Einzigartiger Bewegungsparcours für Demenzkranke in Abtshagen
In Abtshagen wurde Mecklenburg-Vorpommerns erster Aktivparcours für Demenzkranke eröffnet. Der Parcours, gefördert mit 40.000 Euro, bietet individuelle Bewegungsübungen, um die körperliche Aktivität und geistige Fitness von Senioren zu fördern.
Inge Reiche und Nora Pankonin sehen nach unten. Vor ihnen liegen neun rote Felder - beschriftet mit den Ziffern eins bis neun. "Dann wollen wir mal ein bisschen rechnen", sagt Pflegerin Nadine Neujokath und stellt eine Aufgabe: "Frau Reiche, drei plus zwei." Die Rentnerin überlegt kurz und stellt sich dann auf das Feld mit der Ziffer fünf.
40.000 Euro Fördergelder aus der Aktion "Hand in Hand"
Den Kopf anstrengen und in Bewegung kommen – das ist das Ziel des Aktivparcours. Die beiden Damen sind Gäste in einer Tagespflegeeinrichtung in Abtshagen bei Grimmen (Landkreis Vorpommern-Rügen). Genau daneben befindet sich der Parcours. Mehr als zehn Elemente sollen die alten Menschen fordern - jeden nach ihren individuellen Fähigkeiten.
Entwickelt hat sie Reyk Sattler, Landschaftsarchitekt aus Greifswald, zusammen mit einem Sportwissenschaftler. Ihn reizt es Bewegungsparcours für Gruppen zu entwickeln, für die es sonst nicht wirklich sportliche Angebote gibt. Dieser ist speziell für Menschen, die an Demenz erkrankt sind. Deshalb hat die Deutsche Alzheimer Gesellschaft das Projekt mit gut 40.000 Euro gefördert. Das Geld stammt aus der NDR Spendenaktion "Hand in Hand für Norddeutschland".
Nachts weniger Unruhe durch körperliche Aktivität
Kathleen Schluricke, Koordinatorin bei der Deutschen Alzheimer Gesellschaft, findet den ersten Aktivparcours für Demenzkranke sehr gelungen. Für Menschen, die an Demenz erkrankt sind, müsse man anders denken, es gebe andere Defizite, deshalb müsse auch so ein Bewegungsangebot anders aussehen. Kontrastreiche, große Flächen seien wichtig, denn sie regen die Wahrnehmung an. "Und Demenzkranke sind häufig tagsüber sehr inaktiv. Das führt häufig zu einer Unruhe in der Nacht", sagt die Expertin. Körperliche Aktivitäten haben da einen positiven Effekt.
Wichtige Bewegungsabläufe im Kopf festigen
Im Parcours gibt es dafür zum Beispiel eine Art Brücke, die aber nur aus drei Stufen besteht. Die Seniorin Inge Grützmacher trainiert jetzt daran. Die Hände an beiden Seiten am Handlauf geht es eine Stufe hoch, dann wieder auf den Boden, dann auf die höhere Stufe in der Mitte und auf der anderen Seite wieder runter. Beide Frauen leben noch zuhause, sind nur tagsüber in der Pflegeeinrichtung. In ihren Häusern müssen sie Treppen steigen – diese Kompetenz wird hier geschult, sagt Pflegedienstleiterin Nadine Neujokath: "Füße heben, Treppen steigen, je mehr sie das üben, umso mehr festigt sich das im Kopf."
Parcours für jeden offen
Der Parcours ist aber nicht allein für die Gäste der Pflegeeinrichtung gedacht. Er ist offen zugänglich, jeder kann dort trainieren. Darüber freut sich besonders der Bürgermeister von Abtshagen, Frederic Beeskow, der gleichzeitig auch der Inhaber des Pflegedienstes ist. "20 Prozent der Bevölkerung in unserem Dorf sind über 65 Jahre und wir wollen natürlich, dass sie so lange wie möglich in unserer Gemeinde bleiben", sagt er. Damit die älteren Dorfbewohner fit bleiben, um den Alltag zuhause bewältigen zu können - dafür leiste das Angebot einen Beitrag. Und er soll nicht der einzige Aktivparcours für Demenzkranke im Land bleiben. Reyk Sattler, sein Partner und die Experten der Alzheimer Gesellschaft entwickeln gerade einen Leitfaden für ähnliche Projekte.