Kryptowährung Bitcoin auf Höhenflug: Zukunftswette mit Risiko
Die Kryptowährung Bitcoin ist auf einem Höhenflug, nach der US-Wahl übertraf ihr Kurswert erstmals die 90.000-Dollar-Marke. Zwei Studenten aus dem Norden erklären, warum sie an das hochspekulative Investment glauben. Eine Finanzexpertin rät Anfängern: Finger weg!
Jonas Reimer sitzt in einem Café in der der Hamburger Neustadt und tippt rasend schnell auf seinem Handy herum. Er checkt seine Geld-Depots, quittiert mit einem Lächeln den Kursverlauf des Bitcoin, der an diesem Tag auf über 90.000 Dollar geklettert ist. "In schlechten Phasen will ich gar nicht sehen, was gerade passiert. Aber im Moment schaue ich jeden Morgen, um wie viel Prozent es angestiegen ist", erzählt der 20-Jährige, der im schleswig-holsteinischen Heide Wirtschaftspsychologie studiert. "In letzter Zeit lief es ziemlich gut."
Bitcoin auf Rekordhoch nach US-Wahl
Die älteste und bekannteste Kryptowährung ist nach der Präsidentschaftswahl in den USA auf ein Allzeithoch gestiegen. Donald Trump hatte die Krypto-Community im Wahlkampf umworben. Er versprach, den Krypto-Markt weitgehend unreguliert zu lassen und das ressourcenintensive Schürfen neuer Coins mit günstiger Energie zu fördern. Nun hoffen Investoren offenbar auf einen digitalen Goldrausch.
Umfrage: Junge Menschen investieren in Kryptowährungen
In Deutschland wagen laut einer Umfrage des Finanzdienstleisters Bitpanda in Kooperation mit dem Online-Marktforscher YouGov unter 6.000 Europäern derzeit elf Prozent der Befragten das weiterhin hoch spekulative Investment in Kryptowährungen. Tendenz steigend, vor allem bei Jüngeren, vor allem bei Männern.
Führend bei dieser Art der Finanzanlage sind den Daten zufolge die Millennials, also die 30- bis 40-Jährigen, von denen 22 Prozent der Befragten bereits in digitale Vermögenswerte investiert haben. Die Generation Z, also die bis 30-Jährigen, folgen mit zwölf Prozent. Schlusslicht sind die über 60-Jährigen, von denen sich gerade mal drei Prozent an die virtuelle Währung gewagt haben.
Jonas Reimer: Generation Z digitaler aufgestellt
Jonas Reimer gehört zur sogenannten Gen Z, der ersten Generation, die mit Smartphones aufgewachsen ist. Er war als Teenager in der Gaming-Szene aktiv und wurde dort ermuntert, sich mit Kryptowährungen zu beschäftigen. Mit 18 eröffnete er sein erstes Depot für den Aktienmarkt und meldete sich auf Kryptobörsen an.
Aber was fasziniert vor allem jüngere Menschen an einer Währung, die so wenig greifbar ist und mit der man derzeit kaum etwas bezahlen kann? "Wir aus der Generation Z sind einfach ein bisschen digitaler aufgestellt, gerade wenn man aus der Gamer-Welt kommt. Aber viele haben natürlich auch die Motivation: schnelles Geld", sagt Reimer. Er selbst bleibt gelassen, plant trotz des Hypes derzeit weder Zu- noch Verkäufe.
Claas Henke: Maximal zehn Prozent vom Portfolio
Auch Claas Henke investiert in Kryptowährung. Der 21-Jährige kommt aus der Nähe von Bremerhaven und studiert in Hamburg BWL. Während der Corona-Pandemie sei er durch Freunde dazu gekommen, sich mit dem Kapitalmarkt zu beschäftigen, sagt er. Mit 18 investierte er die ersten kleineren Beträge. "Ich habe immer weiter gemacht, unabhängig vom Kurs, weil ich der Geschichte vertraue. Es zahlt sich langsam aus." Ein paar Hundert Euro habe er damit schon gemacht.
Henke sieht sich - ähnlich wie wie Reimer - nicht als Glücksritter. Er setzt auf eine berufliche Zukunft in der Finanzwelt, engagiert sich im Hanseatischen Börsenkreis, dem studentischen Börsenverein der Universität Hamburg. Ihn fasziniere die Technologie hinter den Kryptowährungen, sagt er. Und er findet es spannend, die Entwicklung einer dezentralen Währung zu verfolgen, auch wenn sie noch nicht weltweit genutzt wird.
"Wenn man es rational betrachtet, ist Bitcoin für jeden eine Möglichkeit, ein weiteres Asset in sein Portfolio aufzunehmen", sagt er. "Wenn man allerdings die Technologie dahinter nicht versteht und der Technologie nicht vertraut, dann ist es nicht das richtige Investment." Anlegen sollte man in einem gesunden Rahmen: "Wir reden da über fünf, maximal zehn Prozent vom Portfolio, weil es sehr volatil ist und immer noch mit einem gewissen Risiko verbunden."
Finanzexpertin Connelly: Bitcoin ist hoch spekulatives Investment
Die sprunghafte Kursentwicklung - nach oben und nach unten - ist auch für die Finanzexpertin Anne E. Connelly ein Grund, Vorsicht walten zu lassen. "Generell gilt: Wenn ich mich noch gar nicht mit dem Kapitalmarkt auseinandergesetzt habe oder mit der Börse, dann würde ich erst mal die Finger davon lassen, weil der Bitcoin ein hochspekulatives Investment ist", sagt die Gründerin und Geschäftsführerin des unabhängigen Frauenfinanzportals herMoney.
Ihre Empfehlung: zuerst um Versicherungen und Altersvorsorge kümmern, dann eventuell in ETFs investieren. "Wenn man das gemacht hat und hat ein bisschen Spaß an der Sache gewonnen, kann man durchaus sagen: Ich gebe ein bisschen Spielgeld rein und probiere mich da mal aus." Man müsse sich jedoch immer des Risikos bewusst sein, "dass es gutgehen kann, aber auch ganz schief".
Krypto-Winter überstanden?
Dass laut Umfrage mehr Männer mit Kryptowährung spekulieren, überrascht Connelly nicht. "Es ist ja auch hinlänglich bekannt, dass Männer im Schnitt risikobereiter sind als Frauen", sagt sie. "Und wenn es nichts ist, dann ist es halt blöd gelaufen. Da sind Männer viel besser drin als Frauen."
Die Top-Managerin der Investmentfondsbranche hat nicht daran geglaubt, dass der Krypto-Klassiker Bitcoin, der seit 2009 aktiv und auch schon in eine tiefe Rezession gefallen ist, ein derart rasantes Comeback hinlegen würde: "Es gab ja auch schon einen Krypto-Winter, den scheinen wir überstanden zu haben."
"Der Energieverbrauch ist kritisch zu sehen"
Das hofft auch Jonas Reimer, der sein fettes Krypto-Minus im Jahr 2022 einfach ausgesessen hat. Er rechnet damit, dass der Bitcoin nach seinem explosiven Anstieg absehbar wieder fallen wird und eine Marktanpassung stattfindet.
Er sieht die Wette auf Krypto-Währungen schlicht als Teil seines Vermögensaufbaus, wohlwissend, dass die Blockchain-Technologie mit dem digitalen Errechnen dicker Datenpakete auch enorm viele Ressourcen verbraucht. "Der Energieverbrauch ist kritisch zu sehen", gesteht er ein. "Es ist auf jeden Fall kein sehr nachhaltiges Gut, aber es gibt schon Ansätze, Kryptowährung nachhaltiger zu machen und nicht so viel Energie zu verbrauchen."
"90.000 Dollar sind noch nicht das Ende"
Reimer hat inzwischen auch eine Kreditkarte mit dem Logo eines Krypto-Anbieters. Die muss er zwar erst aufladen, bevor er sie einsetzen kann. Aber auf dem Kartenlevel, das er aufgrund seiner bislang erworbenen Anteile erreicht hat, erhält er bei jedem Bezahlvorgang ein Prozent des gezahlten Betrags in Kryptowährung gutgeschrieben. "Und ich spekuliere natürlich darauf, dass die Währung weiter steigt. Die 90.000 Dollar sind nicht das Ende, es geht noch höher."