Handwerk: Wie ein Unternehmen dem Azubi-Mangel trotzt
Der Geschäftsführer einer Elektronikfirma in Norderstedt bei Hamburg und hat keine Probleme, Auszubildende zu finden. Er sucht gezielt über die Kanäle, die auch Jugendliche besonders gerne nutzen - zum Beispiel Social Media Plattformen.
Wie es bei der Firma HPS Hanseatic Power Solutions GmbH aussieht und wen man in den Büroräumen oder der Werkshalle trifft, kann man vorher schon auf YouTube oder Instagram sehen. Denn die Firma stellt sich dort vor, gibt Einblicke in den Berufsalltag und stellt die Mitarbeitenden und Auszubildenden vor: "Beim Bewerbungsgespräch sagen die Leute sehr häufig, das sie das alles schon online gesehen haben, was hier passiert. Wir haben inzwischen 400 Videos auf YouTube - ganz viel zur Ausbildung, auch Frauen in der Elektrowelt, wie sieht es in der Werkhalle aus und so weiter. Es gibt viele Einblicke, und wenn man sich da so ein bisschen durchguckt, hat man schon einen Eindruck, was einen hier so erwartet. Und das ist schon viel Wert", sagt Geschäftsführer Michael Grenz.
"Man muss die Jugendlichen da abholen, wo sie sind"
Seine Firma baut Schaltanlagen für Notstromaggregate, zum Beispiel für Krankenhäuser oder Flughäfen. Damit zählt HPS mit zu den Marktführern, denn die rund 90 Mitarbeitenden sind stark spezialisiert, steuern etwa die Notstromversorgung für den Pilgerort Mekka. Um das nötige Personal dafür kümmert sich Grenz intensiv: "Man muss die Jugendlichen da abholen, wo sie sind - in der Schule, m Netz, bei Veranstaltungen. Und da muss man sie für sich begeistern."
Er bespielt deshalb Instagram, YouTube, LinkedIn. Aber auch in der analogen Welt ist er unterwegs, geht an Schulen, um Schülerinnen in Workshops zu vermitteln, welche Stärken sie für die Berufswelt mitbringen: "Stärke bedeutet für mich nicht, wenn man eine Schraube richtig eindrehen kann. Für mich gehört zum Beispiel Teamfähigkeit dazu."
Auszubildender ist durch Workshop auf Unternehmen aufmerksam geworden
Der 17-jährige Konstantinos macht seit vergangenem August seine Ausbildung zum Elektroniker für Betriebstechnik bei HPS: "Ich bin durch einen Workshop auf die Firma aufmerksam geworden, konnte die Firma besuchen und was erleben. Das ist mir in guter Erinnerung geblieben. Als ich nach der Schule überlegt habe, was ich für eine Ausbildung machen könnte, ist mir das hier wieder eingefallen und dann habe ich mich direkt beworben."
Drei bis vier Azubi-Plätze vergibt die Firma jedes Jahr, sie zu besetzen falle nicht schwer. Hauptanforderungen sind ein Mittlerer Schulabschluss mit guten Noten in Mathe und Physik und die Bereitschaft, dazuzulernen. Ausgelernte Azubis übernimmt die Firma grundsätzlich, entsprechend wimmelt es in der Werkshalle und auch in den Service- und Ingenieursbüros von Eigengewächsen, das Durchschnittsalter im Betrieb liegt bei nur 41 Jahren.
Auch Mädchen fürs Handwerk begeistern
Der Frauenanteil aber ist gering - typisch für die MINT-Fächer, Mathe, Informatik, Naturwissenschaften, Technik. Um das zu ändern, sei es auch hier entscheidend, aktiv auf die jungen Frauen oder Mädchen zuzugehen, sagt Geschäftsführer Grenz: "Wenn wir zum Beispiel bei MINT 4 Girls oder den Handwerkstagen Aktionen machen und die Mädels mal selber eine Schaltung bauen, sind viele total überrascht, dass das kein Hexenwerk ist und dass sie es gut finden. Das finde ich immer total spannend."
So ist es für das laufende Ausbildungsjahr gelungen, die erste weibliche Auszubildende zu finden. Laura Rosenthal hat sich nach einem Schülerpraktikum im Sommer spontan entschieden, die Schule abzuschließen und eine Ausbildung zu beginnen: "Das hier bringt mir mehr Spaß, als die Schule und dabei verdiene ich sogar noch Geld." Für den kommenden Azubi-Jahrgang hat schon die zweite weibliche Auszubildende ihren Vertrag bei HPS unterschrieben - sie ist eine Freundin von Laura.