Kommentar zur Meyer Werft: Einstieg des Staates ist vertretbar
Nach monatelangem Ringen um die Zukunft der Papenburger Meyer Werft steht das angeschlagene Unternehmen offenbar kurz vor der Rettung: Der Staat könnte mit bis zu 90 Prozent einsteigen. Arbeitsplätze sollen dadurch geschützt werden.
Ein Kommentar von Arne Schulz, NDR Info
Der Staat baut Kreuzfahrtschiffe - mit unserem Steuergeld. Das klingt einigermaßen absurd. Natürlich werden Politiker nicht ins Tagesgeschäft der Werft einsteigen. Bei wichtigen Entscheidungen mitreden dürften sie aber schon. Und der Staat war bislang nur selten ein guter Unternehmer. Niedersachsens Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) behauptet, die Rettung sei nötig, für die Sicherheit Deutschlands und weil bei einer Pleite wichtige Schlüsseltechnologien verloren gingen.
Tatsächlich baut die Werft mittlerweile auch sogenannte Konverterplattformen, die nötig sind, um den Strom von Offshore-Windparks an Land zu transportieren. Aber: Das ist nur ein Nebengeschäft, genau wie der Bau von Tankern für die Marine. Der absolute Kern des Unternehmens ist nach wie vor der Bau von großen Kreuzfahrtschiffen. Die Argumente von Lies laufen aus meiner Sicht deshalb weitgehend ins Leere.
Meyer Werft ist ein unverzichtbarer wirtschaftlicher Anker
Aber: Es gibt andere Gründe, weshalb ein Einstieg des Staates vertretbar ist. Als Papenburg vor 400 Jahren gegründet wurde, da war die Gegend ein unwirtliches Moor. Siedler stachen Torf, bauten Kanäle und kleine Schiffe, um darauf zu fahren. Vor mehr als 200 Jahren entstand dann die Meyer Werft.
Bis heute gilt die Region als strukturschwach. Die Werft ist ein unverzichtbarer wirtschaftlicher Anker. 18.000 Menschen könnten indirekt von einer Pleite betroffen sein, sagen Wirtschaftsverbände. Das ist der eigentliche Grund für den Einstieg des Staates: der Schutz von Arbeitsplätzen - und der Erhalt des Schiffbaus, einer norddeutschen Tradition.
Es gibt keine Garantie
Eine Garantie, dass das mit staatlichen Geldern nun klappt, die gibt es nicht. Aber die Chancen stehen ganz gut. Die Meyer Werft hat gerade erst neue Aufträge bekommen. Ein Gutachter bescheinigt dem Unternehmen eine Perspektive. Ein Sanierer von außen ist schon dabei die Werft neu aufzustellen. Gewerkschaft, Betriebsrat und die Geschäftsführung haben sich auf weitere Änderungen geeinigt. Der Unternehmenssitz soll von Luxemburg nach Deutschland zurückverlegt, die Arbeitnehmervertretung gestärkt werden. Einige Arbeitsplätze fallen wohl weg. Tausende Beschäftigte und ihre Familien bekommen dadurch aber eine Zukunft.
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