Biosphärenreservat Schaalsee: Modellregion für mehr Insektenschutz
In Mecklenburg-Vorpommern leben etwa 340 Wildbienenarten. Die meisten Arten haben es immer schwerer zu überleben. Ihnen fehlt Lebensraum und Nahrung. Am Schaalsee wird erprobt, was den Tieren gut tut.
Es ist sonnig und mild auf einer Kuhweide bei Zarrentin im Biosphärenreservat Schaalsee. Johann-Christoph Kornmilch sucht eine halbmondförmig ausgebaggerte Insektenwand ab. Dort wimmelt es, viele Bienen und Wespen fliegen herum. Der Diplombiologe möchte herausfinden, ob auch die Frühlings-Seidenbiene eingezogen ist, die Wildbiene des Jahres.
Seidenbiene mit Pelz
Deutschlandweit gibt es 14 Seidenbienenarten. Die Frühlings-Seidenbiene ist die größte und erste im Jahr die ausschwirrt, erzählt Kornmilch.
Seidentapete in Nisthöhlen
Alle Seidenbienen haben die Eigenschaft, dass sie ihre Nester innen mit einer seidenartigen Flüssigkeit auskleiden, die sie selbst bilden. Kornmilch erklärt es sehr bildhaft.
Lebensraum schwindet
Die meisten der rund 340 Wildbienenarten, die in Mecklenburg-Vorpommern leben, gehen in ihrer Population stark zurück. Auch die Frühlings-Seidenbiene hat es immer schwerer. Noch zählt sie deutschlandweit zu den nicht gefährdeten Arten. Dennoch erzählt Kornmilch, dass es früher Kolonien von mehreren hundert oder tausend Tieren gab, vor allem in sandigen Regionen mit viel Weichholz.
Modelllandschaft für eine bessere Zukunft
Das Biosphärenreservat Schaalsee gehört deutschlandweit zu fünf Modellregionen, in denen geschaut wird, welche Insektenarten dort leben und wie diese stärker geschützt werden können. Dr. Josephine Kuczyk von der Umweltschutzorganisation WWF koordiniert das Projekt mit dem Namen "Brommi" hierzulande. Es ist eine Abkürzung, die für Biosphärenreservate als Modelllandschaften für den Insektenschutz steht. Die Biologin arbeitet eng mit Kommunen, Landwirten und Vereinen zusammen.
Steilwände als Nistplätze
Auf der Kuhweide bei Zarrentin wurden im Herbst 2021 sechs Insektenwände geschaffen, indem Sand zu einer Steilwand aufgeschoben wurde. Im vergangenen Jahr haben Experten erstmals Daten erhoben. Insgesamt 67 verschiedene Wildbienen- und Wespenarten wurden nachgewiesen. Erfreulich sei, so Kuczyk, dass auch Arten entdeckt wurden, die auf der Roten Liste stehen, etwa die als gefährdet eingestufte Grabwespenart Tachysphex helveticus, für die es nur einen lateinischen Namen gibt. Eine kleine Sensation ist auch die Filzzahn-Blattschneiderbiene, für die es bislang nur zwei gesicherte Nachweise hierzulande gibt. In Penkun wurde sie 2020 gesichtet und im vergangenen Jahr auf der Kuhweide bei Zarrentin.
Heimische Pflanzen als Nahrung fehlen
Eine Idee ist, künftig mehr heimische Pflanzen als Blühweiden auszusäen.
Rahmenbedingungen bis 2025
Das "Brommi"-Projekt läuft bis 2025. Es wird aus Bundes- und Landesmitteln finanziert. Deutschlandweit sollen so über 8.000 Insektenarten geschützt werden. Gemeinsam mit dem Bundesamt für Naturschutz, den Verwaltungen der Biosphärenreservate und regionalen Landwirten und Landwirtinnen werden regionale Schutzprojekte realisiert.