Köpfe von internationalem Drogenring kommen aus Hannover
Unter Federführung des LKA Niedersachsen sowie Zoll und Staatsanwaltschaft Hannover ist ein Schlag gegen Drogenhändler gelungen. Die Gruppe aus dem Raum Hannover soll tonnenweise Kokain importiert haben.
Nach den länderübergreifenden Razzien am Mittwoch haben die Ermittler am Donnerstag auf einer Pressekonferenz weitere Details zu den Hintergründen bekannt gegeben. Die international agierende Gruppe soll mehr als 23 Tonnen Kokain aus Südamerika in die Europäische Union geschmuggelt haben, außerdem Marihuana und Haschisch im Tonnenbereich, so LKA-Kriminaldirektor Christian Zahel. Führende Köpfe der kriminellen Organisation seien zwei 39- und 43-jährige Männer aus Hannover gewesen, sagte LKA-Vizepräsident Bernd Gründel.
"Polizeiarbeit macht an Grenzen nicht halt"
Der 39-jährige mutmaßliche Haupttäter konnte demnach in der Nacht zu Donnerstag in Dubai festgenommen werden. Der zweite mutmaßliche Haupttäter war bereits Mitte März in Spanien gestellt worden. Dabei hätten die spanische Nationalpolizei und Beamte der "Gemeinsamen Ermittlungsgruppe Rauschgift" (GER) aus Niedersachsen mehrere hundert Kilogramm Kokain sowie 500.000 Euro Bargeld beschlagnahmt. Mit dem Einsatz sei es gelungen, die Struktur einer international agierenden Tätergruppierung zu zerschlagen, sagte Gründel. "Das zeigt: Polizeiarbeit macht an Grenzen nicht halt. Die jahrelangen guten Beziehungen des LKA zu internationalen Partnern sowie die beharrliche und akribische Ermittlungsarbeit haben dem organisierten Verbrechen einen schweren Schlag versetzt."
Vermögenswerte im Wert von 1,5 Millionen Euro sichergestellt
Dieser Schlag wurde am frühen Mittwochmorgen ausgeführt: Ermittelnde des LKA Niedersachsen, des Zollfahndungsamts (ZFA) Hannover sowie der Staatsanwaltschaft Hannover durchsuchten 35 Objekte in Niedersachsen, Hamburg, Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen. Elf Personen wurden im Rahmen der Razzia vorläufig festgenommen und zahlreiche Beweismittel sichergestellt. Darunter hätten sich neben schriftlichen Unterlagen und digitalen Beweisträgern auch kleinere Mengen Cannabis, eine Schusswaffe sowie Vermögenswerte in einer Höhe von 1.5 Millionen Euro befunden.
Ermittlungen begannen 2020
Vorausgegangen waren seit 2020 Ermittlungen der GER, des LKA Niedersachsen und des Zollfahndungsamtes (ZFA) Hannover. Auf Grundlage der Ermittlungsergebnisse beantragte die Staatsanwaltschaft Hannover die Durchsuchungsanordnungen und Haftbefehle für die mutmaßlichen Rauschgifthändler, die nun am Mittwoch vollstreckt wurden.
Durchsuchungen auch in anderen Ländern
Die Durchsuchungsaktion hatte laut LKA ihren Schwerpunkt in der Region Hannover sowie in den niedersächsischen Städten und Gemeinden Celle, Walsrode, Visselhövede, Liebenburg, Sarstedt, Wolfsburg, Meinersen und Achim. Darüber hinaus gab es Durchsuchungen in den Niederlanden, in Belgien, Spanien und Paraguay. In Belgien nahm die Polizei am Mittwoch fünf Personen fest, in den Niederlanden fasste die Polizei drei Beschuldigte. Dort wurden zudem vier Wohnungen, ein Auto und rund vier Millionen Euro beschlagnahmt. LKA-Chef Friedo de Vries sprach am Mittwoch von einer "Demonstration funktionierender Zusammenarbeit europäischer und internationaler Sicherheitsbehörden".
Rekordfund im Hamburger Hafen
Die Aktionen standen im Zusammenhang mit einem Kokain-Rekordfund im Hamburger Hafen im vergangenen Jahr, bei dem 16 Tonnen des Rauschgifts beschlagnahmt worden waren, die größte bis dahin in Europa entdeckte Lieferung dieser Droge. Zollbeamte hatten am 12. Februar 2021 nach einem Tipp von niederländischen Kollegen fünf Container einer Importfirma aus Rotterdam röntgen lassen, die diese aus Paraguay nach Hamburg bestellt hatte. In den Containern sollte sich eigentlich Spachtelmasse befinden. Beim Röntgen entdeckten die Ermittler dann aber auch rund 1.700 Blechdosen. Diese enthielten mehr als 16 Tonnen Kokain.
Weitere 7,2 Tonnen Kokain im Hafen von Antwerpen
Nach einem Hinweis aus Hamburg überprüften die niederländischen Sicherheitsbehörden die Import-Firma aus Rotterdam. An sie war eine weitere, 7,2 Tonnen schwere Kokainlieferung adressiert, die die belgische Polizei kurz darauf im Hafen von Antwerpen sicherstellte. Die niederländische Polizei nahm daraufhin den Geschäftsführer der Import-Firma fest. Nach diesen Aktionen waren bereits 21 Angeklagte zu insgesamt 125 Jahren Haft verurteilt worden, sagte Gründel am Donnerstag in Hannover. Der 39-jährige mutmaßliche Haupttäter aus Hannover hatte sich zuvor jedoch nach Dubai abgesetzt. An seiner Statt habe der 43-jährige Hannoveraner die Geschäfte in Hannover übernommen.
Täter nutzen Briefkastenfirmen für Abwicklung der Geschäfte
Die mutmaßlichen Täter hätten sich aus der alten Struktur heraus neu organisiert, sich international vernetzt und neue Vertriebswege geschaffen, die über mehrere Kontinente führten. Die europäische Polizeibehörde Europol stellte den Ermittlern Kenntnisse aus verschlüsselten Messengerdiensten zur Verfügung, sagte LKA-Kriminaldirektor Zahel am Donnerstag. Die zunächst anonym agierenden Täter seien so nach und nach identifiziert worden. Bei den Ermittlungen habe sich herausgestellt, dass die Gruppierung grenzübergreifend agierte und Betäubungsmittel in einem erheblichen Umfang verschob. Aus Süd- und Mittelamerika wurde Kokain in Containern im Bereich von mehreren Tonnen in Richtung Europa verschifft. Die Täterinnen und Täter tarnten die Drogen mithilfe von Waren, etwa Spachtelmasse, Bananen und Kaffeelieferungen. Im Hintergrund sei dafür ein Geflecht aus Schein- und Briefkastenfirmen, Lagerhallen und Transportunternehmen für die Logistik sowie eine personelle Arbeitsstruktur aufgebaut worden.