Experte zu Geldtransporter-Überfall: Täter lernten aus früherem Fall
Der Überfall auf den Geldtransporter an der A20 bei Gützkow als "Potsdam 2.0"? Nach Meinung eines Experten haben die Täter aus einem kurz zuvor gescheiterten Überfall gelernt - und deshalb Betonelemente ausgelegt, um ein Ausbrechen des Geldtransporters zu verhindern.
Im Nordmagazin des NDR Fernsehens zog Uwe Wendorf von der Bundesvereinigung der deutschen Geld- und Wertdienstleister Parallelen zu einem anderen Vorfall, der sich einige Wochen zuvor ereignet hatte. Ende Januar war ein Überfall auf einer Autobahnauffahrt der A115 bei Potsdam gescheitert. Wendorf sprach mit Blick auf den Überfall bei Gützkow von einem "Potsdam 2.0". Es gebe einen "sehr, sehr ähnlichen Ablauf der Tat - nur dass die Täter aus dem Vorfall in Potsdam scheinbar gelernt haben."
Ausbrech-Versuch durch Betonelemente verhindert
Bei Potsdam konnte der Geldtransporter entkommen. Die Täter zündeten zwei Tatfahrzeuge an und flohen. Betonhindernisse, um mögliche Ausbrechversuche des Geldtransporters zu verhindern, wurden nicht am Tatort gefunden. In dem Fall bei Gützkow sei das Ausbrechen des Transporters hingegen durch die Platzierung der Betonelemente am Fahrbahnrand verhindert worden. Wendorf wies darauf hin, dass die Besatzungen der Transporter in solchen Manövern geschult würden und diese auch trainierten. Zudem gebe es auch psychologische Schulungen. "Aber im Endeffekt reagiert eine Besatzung auf einen Überfall völlig selbstständig und völlig alleine."
Insiderwissen bei Überfall eingesetzt? "Noch nicht ganz klar"
Die beiden Fahrer des an der A20 überfallenen Transporters hätten sich "exzellent" verhalten, indem sie ihr gesichertes Fahrzeug nicht verlassen hatten, sondern sitzen geblieben waren. Denn der Fahrerraum sei auch gegen Beschuss durch automatische Waffen geschützt. "Das war das Beste, was sie tun konnten." Ob bei dem jüngsten Überfall auch Insider-Wissen eine Rolle gespielten haben könnte, ist laut Wendorf "momentan noch nicht ganz klar."
Spreizer oder große Trennschleifer als Tatwerkzeuge
Mit Blick auf die letzten Geldtransporter-Überfälle im Bundesgebiet stellt Wendorf fest, dass die Täter immer professioneller vorgehen: "Die Täter sind organisierter geworden, sie sind brutaler geworden, die kriminelle Energie hat sich deutlich erhöht." Eine Konsequenz aus dem jüngsten Überfall sei, dass die Fahrzeuge weiter aufgerüstet würden. Dabei stehe insbesondere das Aufbrechen der Hintertüren der Transporter im Fokus - wie in dem Fall bei Gützkow geschehen. "Das kriegt man nicht mit einem Schraubenzieher hin. Da braucht man sehr, sehr schwere Technik. Entweder sind Spreizer genutzt worden oder große Trennschleifer. Das wissen wir momentan noch nicht." Dennoch, gänzlich ausschließen ließen sich solche Überfälle trotz hoher Sicherheitsvorkehrungen nicht, ist sich Wendorf sicher.
Mehrere Hinweise zu dem Überfall bei Gützkow eingegangen
Nach den Tätern des Überfalls wird weiter bundesweit gefahndet. Bislang fehlt von den Tätern und der Millionenbeute noch jede Spur - es gibt aber mehrere Hinweise. Die Kriminalpolizei bittet weiterhin mögliche Zeugen um Mithilfe. Sie fragt: Wer hat seit dem 24. Februar am Tatort jemanden gesehen, der dort Schilder oder Betonelemente aufgestellt hat? Angaben zu auffälligen oder geparkten Autos oder sonstige sachdienliche Hinweise zur falschen Baustelle seien ebenfalls von Interesse. Für die weiteren Ermittlungen könnten auch Aufnahmen von Kameras wie etwa in Autos installierten Dashcams von Vorbeifahrenden relevant sein. Ebenso könnten Aufnahmen von Wildkameras, die im Bereich des Waldstücks bei Müssentin nahe Jarmen in den vergangenen Tagen in Betrieb waren, Anhaltspunkte liefern. In dem Waldstück war am Donnerstag nach dem Überfall das Fluchtfahrzeug der Täter ausgebrannt gefunden worden.