Gut oder böse: Chinas Einkaufstour in Deutschland
Chinesische Investoren sind auf Einkaufstour - und haben dabei besonders deutsche Unternehmen im Blick. Im Schnitt kaufen sie hierzulande zurzeit mehr als ein Unternehmen pro Woche. Denn die chinesische Regierung will technologisch aufholen. Beobachter fürchten um einen Ausverkauf deutscher Technologien und kritisieren, dass hinter vielen Deals der chinesische Staat stecke. In unserer Reihe "NDR Info Perspektiven" fassen wir die Bedenken zusammen und blickt im zweiten Teil des Audio-Beitrags auf ein Unternehmen aus Niedersachsen, das sich viel von den ausländischen Investoren erhofft.
Der Industrie-Roboterhersteller Kuka, der Maschinenbauer Krauss-Maffei oder der Klavierbauer Schimmel - sie alle sind mittlerweile in chinesischer Hand. In keinem Land Europas investieren Chinesen so viel wie in Deutschland: für fast zwölf Milliarden Euro kauften sie im vergangenen Jahr deutsche Unternehmen. "Der Hintergrund ist, dass China sich gerade auf einer ganz enormen technologischen Aufholjagd befindet. Und viele spannende Technologien finden sie in kleinen, mittelständischen Unternehmen hier in Deutschland", sagt Björn Conrad vom Mercator Institute for China Studies, kurz MERICS.
Droht ein Ausverkauf deutscher Technologien?
Oft sei nicht klar, wer hinter den Deals stecke, monieren Kritiker. Bernhard Bartsch, Senior Expert im Programm "Deutschland und Asien" der Bertelsmann-Stiftung: "Viele Sorgen sind berechtigt. Wo kommt das Geld her, was ist die unternehmerische Strategie, die dahinter liegt? Warum werden so hohe Preise geboten? Da möchte man natürlich, gerade als Betriebsrat, wissen, was ist die Zukunft des Unternehmens?". Sorge bereitet ihm zum Beispiel, dass einige Investoren industriefremde Firmen übernehmen - er vermutet dahinter eine Strategie der chinesischen Regierung, um kartellrechtliche Bedenken zu umgehen.
Übernahme-Verbote gibt es kaum
Für die deutsche Regierung ist es zurzeit kaum möglich, Übernahmen zu verhindern. Das Bundeswirtschaftsministerium will deshalb das Außenwirtschaftsrecht ändern, um auch Branchen schützen zu können, die für die "strategische Zukunftsfähigkeit der deutschen Wirtschaft” wichtig seien. Dahinter steht auch die Forderung, gleiche Spielregeln für alle zu schaffen. Denn deutsche Unternehmen in China sind bei ihren Investitionen sehr eingeschränkt.
Unternehmen sehen Perspektiven
Viele Unternehmen und Wirtschaftsvertreter sehen die chinesischen Übernahmen in Deutschland hingegen sehr positiv. Zum Beispiel das Unternehmen "Energy from Waste", kurz EEW, aus Helmstedt in Niedersachsen. EEW verbrennt Abfall, um daraus Strom zu gewinnen. 1,4 Milliarden Euro zahlte der Staatskonzern Beijing Enterprises für EEW, als die Firma vergangenes Jahr zum Verkauf stand - die bis dahin höchste Summe, die Chinesen je für ein deutsches Unternehmen auf den Tisch gelegt hatten. Der vorherige Investor hatte von vornherein vorgehabt, EEW nach einigen Jahren weiterzuverkaufen.
"Wir verraten keine Geheimnisse"
"Mir würde im Moment überhaupt kein Grund einfallen, unser Know-how nicht zur Verfügung zu stellen. Denn wir verraten keine Geheimnisse, wenn wir sagen, wie man eine Müllverbrennungs-Anlage so betreibt, dass man in Zukunft aus einer Müllverbrennungs-Anlage auch Energie gewinnen kann", so der Geschäftsführer von EEW, Bernard Kemper. Das Image chinesischer Investoren habe sich gewandelt, erzählen Beobachter wie Yi Sun von der Unternehmensberatung Ernst & Young. Sie ist der Meinung, dass die meisten deutschen Unternehmen stark von den Übernahmen profitieren: "Das eröffnet den Unternehmen in Deutschland einen anderen Horizont und öffnet auch den Zugang zu dem Absatzmarkt in China.” Und Kai Lucks vom Bundesverband Mergers & Acquisitions lobt die Chinesen für ihre mittlerweile "fairen Deals": Sie verlagern keine Unternehmen mehr und erhalten Arbeitsplätze, so Lucks.