Zwischen Hamburg und Haiti

Chemnitz - Kulturhauptstadt Europas 2025

Sonntag, 20. Oktober 2024, 09:34 bis 10:00 Uhr, NDR Info

Menschen tragen jeweils eine Zimmerpflanze durch die Straßen von Chemnitz - vor dem Karl-Marx-Monument, dem Wahrzeichen der Stadt © Hendrik Schmidt/dpa +++ dpa-Bildfunk Foto: Hendrik Schmidt

Im Wettbewerb um den Titel Kulturhauptstadt Europas 2025 hatte sich Chemnitz gegen Nürnberg, Hannover, Magdeburg und einige andere durchgesetzt. Dresden hatte zuvor selbst aufgegeben.

Menschen tragen jeweils eine Zimmerpflanze durch die Straßen von Chemnitz - vor dem Karl-Marx-Monument, dem Wahrzeichen der Stadt © Hendrik Schmidt/dpa +++ dpa-Bildfunk Foto: Hendrik Schmidt
Hunderte Teilnehmer einer Kunstperformance halten in der Innenstadt von Chemnitz ihre Zimmerpflanzen vor dem Karl-Marx-Monument, dem Wahrzeichen der Stadt, in die Höhe.

Sachsens drittgrößte Stadt ist weder schön noch eine Kultur-Metropole. In seiner Bewerbung hatte Chemnitz versprochen, im Kulturhauptstadtprogramm auch die Ausschreitungen vom August 2018 aufzuarbeiten. Damals jagten Neonazis und andere Rechtsextremisten Ausländer und andere, die nicht in ihr Weltbild passen, durch die Straßen der Stadt.

Im 19. Jahrhundert galt Chemnitz als das "sächsische Manchester". Damals war sie eine der reichsten Industriestädte Deutschlands. Spuren des Aufbruchs finden sich im größten zusammenhängenden Jugendstilviertel Deutschlands auf dem Kassberg und im sächsischen Industriemuseum, einem der größten des Landes.

Menschen tragen jeweils eine Zimmerpflanze durch die Straßen von Chemnitz - vor dem Karl-Marx-Monument, dem Wahrzeichen der Stadt © Hendrik Schmidt/dpa +++ dpa-Bildfunk Foto: Hendrik Schmidt
Hunderte Teilnehmer einer Kunstperformance halten in der Innenstadt von Chemnitz ihre Zimmerpflanzen vor dem Karl-Marx-Monument, dem Wahrzeichen der Stadt, in die Höhe.

Die DDR wollte aus den Trümmern der Industriemetropole nach dem Zweiten Weltkrieg eine sozialistische Musterstadt bauen. Sie hieß nun Karl Marx Stadt und erhielt die weltgrößte Büste der Welt, den Karl Marx Kopf, sächsisch Nischel genannt. Nach der Wende verschwanden die Industrie, die Arbeitsplätze und viele Menschen. Fast ein Drittel der einst 360.000 Einwohner zog weg. Die Brüche und Widersprüche finden sich überall im Stadtbild: DDR-Plattenbauten, prächtige Bauwerke aus dem 19. und frühen 20. Jahrhundert, Brachflächen und Freiräume.

Die immer noch günstigen Mieten locken Kreative nach Chemnitz, aber auch Neonazis aus ganz Deutschland, die sich hier ihre eigenen Netzwerke geschaffen haben. Eine bunte Zivilgesellschaft hält mutig dagegen. In kaum einer Stadt dieser Größe gibt es eine so bunte, lebendige Kunst- und Kulturszene.

Junge Leute bauen einen alten Bahnhof zum Club um, andere organisieren Festivals in leerstehenden Fabriken aus dem 19. Jahrhundert. Ein Mäzen kauft und renoviert leerstehende Bauten, um sie günstig an Künstlerinnen und Künstler zu vermieten. Alternative Wohnprojekte begegnen dem Rechtstrend mit positiven Visionen der Zukunft.

AUDIO: Fünf Jahre nach rechten Ausschreitungen in Chemnitz (24 Min)

Eine Reportage von Robert B. Fishman aus Europas Kulturhauptstadt 2025.

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