Kommentar: Gemeinsam gegen die Hitze
Der Sommer in diesem Jahr wird wieder eine Zeit der Hitze werden. Die Folgen des Klimawandels sind nicht mehr zu ignorieren. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat in der vergangenen Woche einen Hitzeschutzplan vorgelegt, in Braunschweig wurde eine neue Löschflugzeug-Staffel vorgestellt. Denn auch Waldbrände werden ab jetzt zum Sommer-Alltag im Norden gehören.
Nein, es geht hier jetzt mal nicht ums Heizen, sondern um die Hitze. Diese Hitze aber auch! Sie ist gefährlich für die Gesundheit. Sie verursacht furchtbare Waldbrände. Sie ist ein wichtiges Thema, aber auch ein schwer zu fassendes. Wer über Hitze spricht, landet schnell beim Wetterbericht.
Apropos: Die Hitzewelle, die den Menschen in Andalusien und anderen Teilen Spaniens in dieser Woche mit bis zu 44 Grad zugesetzt hat, soll sich nun endlich etwas abschwächen, während die Meteorologen in der nächsten Woche auch in Norddeutschland wieder richtig heiße Tage für möglich halten.
Hitze birgt Gefahren für die Gesundheit
Doch wer über Hitze spricht, landet auch schnell in schmerzhaften klimapolitischen Grundsatzdiskussionen. Ja, sie sind schmerzhaft, weil wir erst anfangen zu begreifen, was ein klimaresilienter Umbau dieses Landes an Anstrengungen, Einschränkungen, Widersprüchen und politischen Risiken birgt - und gleichwohl nicht umhin können, die Notwendigkeit dieses Umbaus einzusehen.
Aber das Gute ist: Man kann sich dem Problem Hitze auch zuwenden, ohne andauernd auf die Wetter-App zu starren oder sich dem Weltschmerz hinzugeben. Es gibt so viel zu tun. Und es ist ja schon längst losgegangen. Die gesundheitlichen Gefahren werden klarer erkannt. Endlich! Hitze bedroht Ältere, Kinder, Schwangere, Menschen mit Behinderungen, chronisch Kranke, Obdachlose und Beschäftigte an heißen Orten. Jedes Jahr wird in Deutschland der Tod von 5.000 bis 10.000 Menschen auf Hitze zurückgeführt.
Erste Pläne von Ländern und Kommunen
Bundesgesundheitsminister Lauterbach kündigte eine Informationskampagne an. Mehr Menschen sollen wissen, wie wichtig es ist, viel zu trinken, die Wohnungen früh abzudunkeln und aufeinander zu achten. Das Land Brandenburg gründet ein "Netzwerk Hitzeschutz", um Verbesserungen mit Blick auf die Kühlung von Räumen, auf die Dosierung bestimmter Medikamente und die Ausweitung des kostenlosen Trinkwasserangebots anzuschieben.
Kommunen wie Cottbus haben angefangen, sich in Richtung "Schwammstadt" zu verändern. In Cottbus sollen Grundstückseigentümer, die mit grünen Dächern, Mulden oder Tonnen dazu beitragen, mehr Regenwasser in der Stadt zu halten, finanziell entlastet werden. Die Städte müssen grüner und feuchter werden. Es ist höchste Zeit. Und die Frage, wer jetzt was dazu beitragen kann, ist wichtiger als die, wieso diese Themen es erst jetzt auf die politische Agenda geschafft haben.
Investitionen in Wald- und Moorbrand-Bekämpfung sind sinnvoll
Vorsichtiger Optimismus ist immerhin beim Thema Waldbrandgefahr angebracht. In dieser Woche trafen sich Bundesinnenministerin Nancy Faeser und ihre niedersächsische Amtskollegin Daniela Behrens (beide SPD) anlässlich der Stationierung zweier Löschflugzeuge am Flughafen Braunschweig-Wolfsburg. Hier wehte tatsächlich so etwas wie der Geist einer gemeinsamen Anstrengung.
Immerhin werden diese Löschflugzeuge als erste ihrer Art von der EU-Kommission sowie von Bundes- und Landesregierung finanziert. Das verbindet. Das ist gut so. Dass in Forsten und Feuerwehren davon ausgegangen wird, mittelfristig zur Wald- und Moorbrandbekämpfung noch ganz andere Investitionen in Technik und Ausbildung zu benötigen, schmälert nicht die Freude über die gelungene Kooperation.
Wälder können nicht genügend Wasser speichern
Erschreckend groß und sozusagen chronisch sind die Waldbrandrisiken in Brandenburg, Niedersachsen und Sachsen längst geworden. Dabei gilt es zwei Ebenen zu trennen. Auf der einen läuft die Erkennung der Brände durch Kameras und Drohnen sowie die Bekämpfung der Feuer durch entschlossene Feuerwehrleute und andere Mitglieder der "Blaulichtfamilie", wie die Ministerinnen das nannten.
Auf der anderen Ebene müssen die Bedenken der Waldökologie endlich ernst genommen werden. Die Wälder sind zu zerstückelt und nicht "wild" genug, um genügend Wasser für die vielen Hitzephasen speichern zu können. Schon wieder wird ersichtlich, wie langfristig lebensnotwendige Entscheidungen und legitime wirtschaftliche Interessen einander ins Gehege kommen.
Rodungen im Fünf-Sekunden-Takt
Lebensnotwendig? Und ob! Die Gruppe "Global Forest Watch" hat anhand von Satellitenbildern überschlagen, dass im vergangenen Jahr 4,1 Millionen Hektar tropischen Urwalds zerstört worden sind. Der Anschaulichkeit halber haben die Waldbeobachter diese Zahl umgerechnet: Alle fünf Sekunden wird auf der Welt eine Waldfläche in der Größe eines Fußballfeldes niedergebrannt oder gerodet. Noch einmal zum Mitzählen: alle fünf Sekunden!
Ja, wir haben angefangen, uns mit dem Thema Hitze zu befassen. Ja, wir haben angefangen, die Wichtigkeit der Wälder nicht nur romantisch zu beschwören, sondern auch politisch zu beherzigen. Aber wir haben erst angefangen.
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