Stand: 23.06.2017 15:43 Uhr

VW-Fahndung: PR-Spektakel oder Wahrheitssuche?

Fünf in den USA angeklagte frühere VW-Manager müssen wegen ihrer möglichen Verstrickung in den Abgas-Skandal bei Reisen ins Ausland künftig damit rechnen, verhaftet zu werden. Die US-Justiz lässt nach den Männern offenbar weltweit über Interpol fahnden.

Ein Kommentar von Peter Hornung, NDR Info

Peter Hornung © NDR Foto: Klaus Westermann
Peter Hornung wundert sich, dass nur nach fünf früheren VW-Managern gefahndet wird.

Es klingt, als jage man Schwerverbrecher. Wenn es nach dem Willen der US-Justiz geht, soll nun jeder Polizist weltweit Ausschau halten, ob er einen oder mehrere der fünf gesuchten VW-Ingenieure sieht. Sofort festnehmen und dann in die USA ausliefern, das ist die Forderung. Dort sollen sie dann wegen Betruges und Verschwörung vor Gericht gestellt werden und womöglich lange büßen für den Abgasskandal. Die Botschaft ist klar: Wir greifen durch und wir klären auf - und keiner entkommt uns.

Sucht die US-Justiz nur Sündenböcke?

Doch so einfach ist es eben nicht. Denn zunächst einmal muss man fragen: Warum haben sich die US-Behörden gerade auf die fünf eingeschossen? Alle waren zwar verantwortliche Manager bis hin zum Top-Management, aber keiner von ihnen Konzernvorstand. Sind das tatsächlich die Hauptverantwortlichen - oder doch nur Sündenböcke, weil Beweise gegen andere fehlen? In Deutschland jedenfalls geht man derzeit von 37 Beschuldigten aus, gegen die ermittelt wird. Darunter sind die fünf weltweit Gesuchten, aber eben auch 32 andere, unter anderem der ehemalige VW-Chef Martin Winterkorn. Haben die Amerikaner also gegen den Konzernvorstand keine Beweise? Gut möglich.

US-Strafverfolger und VW sind sich seltsam einig

Merkwürdig ist, dass die US-Justiz offenbar kein gesteigertes Interesse daran hat, die Sicht der Angeklagten jetzt schon zu hören. Versuche, mit den Strafverfolgern Kontakt aufzunehmen, seien bisher am Desinteresse der Amerikaner gescheitert, heißt es aus Anwaltskreisen. Erst solle man sich schuldig bekennen, dann könne man vielleicht reden. Das klingt weniger nach schonungsloser Aufklärung, sondern mehr danach, dass man öffentlichkeitswirksam Einzelne für den Skandal verurteilen will, um den Fall auch strafrechtlich abzuschließen. Da sind sich US-Justiz und Volkswagen plötzlich seltsam einig. Denn die Jagd nach den fünf Ingenieuren bestätigt das Bild, das das Wolfsburger Unternehmen gerne in der Öffentlichkeit vom Dieselskandal zeichnet. Dass es eine Gruppe verantwortungsloser Mitarbeiter unterhalb der Vorstandsebene war, die dem Konzern die schwerste Krise seiner Geschichte eingebrockt hat. Mehr Aufklärung muss nicht sein, geht es nach dem Willen der Wolfsburger.

Warten auf die deutsche Justiz

Doch die Wahrheit könnte anders aussehen, spätestens wenn die deutschen Ermittlungen abgeschlossen sind und es in Braunschweig zu Strafprozessen kommt. Dann wird der Fall VW noch einmal erzählt werden. Dass dann nur diese fünf im Mittelpunkt stehen werden, ist dabei alles andere als sicher.

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NDR Info | Kommentar | 23.06.2017 | 17:08 Uhr

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