Ist die Post für den Weihnachtswahnsinn gut gerüstet?
In der Vorweihnachtszeit haben die Mitarbeitenden bei der Post und den Paketdienstleistern besonders viel zu tun. Zuletzt landeten bei der Bundesnetzagentur außergewöhnlich viele Beschwerden über den Service. Eine Reportage aus Hamburg.
Menschen, die mit dem Arm voller Pakete in einer langen Schlange vorm Postschalter stehen, sieht man jetzt wieder häufig in der Adventszeit. Das Geschäft bei der Post brummt. Zuletzt waren die Kunden aber oft unzufrieden. Ungewöhnlich viele haben sich deshalb an die Bundesnetzagentur gewandt. Allein im September sind dort knapp 5.000 Beschwerden eingegangen, zum Beispiel wegen zu spät zugestellter Briefe und Pakete. Die Post musste Probleme einräumen.
Kunden beschweren sich über geschlossene Schalter
Auch vor einer Filiale der Postbank in Hamburg sind viele frustrierte und genervte Kundinnen und Kunden anzutreffen. Viele wollten in der Filiale nicht nur Bankgeschäfte erledigen, sondern auch Briefmarken kaufen oder Pakete aufgeben Doch in letzter Zeit werden die Öffnungszeiten oft kurzfristig verändert. Auch an diesem Vormittag bleiben Bank- und Postschalter geschlossen. Ein Kunde berichtet, dass er nicht einmal mehr die Post zuverlässig in sein Postfach verteilt bekomme. Und eine Kundin weist auf den Ärger hin, den sie empfindet, wenn sie sich als Berufstätige abhetze und dann trotzdem vor verschlossenen Türen stehe.
Postbank: Hoher Krankenstand bei Belegschaft
Die Post verweist an die Postbank. Ein Sprecher antwortet schriftlich: "In unserer Filiale am Heußweg haben wir zurzeit mit einer Häufung von Erkrankungen zu kämpfen. Mehr als die Hälfte der Belegschaft ist erkrankt. Wir entschuldigen uns bei unseren Kundinnen und Kunden für alle Unannehmlichkeiten, die sie durch die vorübergehenden Schließungen in Kauf nehmen mussten." Mittlerweile soll die Filiale wieder regulär geöffnet sein - wenige Tage nach der Anfrage des NDR. Andere Postbankfilialen werden dagegen dauerhaft geschlossen, weil sich das Geschäft für das Unternehmen nicht mehr rechnet.
Postsendungen kommen zu spät oder an falschem Ort an
Von Problemen berichten nicht nur Kunden, die bei Filialen vor verschlossenen Türen stehen. Auch bei der Zustellung von Briefen und Paketen scheint einiges nicht rund zu laufen. Sendungen kommen zu spät an oder werden falsch zugestellt. Der Grund für die Mängel soll auch hier eine Krankheitswelle sein, es habe viele Corona-Fälle gegeben, heißt es von Deutscher Post und DHL. Das sei aber ausgestanden, sagt Postpressesprecher Stefan Laetsch: "Die betriebliche Lage ist insgesamt sehr stabil. Die Corona-Infektionszahlen sind deutlich zurückgegangen, und zudem ist auch die Urlaubszeit beendet. Seit Oktober haben wir jetzt alleine auch in unserer Niederlassung Hamburg 400 zusätzliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eingestellt." Die werden auch gebraucht.
Post hält an Leistungsversprechen fest
Vor Weihnachten müssen bis zu 500.000 Pakete an einem Tag im Paketzentrum in Hamburg-Allermöhe sortiert werden, erklärt der Postpressesprecher: "Bei den enormen Mengen kann es aktuell vereinzelt mal vorkommen, dass ein Paket vielleicht etwas länger unterwegs ist. Aber unser Leistungsversprechen gilt auch in diesem Jahr. Alle Pakete, die uns bis zum 20. Dezember eingeliefert werden, können wir noch bis Heiligabend zustellen."
Gewerkschaft sieht Postbeschäftigte unter hohem Druck
Also der ganze normale Weihnachtswahnsinn, den die Post im Griff hat? Lars Uwe Rieck von der Gewerkschaft ver.di hat Zweifel. Der Druck sei dauerhaft hoch: "Die Post ist dabei zu überdrehen, die Menschen zu überlasten. Dazu kommt jetzt noch dieses starke Geschäft im Weihnachtsverkehr hinein. Das alles sorgt dafür, dass die Menschen damit nicht klarkommen im Betrieb. Und da muss die Post dringend Antworten finden. Und ein 'Weiter so' ist kein guter Ratschlag für sie."
Hohe Fluktuation bei Beschäftigten
Auch vom Betriebsrat in Hamburg heißt es: Eine Krankheitswelle allein könne die angespannte Situation nicht erklären. Die Post stelle zwar viele Menschen ein, viele würden aber auch wieder gehen, sagt eine Betriebsrätin. Die Fluktuation sei zu hoch, ständig müssten neue Kräfte eingearbeitet werden. Das liege auch daran, dass die Post oft nur befristet eingestellt habe. In Hamburg hat sich das geändert, sagt Rieck, aber im Rest des Nordens sei es nicht so: "Wir haben in Kiel und in Rostock und auch in Niedersachsen die Situation, dass weiterhin auf dieses Modell der befristeten Verträge gesetzt wird." Und wer bei der Post einmal abgewiesen worden oder der Vertrag ausgelaufen sei, der würde es sich dreimal überlegen, ob er dort noch einmal anfange.
Zustellern auch mal Danke sagen
Deutsche Post und DHL müssten dauerhaft als Arbeitgeber attraktiver werden, fordern Betriebsrat und Gewerkschaft. Dann werde es auch nach Weihnachten besser laufen. Wenn es stressig wird, könnten allerdings auch die Kundinnen und Kunden helfen, empfiehlt Rieck: "Dem Zusteller oder der Zustellerin kann man auch gerne mal Danke sagen, oder - wenn es kalt wird - einen Kaffee anbieten. Auch ein Riesenproblem: WC. Wenn der Kunde darauf achtet, dann haben wir schon ganz viel gewonnen." Vielen Zustellern bleibe im Weihnachtsstress nämlich keine Zeit, um sich unterwegs eine Toilette zu suchen.