Energiekrise und Ukrainekrieg - Solarboom in MV
Der Boom bei der Photovoltaik in Mecklenburg-Vorpommern ist seit Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine sprunghaft gestiegen. So sind laut Marktstammdatenregister der Bundesnetzagentur derzeit etwa 36.400 Photovoltaikanlagen hier im Land in Betrieb.
Besonders die sogenannten Balkonkraftwerke, also steckerfertige Solarstromanlagen sind gefragt - gab es im Jahr 2021 gerade einmal 120 neu ans Netz genommene, so stieg diese Zahl im vergangenen Jahr sprunghaft auf 2.200 neue Anlagen an. Dazu kommt noch eine unbekannte Zahl sogenannter Guerilla-Anlagen, also Solarkraftwerke die jemand gekauft und in Betrieb genommen hat, ohne sie ordnungsgemäß anzumelden. Dieser Run, gerade auf die kleinen Anlagen mit 600 Watt Leistung, führte in den vergangenen Monaten aber auch zu deutlichen Preissteigerungen.
Umkehr bei der Preisentwicklung
Die Folgen der Coronapandemie und des Krieges in der Ukraine sind aber auch, dass die Preise für die Stromerzeugung mit Sonnenlicht wieder gestiegen sind. Erst waren es unterbrochene Lieferketten infolge der Pandemie und nun ist es die starke Nachfrage der Kunden, die den drastisch gestiegenen Energiepreisen etwas entgegensetzen wollen, die dazu geführt hat, dass die Anlagen wieder teurer geworden sind.
Kosteten im Jahr 2006 Photovoltaikmodule mit einer Erzeugungsleistung von 1kwp (1.000 Watt Peak) noch knapp 6.000 Euro, war der Preis dafür vor Beginn des Krieges auf etwa 1.400 Euro gesunken. Im vergangenen Jahr stieg er dann deutlich an. Erst Anfang dieses Jahres, mit Wegfall der Umsatzsteuer für die meisten privaten Solaranlagen, sind die Preise wieder gesunken.
Lange Wartezeiten - es mangelt an Installateuren und Material
Axel Hübscher ist auf einer Baustelle in Laage. Gerade schleppt er Module auf ein Carport-Dach. 20 Kilogramm wiegt jedes Teil. Hübscher ist Solarinstallateur und Inhaber einer kleinen Solar-Firma im Landkreis Rostock. Wer von ihm auch nur ein Angebot für eine Solaranlage haben möchte, muss sich gedulden: "Anfragen schaue ich mir nur an, wenn das Wetter so mies ist, dass ich nicht aufs Dach kann", sagt Hübscher. Und so stapeln sich die Anfragen auf seinem Schreibtisch. Mehr als sechs Monate muss man warten, ehe ein erteilter Auftrag abgearbeitet werden kann und das sei bei allen seinen Kollegen so, meint Hübscher, quer durchs Land von Boizenburg bis nach Binz - überall mangelt es an Installateuren, manchmal wartet man aufs Material aber eigentlich sei es schlicht die Fülle an Aufträgen, die einfach nicht abgearbeitet werden können.
Genehmigungsverfahren und überforderte Behörden
Etwas anders sieht es bei den Großinvestoren aus, die oft etliche Hektar Landfläche mit Photovoltaikmodulen zubauen wollen. Die stünden in den Startlöchern, sagt Johann-Georg Jäger vom "Landesverband Erneuerbare Energien Mecklenburg-Vorpommern e.V." aber die Behörden kommen mit den Genehmigungsverfahren nicht hinterher. In der Nähe von Bützow wartet ein Solarpark bereits seit anderthalb Jahren auf Genehmigung. "So werden wir die bundespolitisch gesetzten Energieziele jedenfalls nicht erreichen", meint Jäger und bringt neue Installationsorte ins Spiel. Denn Ackerflächen der Stromerzeugung zu opfern finden nicht alle Menschen gut. Wiedervernässte Moorflächen könnten laut Jäger eine Alternative sein. Das seien schließlich ökologisch sinnvolle Orte - die Funktion, CO2 zu speichern, würden sie trotzdem erfüllen, auch wenn über den Mooren Solarmodule installiert würden. Eine Idee, die aber, das ist Jäger bewusst, auch gleich wieder die Naturschützer auf den Plan rufen würde.