mit den Agrarbetrieben in seinem Jagdrevier zusammen. Er darf zum Beispiel mit seinen Waidgenossen spezielle Wildkräuter aussäen. "Ein Landwirt hat uns einen ganzen Streifen umgearbeitet und wir haben da Buchweizen und Sonnenblumen ausgesät. Und das werden wir jetzt im Frühjahr auch wieder machen. Und das nutzt der Hase natürlich auch sehr gerne, um sich darin zu verstecken." Der Feldhase ist ein Feinschmecker, betont Andreas Kinser von der Deutschen Wildtier Stiftung. Auf den stiftungseigenen Flächen in Klepelshagen (Vorpommern-Greifswald) gibt es das Projekt namens Hasenland und dort werden vorranging Wildkräuter angebaut. Das Grünland wird später, erst ab 1. Juli gemäht. Dann sind die Junghasen groß und flink genug und können vor den Mähmaschinen mit den scharfen Messern fliehen. 

Naturschutz ist ausschlaggebend

Jäger Wilfried Röpert wird sich auch in Zukunft für den Feldhasen stark machen. Er hat ein konkretes Ziel für sein Revier vor Augen. "Also so zehn Hasen pro 100 Hektar hätte ich schon ganz gern in diesem Revier, aber das ist noch ein weiter Weg, aber der ist eigentlich erreichbar." Der 74-Jährige denkt dabei an ein gemeinschaftliches Agieren mit Jägern, die sich um die Fressfeinde kümmern, mit Landwirten, die pro Feldhasen ackern und mit Hundebesitzern, die ihre Tiere vor allem jetzt in der Setz- also Nachwuchszeit der Feldhasen anleinen. 

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Radio MV | Nachrichten aus Mecklenburg-Vorpommern | 04.04.2023 | 14:00 Uhr

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