Das Waschmittel IVY, ein Schülerprojekt aus Hamburg © IVY

Nachhaltig waschen mit Efeu

Stand: 21.10.2020 15:30 Uhr

Wäsche waschen auf herkömmlichem Weg schadet der Umwelt. Hamburger Schüler haben nun ein Waschmittel entwickelt, das auf Efeu basiert und zu 100 Prozent natürlich ist.

von Céline Sonnenberg

Nicht erst seit "Fridays for Future" achten die Deutschen stärker auf Nachhaltigkeit. Die Zahl der Menschen, die sich vegan ernähren, steigt seit Jahren. Es gibt immer mehr Kleidermarken, die umweltfreundlich produzieren und Plastiktüten im Supermarkt kosten mittlerweile Geld. Doch einige Bereiche unseres Lebens sind nur schwer umweltfreundlich zu gestalten, so zum Beispiel unsere Wäsche: Die Deutschen waschen jedes Jahr etwa 23 Millionen Tonnen Wäsche. Das kostet nicht nur viel Zeit, sondern ist auch schlecht für die Umwelt.

Viele Reinigungsmittel enthalten "flüssiges Plastik"

Eine Kosmetikprodukt mit Mikroplastik (blaue Perlen) auf einem Löffel. © picture alliance / dpa Foto: Stefan Sauer
Die blauen Perlen in diesem Kosmetikprodukt sind zum Beispiel auch aus Mikroplastik.

Pro Jahr leiten wir mehrere Hunderttausend Tonnen Waschmittel und Weichspüler in unser Abwasser. Darin enthalten: Bleichmittel, Öl-basierte Tenside und Duftstoffe. Diese Stoffe machen unsere Wäsche wieder sauber und frisch. Für die Umwelt sind aber gerade diese Stoffe gefährlich, so Viola Wohlgemuth von Greenpeace Deutschland. "Waschmittel enthalten oft chlorhaltige Verbindungen, die Wasserorganismen angreifen. Außerdem finden sich darin Farbstoffe, Duftstoffe oder Unmengen an Plastik. Und die sieht man oft gar nicht, denn extrem viele Stoffe, die man auf den Inhaltsangaben dieser ganzen Reinigungsmittel oder Kosmetika sieht, sind am Ende flüssiges Plastik." Dadurch würden Unmengen Plastik in die Umwelt geleitet und dafür gebe es keinerlei Regulierungen.

Auch biologische Alternativen können schädlich sein

Nicht alle umweltschädlichen Stoffe können später in Kläranlagen abgebaut werden. So landen die Giftstoffe am Ende in Flüssen, Seen und im Meer - und schaden dort Fischen und Wasserlebewesen, wie Wohlgemuth erklärt: "Wenn Mikroplastik von Tieren aufgenommen wird, können sie sich danach oft weniger bewegen, weniger essen oder sich weniger fortpflanzen. Zudem sind diese Stoffe persistent, das heißt diese Plastikteilchen werden nur kleiner und bleiben für immer in der Umwelt." Auch Chlor das oft als Bleichmittel eingesetzt werde, sei extrem schädlich für Wasserorganismen und könne ihre Fortpflanzung beeinträchtigen oder sie sogar direkt abtöten. Auch größere Lebewesen, wie zum Beispiel Seerobben seien von diesen Chlorverbindungen beeinträchtigt. Selbst Bio-Waschmittel können umweltschädlich sein. Sie bestehen zwar häufig aus biologischen Stoffen, aber selbst die können gefährlich sein, wenn sie in Gewässern landen. Eine Alternative zu finden, ist also schwierig. Auch weil komplett biologische Alternativen - zum Beispiel Waschnüsse - laut Stiftung Warentest weniger gut reinigen als herkömmliche Waschmittel.

Schüler-Experimente mit Efeu

Entstehungsprozess des Waschmittes  IVY, ein Schülerprojekt aus Hamburg © IVY
Für die Efeu-Experimente wurde kurzerhand ein Labor im Homeoffice eingerichtet.

Fünf Hamburger Schülerinnen und Schüler wollten das nicht so hinnehmen und haben sich etwas überlegt. Sie haben ein Waschmittel entwickelt, das der Umwelt nicht schadet und nachhaltig ist. Bilder von chemisch verseuchtem Meer in Indien haben sie auf die Idee gebracht. Henning, Mats, Frederike, Matti und Paulina wollten ein nachhaltiges Waschmittel entwickeln, das Natur und Lebewesen nicht schadet. Lange haben sie nach einer Lösung gesucht, bis sie herausgefunden haben, dass ganz normaler Efeu Tenside enthält. Tenside sind die Stoffe in Waschmittel, die Fett lösen und so die Wäsche reinigen. Um diese Stoffe im Efeu nutzen zu können, mussten die fünf lange experimentieren: "Wir haben Efeu gekocht, wir haben ihn gebacken, wir haben ihn gehäckselt, gewaschen, gemörsert, alles mögliche ausprobiert und haben ihn in verschiedenen Waschgängen getestet. Dann sind wir zu dem Fazit gekommen, dass sich ein Pulver am besten für unser Waschmittel eignet."

Vom Schulprojekt zum Start-Up

Das Team hinter dem Waschmittel IVY, einem Schülerprojekt aus Hamburg © IVY
Das Team hinter "Ivy": Matti Schubmann, Paulina Rogowski, Frederike Rost, Mats Lindemann und Henning Roggatz.

Ihr Waschmittel heißt "Ivy" - englisch für Efeu. Es besteht zu 100 Prozent aus natürlichen Inhaltsstoffen und löst sich in der Wäsche komplett auf. Entwickelt haben die fünf das Waschmittel für einen Wettbewerb: Bei "Business@Schools" entwickeln Schülerinnen und Schüler ein Produkt. Für die fünf war dabei klar, dass sie auf Nachhaltigkeit setzen wollen: "Für uns alle ist das einfach ein wichtiges Thema. Und wenn man schon die Möglichkeit hat, ein Produkt zu erfinden und man kann machen, was man möchte, wieso sollte man dann was erfinden, was der Umwelt noch mehr schadet?" Beinahe das ganze letzte Schuljahr über haben sie in ihrem Wirtschaftsprofil der Schule an ihrer Idee gearbeitet. Und ihre Arbeit hat sich ausgezahlt: Im Juni konnten sie sich im Wettbewerb gegen 250 andere Teams durchsetzen. Seitdem haben sie ihr Produkt stetig weiterentwickelt und bei einem weiteren Wettbewerb eingereicht: "Start Up Teens". Sie mussten ihren Business Plan und ein dreiminütiges Video einreichen. Und wieder sind die drei im Finale. Dieses Mal geht es um 10.000 Euro für ihr gemeinsames Projekt. Für ihr junges Unternehmen eine tolle Chance: "Wir freuen uns natürlich, im Finale zu sein. Zum einen, weil wir die Jury überzeugen konnten mit unserem Business Plan, in den wir wirklich viel Arbeit gesteckt haben. Aber auch, weil wir das Publikum im Online-Voting überzeugen konnten. Das zeigt uns auch, dass das Interesse an einem ökologischen Waschmittel groß ist."

Waschmittel "Ivy" soll 2021 in die Läden kommen

Drei aus dem Team, Henning, Mats und Paulina und wollen auch nach ihrem Abitur im nächsten Jahr weiter an "Ivy" arbeiten: "In den nächsten Wochen und Monaten wollen wir mit dem Schülerforschungszentrum der Uni Hamburg und anderen Partnern aus Wissenschaft und Industrie an der Rezeptur feilen, das Ganze optimieren und professionalisieren." Auch entsprechende ökologische Zertifikate müssen noch für das Waschmittel erworben werden - oft ein langwieriger Prozess. Nach weiteren großflächigen Wasch-Tests will das Team vor Juni 2021 mit dem Betrieb beginnen. Zunächst soll "Ivy" in Hamburger Bio-Läden erhältlich sein und dann irgendwann in ganz Deutschland.

Efeu © NDR
AUDIO: Schul-Start-Up: Waschmittel aus Efeu (6 Min)

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Für alle, die jetzt schon umweltfreundlicher waschen möchten, hier noch einige Tipps: Laut Umweltverbänden lässt sich die Dosierung eines Waschmittels problemlos reduzieren, so landen weniger umweltschädliche Stoffe im Abwasser. Auch der Verzicht auf Weichspüler lohnt sich - der belastet das Wasser nämlich besonders stark. Weiterhin sollte man möglichst das Umweltprogramm der Waschmaschine benutzen und statt eines Trockners lieber die Wäscheleine nutzen, um Energie zu sparen.

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Dieses Thema im Programm:

NDR Info | Perspektiven - auf der Suche nach Lösungen | 23.10.2020 | 08:45 Uhr

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Umweltschutz

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